Beim Einkauf mit dem Spendengeld vor Ort. Foto: Schwarzwälder-Bote

Waldbrände: Paula Kinle spricht von "gewaltigem Inferno"

Schenkenzell. In der von Bränden betroffenen Region um Oliveira do Hospital (OHP) in Portugal leiden nach wie vor Mensch und Tier. Paula Kinle stemmte spontan einen Hilfstransport. Im Vorfeld sammelte die Schenkenzellerin Sach- und Geldspenden, um die Heimat ihrer Familie zu unterstützen. Hilfsgüter wie Schuhe, Kleidung und Hygieneartikel wurden ihr nach einem Aufruf gebracht. Die Sachspenden sortierte Kinle und belud damit ihren Kleinbus. Spontan unterstützte sie ihrer Freundin Nicole Vidal, emotional wie auch tatkräftig. Mental hatten sie sich auf die Tour vorbereitet und starteten am 24. Oktober dennoch mit einem mulmigen Gefühl für eine knappe Woche. Auf den Pyrenäen schliefen sie bei minus zwei Grad im Auto, zusammengekauert auf den Vordersitzen. Nach eineinhalb Tagen wurden dann die schlimmen Bilder aus den Nachrichten lebendig: Nach wie vor flammen zig Glutnester durch den starken Wind immer wieder auf. Der Wohnbezirk von Kinles Mutter steht nach dem großen Brand noch, was fast an ein Wunder grenzt. Die gesamte Landschaft, selbst der Garten rund um das Haus, sind niedergebrannt.

"So ein Inferno hat Oliveira noch nie erlebt", sagt Kinle und schluckt. Ihre 79-jährige Mutter war natürlich emotional angeschlagen und staunte, als ihre taffe Tochter unangekündigt vor der Tür stand. Von der Stadt hatte die Schenkenzellerin dann die Auskunft bekommen, dass keine Kleidung mehr angenommen werde. Ein Tanzsaal ist bis jetzt zum Sachspendenlager umgekrempelt und wird von den Pfadfindern betreut.

Vor Ort traf Paula Kinle traf aber Verwandte von Einwohnern, die vor Jahren emigriert waren und sich jetzt ebenfalls sorgten. Und Graca Santos, eine schlagfertige Portugiesin, die über die Katastrophe schon Interviews im Fernsehen gegeben hatte. Sie vermittelte Kinle weitere Familien in Not. Kinle kontaktierte außerdem den Vorsitzenden des Gemeinderats, Luis Nina, der sie mit Hinweisen unterstützte. Offizielle Wege führen manchmal nicht weiter. So verteilten Kinle und Vidal die Hilfsgüter privat.

Pfadfinder übernehmen die Verteilung der Spenden vor Ort

Wachsam waren die Helferinnen, vor allem, wenn sie durch die verkohlten Wälder fuhren, durch die ständig Rauchschwaden zogen. Vor allem außerhalb der Städte gab es viele Familien, die vom Feuer heftig erwischt worden waren. "Drei mir persönlich bekannten Familien brannten die Häuser komplett ab. Eine davon verlor sogar die komplette Existenz, da sie Schäfer sind", erzählt Paula Kinle. Die Schäfer kamen bei Verwandten unter. Dramatisch ist es jedoch für die Tiere, da das Futter verbrannt ist. Allerdings war die Hilfsbereitschaft aus Portugal und Spanien enorm. Tierfutter wurde lastwagenweise gespendet, wobei die Verteilung zäh war, obwohl jeder bisans Limit arbeitete.

Drunter und drüber ging es auf dem Rathaus. Leute wollten Schäden an Gebäuden und Grundstücken melden. Erschwerend war, dass viele Brunnen ausgetrocknet waren. Häufig kam es zu Stromausfällen und die Pumpen fielen aus. So konnten Brände häufig nur mit Eimerketten von Hand gelöscht werden. Glutreste wurden auch mit den Füßen ausgetreten oder mit Decken erstickt. Viele hatten ihre Kinder im Vorfeld zu Verwandten gebracht, um sie vor den verstörenden Bildern des Szenarios zu schützen.

2200 Euro Spendengelder hatte Kinle bekommen. Davon flossen 600 Euro in Maut und Sprit. Für den Rest kauften die Helferinnen vor Ort vor allem Hygieneartikel, Lebensmittel, Unterwäsche und Haushaltswaren. "Oft wurden völlig banale Dinge dringend gebraucht wie Besen, Eimer, Wischmob und Putzmittel", berichtet Kinle, die das Gekaufte in den Dörfern verteilte, wobei sie noch von ihrer Cousine Cristina Marques unterstützt wurde. Die Menschen schämten sich, zu den Hilfspoints zu gehen.

Kinle erinnert sich an die 31-jährige Rosa, die sich über ein simples Kissen freute. Einen Ball, welch Luxus unter diesen Umständen, nahm der elfjährige Pedro (der bestimmt weltgrößte Ronaldo-Fan) ehrfurchtsvoll an. Bei ihrer dritten Fuhre durch verbrannte Olivenhaine und Obstbaumplantagen hatten die Frauen auch bunte Lollys dabei. "Mehl, Zucker und Eier sind wichtig. Aber Kinderseelen muss man auch versüßen", erklärt Kinle schmunzelnd.

Mit Ruß in allen Poren kehrten die Frauen nach sechs Tagen, müde aber glücklich über das Geleistete, wieder nach Deutschland zurück. Dankbar sind sie über die vielen Spender, welche die Aktion überhaupt ermöglichten.