Grandiose Leistung: Christoph von Weitzel und Margriet Buchberger beim Auftritt am Kinzigufer. Foto: Werner Foto: Schwarzwälder-Bote

Szenischer Liederabend "Schuberts Liebe – Wasser und Feuer" bietet große Kunst am Ufer der Kinzig

Von Hans Werner

Schiltach. Kunstvolle Stücke über die Liebe am Ufer der Kinzig, nun nicht im Konzertsaal, sondern Open-Air – der szenische Liederabend "Schuberts Liebe – Wasser und Feuer" mit Bariton Christoph von Weitzel in Schiltach war schon etwas Besonderes.

Entsprechend viele Besucher lockte der Kulturabend an. Unter der künstlerischen Leitung von Christoph von Weitzel, Bariton, konnten die Zuhörer nicht nur Lieder hören, sondern eine bewegende Liebesgeschichte erleben, die einerseits auf Schuberts unerfüllte Liebessehnsüchte zurückverweisen konnte, andererseits aber auch das Lebensgefühl der Romantiker schlechthin deutlich machte.

Mit sachkundiger Hand hat er aus verschiedenen Zyklen wie der "Winterreise", der "schönen Müllerin", dem "Schwanengesang und aus Schumanns "Dichterliebe" Kunstlieder ausgewählt und sie zu einer alles umspannenden, übergeordneten Handlung vereinigt. An seiner Seite stand die Sopranistin Margriet Buchberger, die als Opernsängerin schon viele große Rollen gesungen hat. Durch die lebendige szenische Darstellung, für die Regisseur Hugo Scholter mit feindurchdachten Regie vorab gesorgt hatte, gewannen diese Kunstlieder gewissermaßen ein opernhaftes Format.

Als Handlungsraum war am Ufer der Kinzig eine kleine Bühne aufgeschlagen worden, mit sparsamen Requisiten, die funktional den bürgerlichen Innenraum der Biedermaier-Zeit darstellen mochten. Um diese Bühne herum, Sinnbild für den geschlossenen Raum bürgerlicher Enge, öffnete sich die freie Natur, darüber wölbte sich der Himmel und verwies in seiner Unermesslichkeit auf die grenzenlosen Sehnsüchte menschlicher Herzen.

Ulrich Pakusch, bekannter Konzertorganist, Liedbegleiter und Dirigent, besorgte zu all den Kunstliedern mit genialem Einfühlungsvermögen die Klavierbegleitung, die mitunter sehr anspruchsvoll sein kann. Untermalt doch Schubert mit seinem Klavierpart häufig ganze Szenerien seiner Lieder, zum Beispiel das gleichförmige Surren des Spinnrad oder der perlende Klang der Laute im "Ständchen". Wesentlich für die Aufführung im Freien war auch eine gute Klangregie. Mehrere Lautsprecherboxen sorgten entlang der ganzen Uferlandschaft für eine gute Übertragung, und auch einzelne vorbeifahrende Züge oder brausende Motorräder konnten dieses Klangerlebnis nicht wesentlich schmälern.

Nach dem Impromptu Nr. 3, op. 97 in Ges-Dur sang Christoph von Weitzel, zur Mauer des Bahndamms gewandt, jenes schaurige Lied vom "Doppelgänger" aus Schuberts "Schwanengesang", ein Psychogramm eines seelisch hochgradig gefährdeten Menschen, der sich durch seine Sensibilität von andern ausgegrenzt fühlt. Im besinnlichen Lied "Nacht und Träume" zeigte seine Partnerin, Margriet Buchberger, ihre innere Spannung und Erwartung, ihre Bereitschaft für eine Beziehung. Und gleich darauf, in Schumanns "Seit ich ihn gesehen", war der Anfang dieser Beziehung markiert. Irgendeine Begegnung hat sie so aufgewühlt, dass sie kraftlos auf die Tischplatte sinkt. Es waren gerade solche szenischen Begleithandlungen, die den Liedern große Eindringlichkeit verliehen.

Die Rolle ihres männlichen Partners orientierte sich indessen schon von Anfang an mehr dem Wasser, dem Flussufer zu. In der "Danksagung an den Bach" hält er mit dem Bach gewissermaßen Zwiesprache und befragt das Wasser, in welche Richtung es sein Leben treiben werde. Es gab aber auch Lieder, die wie ein opernhaftes Duett das Zusammensein der Beiden widerspiegelten, zum Beispiel von Mendelssohn "Ich wollt meine Lieb ergösse". In Schumanns "Liebeslied" erfolgt schließlich die Umarmung der Beiden, aber schon hier, im seligen Glück des Zusammenfindens, keimt der Bazillus des Misstrauens. Und dann folgen die traurigen Abgesänge einer gescheiterten Beziehung: "Ich grolle nicht", der erschütternde Heine-Text aus Schumanns "Dichterliebe", das elegische Schubert-Lied "Du liebst mich nicht", und schließlich "Der Wegweiser". Schließlich gehen sie, unter den Klängen von Beethovens "Mondscheinsonate", auseinander und besingen beide am Ende die "Wonne der Wehmut" (Beethoven). Mit großem Beifall wurde die überzeugende gesangliche Leistung der beiden Solisten bedacht, und erst nach zwei Zugaben durften sie die Bühne verlassen.