Wie Schenkenzell zu barocker Pracht kam / Blick in die Geschichte von St. Ulrich

Von Willy Schoch

Schenkenzell. Vor 240 Jahren bekam Schenkenzell eine neue Kirche. Bei Abrissarbeiten des alten Gotteshauses kam der Arzt Adreas Goetz ums Leben. Sein Grabstein wurde vor einigen Tagen wieder aufgestellt (wir berichteten).

In Teil zwei des Beitrags zur Geschichte der Kirche in Schenkenzell geht es um den Neubau. Die katholische Pfarrgemeinde Sankt Ulrich bekam 1774 eine neue und größere Kirche. Innerhalb von drei Tagen war die alte Schenkenzeller Pfarrkirche aus dem Jahre 1515, beziehungsweise 1709 vollkommen abgerissen worden. Am 24. März 1774 war die Grundsteinlegung durch den Pfarrer Landelin Schmid, eine Woche nach dem Kirchenabriss. Den Plan für das neue barocke Gotteshaus hatte der Baumeister des Fürsten zu Fürstenberg, Franz Josef Salzmann, gefertigt. Er entfaltete damals eine umfangreiche Tätigkeit im gesamten fürstenbergischen Territorium. Die Kirchen im damals fürstenbergischen Kinzigtal wie Steinach, Oberwolfach und Haslach künden von seiner Kunst.

Der Ort Schenkenzell ohne Gotteshaus? Das schon, aber der Gottesdienst ruhte nicht. Ganz in der Nähe fand man einen Notbehelf: Die Scheune im alten "Ochsen". Die Arbeiten am Kirchenneubau schritten so gut voran, dass schon zu Winterbeginn das Bauwerk bis auf den Außenputz vollendet war. Am 15. Dezember 1774 wurde von der Äbtissin des Klosters Wittichen, das damals 28 Kapitularfrauen und Schwestern zählte, eine Urkunde über den Kirchenbau ausgestellt und anderntags feierlich in den Grundstein eingemauert.

Die neue Barockkirche war im Langhaus 70 Schuh lang und 38 Schuh breit und im Chor 34 Schuh lang und 28 Schuh breit. Gegenüber dem Altbau war dies beim Langhaus eine Mehrlänge von neun Metern und eine Mehrbreite von 2,5 Metern. Beim Chor wirkte sich vor allem die Mehrbreite von 6 auf 8,4 Meter aus. Damit war für die Gemeinde genügend Kirchenraum geschaffen.

Genau so dringlich wie der Kirchenbau war auch der Pfarrhausbau. Das alte Pfarrhaus stand auf dem späteren Platz des Pfarrgartens, Baujahr 1591. Vier Handwerksmeister gaben schon 1773 das Urteil ab, sie hätten das Pfarrhaus "in solch baulosem Zustand gefunden, dass es beim geringsten Windstoß über einen Haufen falle und dabei in Rauch aufgehen kann". Weiter: "Keine 24 Stunden könnten sie dem Pfarrer versichern, dass er ohne Lebensgefahr dort wohnen mag". Jahre der Schreibereien und Verhandlungen gingen vorüber. Erst im Februar 1779 übertrug das Kloster Wittichen dem Baumeister Fritschi von Hüfingen den Neubau. Anfang August konnte der Pfarrer einziehen.

Um jene Zeit wurde auch der Kirchturm neu errichtet. Aus Gründen der Sparsamkeit hatte man den alten Turm beim Kirchenbau stehen lassen. Die fürstenbergische Regierung erhob dagegen Einspruch. Deshalb entwarf Fritschi einen neuen Turm und ließ ihn 1780 aufbauen. Im selben Jahr wurde n die Friedhofsmauer erneuert und der Haupteingang angelegt. Erst 1784, also zehn Jahre nach der Bestimmungsübergabe der Kirche, wurde diese von Weihbischof Leopold von Baden geweiht.

Die Aufwendungen, die das Kloster Wittichen damals in Schenkenzell machen musste, waren enorm. Zur steten Erinnerung ist das Wappen des Konvents über der Kirchentüre in Stein gehauen. Die Innenausstattung des Gotteshauses war immer Sache der Pfarrgemeinde. Aus Sparsamkeit wurde 1774 die ärmliche Kirchenausstattung (Altäre und Figuren) der alten Kirche übernommen. Das änderte sich 1807 durch den Bürger Josef Kilgus, von Beruf Maurermeister. Er war es, der in der Kirche des aufgehobenen Augustinerklosters zu Oberndorf einen abgängigen Seitenaltar als Hochaltar für seine Heimatgemeinde kaufte. 65 Gulden zahlte er. Nach Aussage eines damaligen Augustinerbruders kostete der Altar 22 Jahre zuvor 2000 Gulden. Auf die gleiche Weise erwarb er später auch noch die Kanzel. Auf diesen Kauf folgte für den dortigen Kirchenpfleger der Verweis, "dass solche Ausgaben ohne Wissen hoher fürstlicher Obrigkeit nicht mehr geschehen werden". Die beiden Seitenaltäre wurden erst 1840 von Hochmössingen in die Kirche St. Ulrich geschafft. Ein Jahr später wurde bei einer Versteigerung der barocken Altäre der Heilig-Kreuz-Kirche in Rottweil das Altarblatt "Mariä End" erworben. Dies alles ist auch noch der heutige barocke Bestand.

Anfang des 20. Jahrhunderts kam die Kirche gewaltig in die Jahre. Eine Außen- und Innenrenovierung war höchst notwendig. Dem Ordinariat fehlte aber das Geld. Die örtlichen Machthaber des NS-Regimes im Bezirksamt Wolche ordneten unter Strafandrohung an, die Kirche zu renovieren. Pfarrer Alois Siegel, neu im Amt, nahm 1938 die Sanierung in Angriff. Er war es auf, der 1963 über die erneute Raumnot klagte. Für die auf 1300 Seelen angewachsene Gemeinde standen nur 320 Sitzplätze zur Verfügung, 500 sollten es schon sein. Es folgten Jahre langwieriger Verhandlungen. Gerungen wurde um eine "salzmanngerechte" Neubaulösung. Nach dem Weißen Sonntag 1980 begannen die Abbrucharbeiten. Feierlicher Einzug in die neue größere Kirche war am 3. Oktober 1982.