Christian Streich hat allen Grund zur Freude: Der Freiburger Trainer spielt mit seiner Mannschaft nächste Saison wieder in der Bundesliga. Foto: von Erichsen

Fußball: SC Freiburg kehrt ins Oberhaus der Bundesliga zurück – nach einem ziemlich zittrigen 2:1-Sieg in Paderborn.

Freiburg - 832 Spiele in Folge. Wenn es in Freiburg irgendjemanden gibt, der sich in Sachen SC Freiburg detailliert auskennt, dann dürfte das Frank Rischmüller sein. Der Fußballreporter des Lokalsenders "baden.fm" hat sagenhafte 832 Spiele des SC in Folge im Radio kommentiert. Ein Vierteljahrhundert ohne Pause. Schon vor dem Spiel in Paderborn, wo der SC gestern am 32. Spieltag der Saison mit einem 2:1-Sieg den Wiederaufstieg ins Oberhaus des deutschen Profifußballs klargemacht hat, jonglierte Rischmüller gekonnt mit einigen Zahlen: "Es wäre der fünfte Aufstieg des Vereins, der vierte Wiederaufstieg nach 1998, 2003 und 2009." Das "wäre" kann jetzt durch ein "ist" ersetzt werden.

Dafür, dass der Aufstieg gestern klappte, sprachen laut Rischmüller schon ganz klar die Zahlen und Rahmenbedingungen: Alle vorherigen Wiederaufstiege machte der SC vor dem letzten Spieltag klar, immer auswärts und immer in der Provinz: 1998 in Wattenscheid, 2003 in Burghausen und 2009 in Koblenz. Da musste es ja auch in Paderborn klappen.

Dass der Triumph ausgerechnet bei einem Verein gelang, der in der vergangenen Saison zusammen mit den Freiburgern in die Zweite Liga gehen musste, dem nun aber sogar der Abstieg in die Drittklassigkeit droht, kam für den Freiburger Reporter ebenfalls nicht überraschend: "Das zeigt, auf welch hohem professionellen Niveau in Freiburg gearbeitet wird. Beide Klubs starteten vor einem Jahr schließlich unter den gleichen Voraussetzungen in Liga 2 und mussten zum Beispiel den Weggang vieler Leistungsträger aus dem Erstligakader verschmerzen." Freiburg, meint Rischmüller, habe das eindeutig besser kompensieren können als Paderborn.

In der beschaulichen Universitätsstadt verfielen sie – wie so oft – nicht in panischen Aktionismus. Präsident Fritz Keller, Sportdirektor Jochen Saier und der Sportliche Leiter Klemens Hartenbach hielten wie selbstverständlich am Trainer fest – entgegen allen Mechanismen im Profifußball. "Wir sind ja nicht wegen Christian Streich abgestiegen, sondern weil das immer mal passieren kann", begründet Keller das Treuebekenntnis.

Dem Trainer trauten sie jedenfalls zu, den notwendigen Umbruch zu schaffen. Ein gutes Dutzend bundesligaerfahrener Kräfte hatte den SC nach dem Saisonende verlassen, darunter Roman Bürki (Borussia Dortmund), Jonathan Schmid (1899 Hoffenheim) oder Admir Mehmedi (Bayer Leverkusen). Nur – und das ist wohl der Vorteil im Südbadischen – diese Situation kennen sie. In schöner Regelmäßigkeit müssen die Freiburger nämlich ihre Topakteure ziehen lassen.

Für Streich, Saier und Hartenbach war es also nichts Neues, einen Transferüberschuss in zweistelliger Millionenhöhe zu erwirtschaften und dabei eine Mannschaft zu formen, die selbst dem potenten RB Leipzig Konkurrenz macht. "Wir haben ein Team zusammengestellt, das nachhaltig sein soll, über diese Saison hinaus", sagt Fritz Keller. Der Aufstieg sei gewissermaßen nur ein Zufallsprodukt.

Neben Torjäger Nils Petersen, der gerade seinen Vertrag verlängert hat, überzeugt Standardexperte Vincenzo Grifo in der Offensive, und hinten sichert Sechser Amir Abrashi gekonnt ab. Und weil dieses Mal die Transferpolitik nahezu perfekt aufging – sogar die Winterzugänge Florian Niederlechner und Pascal Stenzel schlugen ein –, kam das sonst so beliebte Programm "Jugend forscht" ausnahmsweise nur gelegentlich zum Zug. "Unsere Willkommenskultur in der Mannschaft hat gestimmt, deshalb fühlen sich alle so wohl", sagt Keller.

Den Wiederaufstieg nach einem Jahr Zweitklassigkeit feierte Reporter Rischmüller am Abend dann mit einigen Freiburger Kollegen in seiner Heimatstadt Bielefeld in einer Fußballkneipe. Den Tisch hatte man schon vorab reserviert. Auch, um einen Ort zum Diskutieren zu haben, für den Fall, dass es gestern nicht zum Sieg gereicht hätte.

Denn solange nichts entschieden war, wollte gestern auch keiner in Freiburg so richtig übers Feiern reden. Man hielt es bei allem berechtigten Optimismus eher mit SC-Trainer Christian Streich, der "Konzentration auf das, was wir beeinflussen können" von der Mannschaft verlangte, und wartete gespannt auf den Schlusspfiff.

Uwe Stasch, Vorstandsmitglied der Fangemeinschaft des SC und wie Frank Rischmüller mehrfacher "Wiederaufsteiger", sprach vor dem Paderborn-Spiel öffentlich nur von der "Möglichkeit einer Spontanparty" in Ost-Westfalen für den Fall des Sieges. Immerhin: Rund 1200 Fans aus Freiburg und Südbaden hatten sich gestern auf den Weg nach Paderborn gemacht. Volles Haus vermeldeten am Abend die klassischen Szene- und Fußballkneipen in der Stadt: Im "Swamp", im "Bankepeter" oder im "Café Atlantik" am Schwabentor treffen sich die SC-Fans traditionell zur Fernsehübertragung auf Sky. "Viele wollten heute schon Tische reservieren, aber das geht bei uns nicht, es wird eh voll", prophezeite eine Mitarbeiterin im "Café Atlantik". So ein Aufstiegsabend sei "business as usual" für die Wirtschaft. Dass man für solche Abende ein paar Kisten Bier mehr als sonst unter der Woche bestellt, sei eingeplant.

Zu den ersten Gratulanten nach dem gestrigen Auswärtssieg gehörte übrigens Freiburgs Oberbürgermeister Dieter Salomon (Grüne), der die Gesamtleistung der Mannschaft in der zurückliegenden Saison würdigte: "Man kann diese Leistung gar nicht hoch genug einschätzen, nach dem Schock am letzten Spieltag 2015 und dem Weggang vieler Stammspieler", lobte Salomon. Die ganze Stadt sei stolz auf die Mannschaft und das Trainerteam.

Kommentar: Tolle Belohnung

Von Holger Schroeder

Glückwunsch an den Sportclub Freiburg: Seit gestern Abend sind die Mannen von Trainer Christian Streich wieder erstklassig im Fußball-Geschäft unterwegs. Der etwas andere Klub aus dem Süden des Landes hat sich für seine akribische Arbeit, viel Leidenschaft und tolle Zuschauer mit dem direkten Wiederaufstieg belohnt. Auch eine kleine Schwächephase konnte den Klub nicht stoppen. Vor allem dem Coach, der Tag und Nacht für den Fußball lebt, gebührt höchstes Lob für sein Werken – fast immer unspektakulär, dafür aber umso effizienter. Sein fantastisches Gespür für junge Talente und Spieler, die perfekt ins Gefüge der "Breisgau-Brasilianer" passen, sollte das Faustpfand für den erfolgreichen neuen Auftritt in der Eliteklasse sein. Im Moment jedenfalls schweben die Fans der Freiburger Kicker geradezu im Himmel – hoffentlich nicht nur für eine Saison.