Schon im Alten Testament finden sich Hinweise auf das Gewerbe
Von Wolfgang Tuffentsammer
Schiltach. Schiltach wirbt für sich als Stadt des Fachwerks, der Flößer und der Gerber. Wie bedeutsam die Flößerei für die gesamte Zivilisation einst war, darauf deutet der Begriff vom "hölzernen Zeitalter" hin.
Der Soziologe und Nationalökonom Werner Sombart (1863-1941) bezeichnete damit die vorindustrielle Zeit. Dabei hatte insbesondere die Flößerei eine enorme wirtschaftliche und gesellschaftliche Bedeutung. Heutige Flößertreffen sowohl auf nationaler wie auch internationaler Ebene legen hiervon Zeugnis ab. Es wurde auf praktisch allen größeren Flüssen, Seen und sogar Meeren geflößt, und das weltweit. Der älteste Bericht über die Flößerei ist 3000 Jahre alt und steht in der Bibel. König Salomo benötigte Bauholz für den berühmten salomonischen Tempel, und das ließ er sich aus dem Libanon liefern – per Floß. "Meine Leute sollen die Stämme vom Libanon hinabbringen ans Meer, und ich will sie in Flöße zusammenlegen lassen", berichtet die Bibel von König Hiram, dem Herrn über die "Zedern des Libanon". 2000 Jahre nach Salomos Tempelbau gab es in Straßburg eine ähnliche Situation: Auch wurde damals ein Gottshau, nämlich das Straßburger Münster, gebaut. Holzhändler reisten die Kinzig entlang nach Wolfach und Schiltach; hier und an anderen Orten entwickelte sich in den folgenden Jahren die Gestörflößerei.
Ein weiteres Schlaglicht auf die große Bedeutung, die die Flößerei für die Allgemeinheit hatte, fällt bei der Lektüre der Bibelstelle in der Urfassung der Lutherübersetzung von 1545. Luther sprach nicht vom Zerlegen der Flöße, sondern vom "Abbinden". Dieser Ausdruck stammt aus dem Vokabular des Flößerhandwerks. Luther schaute bei seiner Bibelübersetzung "dem Volk aufs Maul", schrieb also in der Sprache des Volkes. Scheinbar wusste damals jeder, was mit "abbinden" gemeint war. Somit erläutern theologie- und religionsgeschichtliche Zusammenhänge sowie Erkenntnisse zur Bibelübersetzung die große Bedeutung der Flößerei im "hölzernen Zeitalter". Und zwar über einen Zeitraum von 3000 Jahren hinweg, und rund um den Globus, von Jerusalem nach Schiltach.