Der Sprecher der Mitgliedergruppe Schiltach/Schenkenzell des Historischen Vereins für Mittelbaden, Peter Rottenburger (stehend), kündigte eine Vereinsgründung und gleichzeitig seinen Rückzug aus verantwortlicher Position an. Foto: Buzzi Foto: Schwarzwälder-Bote

Heimatgeschichte: Rück- und Ausblick / Schicksal des Zwangsarbeiters Bernard Perzynski bedrückt die Zuhörer

Schiltach (rm). Die Mitgliedergruppe Schiltach/Schenkenzell des Historischen Vereins für Mittelbaden lud Mitglieder und Freunde zum jährlichen Informationsabend ein. Dabei zeigte sich, dass der Initiativkreis um Sprecher Peter Rottenburger an unterschiedlichsten Projekten arbeitet und auch 2017 wieder vielversprechende Veranstaltungen plant.

Publikumswirksame und trotzdem fundierte Vorträge sind ein wesentliches Standbein der Vereinsarbeit, daneben nehmen die Aufarbeitung der Vergangenheit, Stellungnahmen zu aktuellen Entwicklungen im Städtle sowie die stetige Weiterentwicklung der Vereinshomepage breiten Raum ein.

Peter Rottenburger begrüßte zahlreiche Mitglieder sowie einige Gäste, umriss den geplanten Ablauf und führte durch den Abend. Schriftführer Reinhard Mahn blickte auf eine ganze Reihe von Veranstaltungen zurück, die der Initiativkreis im zurückliegenden Jahr anbieten konnte, in vielen Fällen übertraf die Resonanz alle Erwartungen.

Vorträge gab es zu Herkunft und Bedeutung von "Abnoba", dem antiken Namen des Schwarzwaldes und seiner Göttin, zum Leben des legendären Vogtes und Bauernfürsten Andreas Harter von Kaltbrunn sowie eine beeindruckende Einführung in das Nibelungenlied.

Eine Präsentation beim "Aktionstag Geschichte" in Spaichingen, der Literaturabend über den Barockdichter Grimmelshausen sowie eine örtliche Exkursion rundeten den Veranstaltungszyklus ab. Zudem wurde die Führungsmannschaft durch Markus Armbruster und Werner Sum verstärkt.

Danach ging Peter Rottenburger auf die Vorhaben dieses Jahres ein. Der erste Vortrag im Frühjahr befasst sich mit den politischen und gesellschaftlichen Umwälzungen zum Ende des Ersten Weltkriegs und ihre Auswirkungen bis ins Kinzigtal, weitere Themen sind im Herbst die Burgen des oberen Kinzigtals sowie die Loslösung des Lehengerichts von Schiltach vor 200 Jahren. Eine Übersicht steht unter www.geschichte-schiltach-schenkenzell.de zur Verfügung.

Ein Literaturabend zu Hermann Hesse, eine kleine Sommerexkursion sowie die Ausstellung "Leben und Arbeiten in Lehengericht" sind ebenfalls in Planung. Rottenburger betonte, dass die Bemühungen um eine bessere Akzeptanz des Silvesterzuges unter Federführung der Stadt fortgesetzt würden.

Der Arbeitskreis "Lebendiges Lehengericht", an dem die Mitgliedergruppe ebenfalls beteiligt ist, verspricht in den Jahren 2017 und 2018 interessante Veranstaltungen.

Zu der von der Stadt geplanten Neugestaltung des Areals um das Gedenkkreuz hat der Historische Verein konkrete Vorstellungen. Ziel müsse es sein, dass das Gedenken alle Opfer von Kriegen, Gewaltherrschaft, Willkür und Rassismus gleichermaßen einschließt.

Rottenburger erinnerte daran, dass sich seit nunmehr zehn Jahren ein inzwischen zehnköpfiger Initiativkreis um die Belange der Mitgliedergruppe kümmere, die davor einige Jahre im Dornröschenschlaf lag. Dies sei ein kleines Jubiläum, das man feiern dürfe, denn man könne mit Stolz und Freude auf das Erreichte zurückblicken. Dem solle nun die seit längerem angestrebte Vereinsgründung folgen, wobei Rottenburger zu bedenken gab, dass er ab dem kommenden Jahr kürzer treten wolle und für Führungsaufgaben dann nicht mehr zur Verfügung stehe.

Rottenburgers Dank galt dem Präsidium des Gesamtvereins, den Bürgermeistern von Schiltach und Schenkenzell, dem Stadtarchiv, der Volkshochschule, allen Mitgliedern sowie den Kollegen des Initiativkreises. Anschließend berichtete Kassier Marcus Löffler von einer leichten Steigerung bei der Mitgliederzahl und einem insgesamt ruhigen Kassenjahr.

Von Hausbewohner wegen Liebesbeziehung denunziert

Gespannt warteten die Zuhörer danach auf den angekündigten Vortrag von Historiker Hans Harter über das Schicksal des polnischen Kriegsgefangenen Bernard Perzynski, der zu Beginn der 1940er-Jahre in Schiltach Zwangsarbeit leisten musste.

Harter griff dabei auch auf Forschungen einer Oberwolfacher Studentin zurück, die sich im Rahmen ihrer Examensarbeit mit dem Schicksal von Perzynski auseinandersetzte. Zeitzeugenaussagen beschreiben ihn demnach als freundlichen und gutmütigen Menschen, der mit dem ihm anvertrauten Fuhrwerk bald zum gewohnten Anblick im Städtle gehörte.

Zusammen mit einer dienstverpflichteten deutschen Fabrikarbeiterin war er in einem Schiltacher Haushalt untergebracht. Die räumliche Nähe begünstigte ein Liebesverhältnis, was dem Fremdarbeiter infolge der NS-Rassengesetze zum Verhängnis wurde.

Die Denunzierung durch einen Hausbewohner löste eine Kettenreaktion aus, die aus heutiger Sicht durchaus vermeidbar gewesen wäre. Die Verhaftung durch die Gestapo bedeutete für die Arbeiterin die Verbringung ins Konzentrationslager Ravensbrück, wo sich ihre Spur verliert.

Bernard Perzynski wurde in Offenburg und anschließend im Konzentrationslager Dachau inhaftiert, von wo er Anfang 1942 wieder nach Schiltach überstellt wurde. Das Regime hatte sich vorgenommen, zur Durchsetzung seiner ideologischen Ziele ein Exempel zu statuieren und den Kriegsgefangenen zu exekutieren. Vor 75 Jahren wurde Perzynski im Beisein von Parteiprominenz im Zellersgrund erhängt.

1946 wurde unter französischer Militärverwaltung vom damaligen polnischen Komitee ein Mahnmal zur Erinnerung an diese Willkürtat errichtet. Die Ausführungen des Historikers ließen keinen der Zuhörer unberührt.

In stillem Gedenken an das tragische Schicksal dieses Zwangsarbeiters sowie aller Opfer von Gewaltherrschaft legte der Historische Verein vor wenigen Tagen am Gedenkstein ein Gebinde nieder.