Yannick Noah Foto: dpa

Frühere Tennis-Star aus Kamerun erneut zur populärsten Persönlichkeit des Landes gewählt.

Paris - Die berühmten Rasta-Locken lässt er in seinen umjubelten Konzerten noch genauso ungestüm durch die Luft wirbeln wie einst beim furiosen Volley-Spiel auf dem roten Ascheplatz. Nur der ziemlich ergraute Dreitagebart verrät, dass Yannick Noah soeben die Fünfzig überschritten hat. Mit dem einstigen Sportidol verhält es sich wie mit guten Tropfen Bordeaux: je älter, desto reifer und charaktervoller.

Die Franzosen lieben Yannick Noah: Schon wieder kürten sie den Popsänger und früheren Tennis-Star zur beliebtesten Persönlichkeit des Landes. Auf den zweiten Platz der französischen Top 50 landete die Fußballlegende Zinedine Zidane. Aktuelle Nationalspieler sackten wegen des blamablen Untergangs der Equipe Tricolore bei der Weltmeisterschaft ab, Thierry Henri schaffte es gerade auf Platz 39. Auch aktive Politiker sucht man in der Hitliste vergebens. Lediglich Ex-Präsident Jacques Chirac (41.) und die frühere Ministerin Simone Veil (21.) sind dabei.

Noahs Kür wird zum Politikum

Noah ist Frankreichs ungekrönter König: Denn schon zum achten Mal, davon zum sechsten in Folge, steht der sympathische Rasta-Mann in der nationalen Popularitätsskala ganz oben. Angesichts des offenbar von langer Hand geplanten Frontalangriffs des französischen Staatspräsidenten gegen gewalttätige Zuwanderer wird Noahs Kür diesmal sogar zu einem Politikum. Denn als Sohn eines kamerunischen Einwanderers gehört Yannick Noah just zu jener Volksgruppe, der Nicolas Sarkozy soeben den Krieg erklärt hat. Wer die Hand gegen Polizisten und Amtspersonen erhebe, droht der Präsident, dem werde künftig per Gesetzesänderung die französische Staatsangehörigkeit aberkannt.

Warum adeln die Franzosen ausgerechnet Yannick Noah zum "chouchou", zum Liebling der Nation? Der sportliche Erfolg ist nur eine Seite der Medaille. Als der kleine Yannick in der kamerunischen Hauptstadt Yaoundé aufwächst, bewundert er die schwarze US-Tennislegende Arthur Ashe und träumt von einer ähnlichen Tenniskarriere. Ein Wunsch, der 1983 in Erfüllung gehen soll: Noah gewinnt nach fast vierzig Jahren als erster Franzose die prestigeträchtigen French Open, er erklimmt Platz drei der Weltrangliste und führt die Equipe Tricolore als Kapitän zweimal zum Davis-Cup-Sieg. Serve and volley: Das ist in den achtziger Jahren Yannick Noah.

Noah hat dem Präsidenten stets widerstanden

Der atemberaubenden Karriere auf dem Tennisplatz folgt der steile Aufstieg in den frankophonen Pop-Himmel: 1990 gelingt ihm mit dem Hit "Saga Africa" ein glanzvolles Debüt. Seine Platten gehen millionenfach über die Ladentheke, für "Charango" (2006) erhält er eine Goldene Schallplatte. In zwei Wochen erscheint seine neue CD "Frontières" und der Vorverkauf für das Konzert im "Stade de France" Ende September läuft auf vollen Touren. Daneben arbeitet Yannick Noah für die kamerunische Fußball-Nationalmannschaft als Berater und engagiert sich für französische Hilfsorganisationen.

Natürlich versteht es Yannick Noah ausgezeichnet, seine Prominenz auch jenseits von Tennisplätzen und Musikbühnen zu versilbern, etwa als gut gelaunter Sympathieträger in den unzähligen TV-Werbespots. Doch hinter dem "Spaßvogel" kommt immer häufiger der ernste Yannick Noah zum Vorschein. Der seine Popularität - ob in Paris oder im fernen Afrika - für die Ärmsten und Unterdrückten einsetzt. Der immer dann seine Stimme lautstark erhebt, wenn die Dinge gefährlich aus dem Ruder zu laufen drohen. Der Mann mit der starken Rückhand ist zu einer moralischen Instanz geworden, zum Gewissen der Nation.

Unter Sarkozy "ist es schlimmer geworden, als ich dachte"

Als Nicolas Sarkozy 2005 vorschlug, die Banlieue "durchkärchern" zu wollen, drohte Noah sogar damit, das Land im Falle seines Wahlsiegs verlassen zu wollen. Nun, Sarkozy wurde Präsident, und Noah ist trotzdem geblieben. Aber den ständigen Versuchen, sich vom neuen Hausherrn im Elysée-Palast umgarnen zu lassen, hat er stets widerstanden.

Unter Sarkozy sei es "noch schlimmer geworden, als ich gedacht habe", schwante ihm bereits sieben Monate nach Amtsantritt. Anstatt der verzweifelten Jugend in den Immigranten-Ghettos Arbeit und Hoffnung zu geben, giftete Noah, "werfe er immer mehr junge Bengel ins Gefängnis". Selbst die präsidiale Bitte, gegen ein "Fantasiehonorar" ein Konzert am Nationalfeiertag 14. Juli zu geben, schlug Yannick Noah brüsk ab. Er lasse sich "nicht kaufen", ließ er dem pikierten Staatschef mitteilen.