Glückliche Grundschul-Kinder – welcher Weg führt zum Ziel? Foto: Bürgerinitiative Foto: Schwarzwälder-Bote

Bürgerentscheid: Argumente für und wider die geplante Grundschul-Fusion mit Schiltach

Am 24. Juli stimmt Schenkenzell beim Bürgerentscheid ab, ob die eigenständige Grundschule im Dorf erhalten bleiben soll. Was spricht für und gegen eine Fusion mit Schiltach?

Schenkenzell (vr). Gemeinderat und -verwaltung einerseits, Bürgerinitiative gegen die Fusion andererseits legen jetzt im Vorfeld der Abstimmung ihre Argumente vor.

PRO FUSION

 Ausstattung: Das Gebäude der ehemaligen Werkrealschule in Schiltach ist gut erhalten, mit zehn Klassenzimmern und weiteren Fachräumen (Computerraum, Werkraum, Kunst- und Musikraum) sehr gut ausgestattet, befindet sich in toller Lage und grenzt an großzügige Sporteinrichtungen an. Für die Schenkenzeller Kinder würden wieder Jahrgangsklassen mit einem größeren Lehrerpool zur Verfügung stehen.  Ganztagsschule: Das Schiltacher Konzept beinhaltet eine Wahlform, die Ganztagsschule ist freiwillig, die Eltern können wählen. Es gibt vielfältige Angebote für die Schüler. Letztlich geht es darum, den Kindern auch in der Zukunft optimale Bildungschancen zu schaffen.  Kinderzahlen: Geringere Kinderzahlen, weniger Lehrer, größere Vertretungsprobleme – die Beibehaltung des bisherigen Schulkonzepts bringt Schenkenzell keinen Vorteil. Die Nachfrage nach Ganztagesgrundschule wird steigen, zu Lasten der Schule im Ort. Stand 15. Juni haben sich die Eltern von sieben Schülern für die Ganztagsschule entschieden. In diesem Schuljahr hat Schenkenzell mit Flüchtlingskindern 60 Schüler. Ab dem Schuljahr Sommer 2017 sind es voraussichtlich unter 50 Kinder. Ohne Flüchtlingskinder könnte es dann Richtung 40 Kinder gehen. Wenn zwei Jahrgänge zusammen weniger als 26 Kinder ergeben, wird nur noch eine Klasse gebildet. Ohne Flüchtlingskinder hätte Schenkenzell bereits ab September diese Situation. Je nach Lehrerdeputat sind es dann nur noch zwei oder drei Lehrkräfte. Die Krankheitsvertretung wird komplizierter. Die Neubesetzung der Schulleiterstelle ist ungewiss.  Zusammenarbeit mit Schiltach: Ohne interkommunale Zusammenarbeit hätte Schenkenzell wohl kein Freibad oder keine Dreifeldsporthalle. Bauwillige aus anderen Gemeinden sehen sich die Struktur und die Angebote genau an. Es ist ein Unterschied, ob die Gemeinde zwei Schulformen (ganztags oder halbtags) oder nur die klassische Halbtagesform (durch geringe Schülerzahl künftig auch mit jahrgangsübergreifendem Unterricht) anbieten kann. Eine etwas größere Grundschule mit 200 Schülern wäre immer noch überschaubar, attraktiv für Lehrkräfte, stabil zweizügig und dauerhaft gesichert.  Schulweg: Die Schüler, die zu Fuß zur Schule gehen, haben nur einen geringen Mehraufwand. Sie können künftig genauso zu Fuß zur Schule gehen und die Reststrecke mit dem Bus fahren. Der Ansatz "Kurze Wege, kurze Beine" ist selbst mit einer kurzen Busfahrt möglich. Für beide Gemeinden liegt die Schule am Gemarkungsrand, für Schenkenzell 100 Meter über der Grenze. Mit dem Rad können ältere Schüler die Schule gefahrlos erreichen, so wie bereits jetzt das Schwimmbad.  Nachnutzung Räume: Mit dem Zusammenschluss ergibt sich die Möglichkeit, für die weggefallenen Flächen im Haus des Gastes in den Schulgebäuden Räume für die Bürgerschaft zu schaffen. Der bisherige Mehrzweckraum ist heute schon fast immer ausgebucht. Bereits heute müssen Vorträge aufgrund Raummangels in private Räume verlegt werden. Mit geringem Aufwand kann das Erdgeschoss des neuen Schulgebäudes barrierefrei gemacht werden.  Rahmenbedingungen: Der Gemeinderat hat einen Beschluss gefasst, in Verhandlungen mit der Stadt Schiltach einzutreten. Vor einem endgültigen Beschluss müssen die Fragen einer gemeinsamen Schulträgerschaft mit schulischen Belangen, Nahverkehrskonzept, Raumkonzept und Rückzahlung von Zuschüssen geklärt werden. Erst dann kann die endgültige Entscheidung gefällt werden.  Fazit: Durch die Einrichtung einer Ganztagsgrundschule in Schiltach ändert sich die Schullandschaft in der Region, mit Folgen auch für Schenkenzell. Jetzt gibt es Verhandlungsbereitschaft in Schiltach und für Schenkenzell die Gesprächsmöglichkeit auf Augenhöhe für eine gemeinsame Schule.

CONTRA FUSION

 Kosten: Nach Auskunft der Gemeinde sind bei einer Fusion keine Kostenersparnisse zu erwarten  Schulgröße: Grundschulen sollen nach dem Willen des Kultusministeriums überschaubar bleiben. Grundschüler sollen sich zur Schule und innerhalb des Schulgebäudes möglichst schnell zurechtfinden und keine weiten Wege bewältigen müssen. Von den Mindestzahlen von 16 Kindern je Eingangsklassen hat das Kultusministerium die Grundschulen ausdrücklich ausgenommen.  Kinderzahlen: Nach Auskunft der Gemeinde hat Schenkenzell derzeit 15 Kinder je Jahrgang und in den kommenden Jahren zehn bis zwölf. Aufgrund der Unterbringung von Flüchtlingen in den nächsten vier Jahren ist mit einer größeren Kinderzahl im Ort zu rechnen. Nach Auskunft der Leiterin des Kindergartens sind derzeit so viel Kinder im Kindergarten wie seit langem nicht.  Ganztagsschule: Auch bei einer eigenständigen Grundschule können Eltern aus Schenkenzell ihre Kinder zur Ganztagsschule in Schiltach anmelden. Allerdings haben in einer Umfrage der Gemeinde 84 Prozent der Eltern erklärt, dass sie keine Ganztagsschule benötigen. Angebot: Die Schule befindet sich derzeit an einem zentralen Ort mitten im Dorfkern, sie ist für viele zu Fuß erreichbar. Es ist eine verlässliche Grundschule eingerichtet mit gesicherter und kostenloser Betreuung täglich von 7.30 bis 12.15 Uhr. Es gibt kostenfreien Förderunterricht und viele Aktionen wie Kultur- und Naturerlebniswochen und eine enge Kooperation mit dem Kindergarten in der Vorschule. Schulbibliothek, Computerraum und Turnhalle sind direkt am Gebäude und komplett ausgestattet.  Lehrerversorgung: Das Schulamt hat ausdrücklich erklärt, dass bei Ausfällen Ersatz zu organisieren ist und für die Schulleiterstelle nach der Pensionierung von Angelika Klevenz-Fischer eine Lösung gefunden wird. Es gibt keinen Unterrichtsausfall.  Pädagogisches Konzept: In einer kleinen Schule haben Lehrer den einzelnen Schüler mehr im Blick. Bei 200 Schülern an einer Schule kann dies sicher nicht mehr so realisiert werden. Schenkenzell verfügt derzeit über eine Schule mit einem pädagogischen Konzept. Der Bildungsauftrag der Grundschule ist vorrangig die Vermittlung der Grundkompetenzen Lesen, Schreiben, Rechnen und die Fähigkeit, sich Wissen anzueignen. Das altersgemischte Kollegium verfolgt mit modernen Lernformen wie auch einem Angebot von Förderunterricht derzeit hervorragend das Ziel, die Kinder auf weiterführende Schulen vorzubereiten.  Zusammenarbeit mit Schiltach: Eine Zusammenarbeit soll dort erfolgen, wo sich Schenkenzell kein eigenes Angebot leisten kann.  Nachnutzung Räume: Der Wegfall der Schule führt zu einem weiteren Leerstand der vorhandenen Räume tagsüber. Es sind bereits genug Gebäude im Ortskern vorhanden, die leer stehen. Im Übrigen sind beide Schulgebäude nicht barrierefrei.  Schulweg: Im Fall einer Zusammenlegung müssen nicht nur einige Kinder, sondern ab Schenkenzell alle Kinder mit dem Bus fahren. Die Nahverkehrsanbindung ist bislang nicht geregelt. Es würden sich morgens und mittags auf einen Schlag 50 bis 60 Kinder in einen Bus drängen. Wie lange die Schüler bis zur Abfahrt warten müssen, ist ebenfalls noch nicht geklärt.  Infrastruktur: Durch die Wegverlegung der Schule wird die Gemeinde wieder um eine belebte Einrichtung ärmer. Noch verfügt Schenkenzell über eine komplette Infrastruktur. Aus unserer Sicht ist eine Schule im Ort zwingend. Kaum eine Familie wird sich für einen Zuzug entscheiden, wenn es keine Schule vor Ort gibt.  Fazit: Es besteht keine Notwendigkeit, die Grundschule jetzt einfach aufzugeben. Eine Fusion kann immer noch angestrebt werden, eine Schließung ist unumkehrbar.