"Du bist mein Gott, meine Zeit steht in Deinen Händen" / Ein Grabmal auf dem Schiltacher Friedhof

Von Hans Harter

Schiltach. Unter den Grabmälern des hiesigen Friedhofs fällt das der Familie Heinzelmann-Koch aufgrund seiner Größe und originalen Bildhauerarbeit besonders auf. Es zeigt im Relief einen nicht ganz lebensgroßen, soeben in die Gruft gelegten Jesus, dessen Arme herabgesunken sind. Doch strahlt sein friedvolles Antlitz eine letzte Botschaft aus: Befreiung und Erlösung – der Kampf ist beendet, das Werk vollbracht. Den toten Körper umgeben vier Putten, kleine Engel, die ihn mit unterschiedlichen Gesten tief bewegt betrauern. Sie stehen jedoch auch für das Leben, das weitergeht, so dass nicht nur Trostlosigkeit, sondern auch ein Schimmer von Hoffnung aufkommt.

Diese "Grablegung" ist ein echtes Karfreitagsmotiv, das im Schicksal Christi den Schmerz und die Trauer um den Tod eines lieben Verstorbenen aufzufangen versucht, aber auch in Richtung Ostern und Auferstehung zeigt.

Das 1921 geschaffene Kunstwerk gab Regina Heinzelmann in Auftrag, deren Mann Christoph Ende 1919 im Alter von 60 Jahren unerwartet verstarb. Als Mitbesitzer mehrerer Sägewerke war er ein wichtiger Schiltacher Unternehmer, dessen Firma Gebr. Heinzelmann bis heute in Halbmeil besteht. An ihn erinnert die von ihm gestiftete "Christophshütte" am Häberlesberg.

Auf den Urheber des Reliefs verweist unten rechts die Signatur "F. Wolber", zu lesen als Fritz Wolber, der ein aus Schiltach stammender, bedeutender Bildhauer war. Er wurde 1867 als Sohn des früheren Engelwirts Christian Wolber geboren, eines "Revoluzzers" von 1849, der dafür im Gefängnis büßte und seine Wirtschaft verlor.

Über seine Mutter Anna Maria Leonhard war er mit den Künstlerbrüdern Heinrich und Karl Eyth verwandt, ebenso mit dem Porträtmaler Werner Leonhard, der vor zwei Jahren mit einer Ausstellung gewürdigt wurde.

Wie sie verspürte Fritz Wolber schon früh sein künstlerisches Talent und wollte Bildhauer werden. 1884 begann er mit der Ausbildung an der Kunstakademie in Karlsruhe, der Studien in München und Paris folgten. 1892 wurde er Lehrer, 1899 Professor an der Pforzheimer Kunstgewerbeschule (jetzt: Schule für Design), wo er bis zu seinem Ruhestand 1933 das Fach Bildhauerei unterrichtete. Ein großer Erfolg war die auf der Brüsseler Weltausstellung 1897 prämierte Bronze-Vase "Quelle des Lebens" in großartigem Jugenstildekor. Der Erste Weltkrieg beendete einen Studienaufenthalt in Rom und Florenz.

Das Werk Wolbers umfasst Büsten, Köpfe, Grabreliefs, Kriegerdenkmäler, Vasen und Skulpturen, so den beliebten Schildkrötenreiter im Pforzheimer Stadtgarten. In der dortigen Bombennacht im Februar 1945 wurde sein Haus vernichtet und darin viele seiner Werke.

Mit seiner Heimatstadt Schiltach blieb der 1952 verstorbene Fritz Wolber verbunden. So fertigte er 1922 Entwürfe für ein Gefallenendenkmal, die jedoch nicht realisiert wurden. Im Besitz seiner hiesigen Verwandten befindet sich noch eine Büste seiner Mutter, während die Grablegung auf dem Friedhof, sein einziges religiöses Motiv, hier öffentlich von seinem Schaffen zeugt. Stilistisch hat er sich dabei vom Jugendstil verabschiedet, zugunsten der "Neuen Moderne" der 20er-Jahre mit ihrer Sachlichkeit und klaren Linien, die besonders in der Figur Christi zum Ausdruck kommt.

Bei der Aufstellung des Grabmals 1921 schrieb die Zeitung, dass damit nicht nur "eine Sehenswürdigkeit des Friedhofes, sondern für die ganze Stadt" entstand, "eine künstlerisch bedeutungsvolle Schöpfung, wie sie in kleinen Städten wenig gefunden wird."