Diese Zeichnung von Heinrich Eyth zeigt den Schiltacher Bahnhof kurz vor seiner Einweihung im Jahr 1885. Foto: Harter Foto: Schwarzwälder-Bote

Geschichte: Erster Zug trifft 1886 ein / Einweihung des Bahnhofs bedeutet Umschwung für die Stadt

Im Innern entkernt und die Außenmauern freigelegt, ist der bisherige Schiltacher Bahnhof derzeit eine Baustelle. Dies ist Anlass für einige Episoden aus seiner Geschichte.

Schiltach. Oft zog es den in Karlsruhe tätigen Künstler Heinrich Eyth in seine Heimatstadt Schiltach, jedoch nie ohne sein Skizzenbuch. So zeichnete er im September 1885 den neu erbauten Bahnhof: Das Haupt- und die niedrigeren Nebengebäude, die mit Brettern verschalten Giebel, die üppigen Holzschnitzereien als bekrönende Zierden. Die Skizze ist das älteste Bild des Bahnhofs, dessen Einweihung ein Jahr später, am 4. November 1886, war. Als erstes traf damals ein Sonderzug aus Freudenstadt in Schiltach ein, der dort mit den Worten "Jetzt goht es weiter, in’s Badische nei, reiset jo gsund und seid heiter" verabschiedet worden war. Die guten Wünsche konnte die württembergische Prominenz, an der Spitze Ministerpräsident von Mittnacht, gebrauchen.

Doch wurden sie am geschmückten Schiltacher Bahnhof vom badischen Minister Moritz Ellstätter freundlich begrüßt. Kriegerverein, Feuerwehr und Schulklassen standen Spalier, Böller krachten, die Stadtkapelle spielte. Während die Minister nach einem Frühstück in Hausach zurück nach Freudenstadt reisten, durfte die Schuljugend Freifahrten in den Zügen erleben – für die meisten wohl die erste Fahrt in einem "Dampfross". Tags darauf wurde der Regelverkehr aufgenommen, in drei Wagenklassen, die nicht billig waren: Die einfache Fahrt nach Wolfach kostete 80, 55 oder 35 Pfennig, was in der 3. Klasse einem Arbeiterstundenlohn entsprach. Auch das "Betriebsreglement" musste erst gelernt werden: So wurde das Zeichen zum Einsteigen durch zwei Schläge auf die Stationsglocke gegeben.

Die am Bahnhof wartenden Reisenden empfanden die Pfeifensignale der Lokführer und die "dicke Rauchmasse", die sich aus dem Kamin wälzte, sobald diese die Sicherheitsventile abbliesen, zunächst als "belästigend". Nichtsdestotrotz wurden 1886 bereits 2321 "Personenbillette" verkauft und 1290 Tiere verladen, hinzu kamen Gepäck und Güter, was der Bahn insgesamt Einnahmen in Höhe von 29 000 Mark bescherte.

Weil dadurch in Schiltach "eine neue Ära eingetreten ist", forderten Bürger, dass mit "dem alten Schlendrian" gebrochen werden soll. So war die Bahnhofsstraße anfangs ohne Bürgersteig – zum Ausweichen musste in den Graben gesprungen werden. Darüber hinaus sei die Beleuchtung durch zwei Gaslaternen "höchst spärlich" gewesen, während "sämtliche Haustüren der Gemeinderäte von dem Scheine einer Laterne getroffen werden".

Die Stadt verwies auf die Bahnverwaltung, in deren Interesse es sein müsse, "die sichere Passage des reisenden Publikums" zu gewährleisten und "eine ausreichende Zahl Laternen anzubringen". Dies verweigerte der Bahnhofsvorstand, die Beleuchtung sei "Sache der Gemeinde".

Er selber stünde mit "keinem Bewohner in Verbindung und betrete Schiltach weder bei Tag noch bei Nacht, sodass er sich um die dortigen "Nachtlichter" nicht zu kümmern brauche. Dies rief hiesige "Licht- und Gesellschaftsfreunde" auf den Plan, die per Leserbrief erklärten, dass sie "sein Fernbleiben billigen und ihn in ihrem Kreis nicht vermissen". Der "Bahnexpeditor" keilte zurück: Da er mit den Schiltachern in keinster Weise "geistesverwandt" sei, verzichte er gern auf ihren "Gesang und Radau". Die Eisenbahn und das Städtchen mussten sich offenbar auch erst aneinander gewöhnen.