Möchten die Schenkenzeller ihre Eigenständigkeit als Gemeinde aufgeben? Welche Vor- und Nachteile hätte man? Foto: Schmidtke Foto: Schwarzwälder-Bote

Kommune: Meinungen zu einer möglichen Gemeindefusion

Mehrfach hat es durch das Kinzigtal getönt, dass eine Eingemeindung Schenkenzells zu Schiltach doch sinnvoll wäre. Wie denken die Einwohner aus beiden Orten dazu?

Schenkenzell. Die Menschen beider Orte foppen sich schon lange Jahre gegenseitig auf freundschaftliche Art. Vereine kooperieren miteinander – weil es gemeinsam offenbar besser klappt. Längst besteht der Handballverein aus Sportlern beider Gemeinden zusammen. Im Fußball profitieren die Clubs, indem sie vor allem in der Jugendarbeit an einem Strang ziehen. Die Chorgemeinschaft aus Liederkranz und Eintracht kann durch Zusammenarbeit weiterhin singstarke Konzerte geben. Nicht zuletzt ist der DRK-Ortsverein unter Bereitschaftsleiter Egon Jehle eine wichtige Institution, die seit Generationen über die Ortsgrenzen hinweg mit Selbstverständnis miteinander die Erste Hilfe sichert.

Per Bürgerentscheid stimmten voriges Jahr die Einwohner von Schenkenzell für die Zusammenlegung der Grundschule mit Schiltach. Die Sozialgemeinschaft leistet wichtige Arbeit. Selbst die Kirchen beider großer Konfessionen haben sich verknüpft. Und sogar die Feuerwehren leisten durch die Nachalarmierung der Nachbarwehr im Notfall Zusammenarbeit. Es gibt kaum Menschen, die nicht auf irgendeine Weise in einem Verein sind oder einer Gruppe angehören, wo die Grenzen auf sichtlich positivem Weg überschritten werden. "Auf der Schenkenburg weht bald das Schiltacher Wappen" foppten die Schnurranten bei ihrer Tour durch Schiltach, man witzelte über "Schildazell" und "Schentach".

Thomas Schenk will bei der kommenden Wahl nicht mehr antreten. Lässt sich überhaupt ein fähiger Nachfolger finden? Für eine mögliche Eingemeindung klingt die Frist bis Herbst etwas überstürzt. Wir haben uns umgehört, wie die Menschen über eine Eingemeindung denken.

Egon Jehle, 58 Jahre, DRK-Bereitschaftsleiter Ortsverein Schiltach-Schenkenzell: "Ich wohne zwar in Aichhalden, bin aber im Herzen immer noch Schenkenzeller. Auch in der Trachtengruppe des TV Schenkenzell tanze ich aktiv mit. Unser DRK-Ortsverein und die Bereitschaft heißen offiziell Schiltach-Schenkenzell. Im Jahr 1899 wurde in Schiltach eine Sanitätsgruppe gegründet.

In den 50er-Jahren gab es Bestrebungen eine eigene Ortsgruppe in Schenkenzell zu gründen. Aber es kam zu einer Vernunftentscheidung, dass für beide Orte nur ein Ortsverein geführt wird. Zu einer Eingemeindung: Von außen betrachtet würde ich einen Gewinn für beide Orte erwarten. Schiltach ist durch seine großen Industriebetriebe finanzstärker. Man sieht ohnehin schon viele Vereinsfusionen: etwa beim Handball, Gesangverein, den Kirchen. Im kommunalen Bereich wird seit fast 50 Jahren Schwimmbad, Schule, Sporthalle und Kläranlage gemeinsam betrieben."

Wichtig wäre bei einem Zusammenschluss, dass die Bevölkerung mitzieht. Will man in Schenkenzell die Selbstständigkeit halten, ist man eventuell finanziell nicht ganz so gut aufgestellt. Schenkenzell kann wegen der schwierigen Topografie keine größeren Industriegebiete, wie etwa Aichhalden anbieten. Wie weit ist Schenkenzell beweglich? Einerseits möchten einige im Ort die Selbstständigkeit halten, andererseits könnten Kräfte gebündelt werden. Das wäre sicher eine schwierige Entscheidung. Der Kopf sagt ja, das Herz sagt nein!"

Annette Hauer, 52 Jahre, Erzieherin, Kaltbrunn, Gemeinderätin: "So ein Entschluss passiert nicht nur über den Kopf, da spricht auch Herzblut mit. Für beide Möglichkeiten, die Eigenständigkeit oder die Eingemeindung gibt es Stimmen. Jetzt gilt es sorgfältig zu prüfen, welche Vor-und Nachteile überwiegen und wie die einzelnen Vorgehensweisen für die Gemeinden aussehen können. Wichtig ist es mir, das man sich für so eine gewichtige Entscheidung Zeit nimmt: Der Prozess muss reifen. So etwas kann nicht aus einer Stimmung heraus passieren.

Die Vergangenheit zeigt, dass die Zusammenarbeit zwischen Schiltach und Schenkenzell auf vielen Ebenen sehr gut funktioniert. Viele gemeinsame Projekte und Verbindungen entstanden.

Die Schenkenzeller sind sehr rührig und interessiert an der guten Entwicklung des Orts. Es gibt wahnsinnig viele Beispiele dafür, wie sich die Menschen Gedanken machen, wie etwa beim Bürgerentscheid zur Grundschule. Auch als es um die Schulgebäudenutzung ging, kamen gute Resonanzen aus der Bevölkerung. Man setzt sich hier mit dem Geschehen im Ort auseinander. Unsere Verwaltung leistet eine sehr gute Arbeit und sollte der Bürgernähe wegen hier ihren Platz in Schenkenzell auf jeden Fall behalten".

Florian Stehle, 32 Jahre, Jugendleiter der Spielvereinigung, wohnt in Wolfach: "Wir Fußballer kennen uns untereinander, haben teils auch miteinander in den Jugendmannschaften der Spielgemeinschaft gespielt. In der Jugendarbeit hatten wir in den vergangenen Jahren einen Knick bei den Geburten, wodurch die Spielgemeinschaften entstanden. Aber es gibt eine gesunde Realität. Mein Gedanke war vor Kurzem, warum keine Zusammenlegung der Gemeinden? Schiltach wäre eigenständig genug und bräuchte die Eingemeindung wohl gar nicht. Schenkenzell würde vermutlich mehr vom Zusammenschluss profitieren. Ich schätze, dass die finanzielle Kraft durch die großen Unternehmen in der Stadt Schiltach gesünder dasteht.

Zwischen Schenkenzell und Schiltach herrscht im Sport eine gesunder Ehrgeiz gewinnen zu wollen. Es wird gegenseitig gefrotzelt, aber mehr freundschaftlich. Ich bin in Schiltach aufgewachsen, fühle mich aber immer noch dem Ort durch Familie, Freunde und den Verein verbunden. Eine mögliche Eingemeindung Schenkenzells sehe ich recht entspannt. Der Zusammenschluss der Orte bräuchte schon gute Argumente dafür.

Aber wenn die Fakten dafür sprechen, dass ein Verbindung beiden Orten gut tut – warum nicht? Wir wollen doch alle zusammenwachsen und miteinander arbeiten. Es ist immer von Globalisierung die Rede, aber die beginnt doch bereits im Kleinen. Es bereichert den Horizont, wenn man sich für andere öffnet".

Petra Faisst, 49 Jahre, Gastronomin, Gemeinderätin, Vorderlehengericht: "Ich finde, eine Gemeinde sollte so lange wie möglich eigenständig bleiben, wie sie es kann. Wir wissen alle nicht, was noch kommt. Es gibt sicher noch andere kleine Orte, die sich in der Zukunft zusammenschließen werden. Aber teils ist man gemeinsam stärker. Wir haben ja schon viele gute Verbindungen zwischen Schiltach und Schenkenzell, zum Beispiel über die vielen Vereine, die Sozialgemeinschaft oder auch die Flüchtlingshilfe. Letztlich liegt die Entscheidung bei den Bürgern von Schenkenzell. Wenn das Thema Eingemeindung ernsthaft zur Sprache käme, wären viele Gespräche nötig.

Mit der Grundschule wurde auch eine demokratische und gute Lösung gefunden. Aber man kann so einen Zusammenschluss nicht auf die Schnelle über das Knie brechen. Wenn eine Gemeinde die Finanzen nicht mehr bewältigt, okay. Aber ich denke, so schlecht steht es nicht um Schenkenzell. Ein anderer Punkt wäre es, wenn kein vernünftiger Kandidat als neuer Bürgermeister gefunden wird. Für Lehengericht brachte die Eingemeindung eigentlich nur Vorteile. Zumindest sehe ich keine Nachteile. Aber es ist gut, dass wir noch einen Ortschaftsrat haben. Das bewahrt bei wichtigen Entscheidungen doch noch eine Portion Selbstständigkeit."

Michael Buzzi, 53 Jahre, stellvertretender Bürgermeister, Schiltach: "Schenkenzell zu Schiltach? Ein Gedanke, den wir Schiltacher sicherlich nicht selbst angestoßen hätten. Aber klar, es würden sich sicher viele Dinge finden, die man bündeln könnte und zusammen würden wir mehr Gewicht in die Waage legen. Und schließlich arbeiten wir schon auf vielen Gebieten gut zusammen. Voraussetzung wäre gegenseitiges Vertrauen. Das müsste und könnte wachsen. Die typischen Animositäten, die man sonst zwischen benachbarten Orten findet, sehe ich bei uns nicht. Man begegnet einander mit Respekt und Wertschätzung.

Schenkenzell ist groß und vielfältig, mit seinen Tälern und Ortschaften. Natürlich würde Schenkenzell seine Eigenständigkeit aufgeben. Das gehört zu den weichen Argumenten, die man jedoch nicht zu schnell wegschieben darf. Denn das Zusammengehörigkeitsgefühl ist für eine Kommune überaus wichtig. Keine Ahnung wie die Schenkenzeller (und eigentlich auch die Schiltacher) darüber denken. Bisher hat man nur Einzelstimmen gehört. Ohne ein breiteres positives Meinungsbild aus Schenkenzell oder offizielles Votum würde ich mich nicht für weitergehende Überlegungen aussprechen."