Zwölf Jahre begleitet Harald Müller seine Pflanzen vom Sprössling bis zum Weihnachtsbaum. Foto: Müller Mittelmühle

Einige Menschen arbeiten das ganze Jahr fürs Fest: Sie züchten Christbäume, sorgen für Weihnachtsschmuck oder kreieren Köstlichkeiten aus Schokolade.

'Weihnachten ist bei uns der Saisonhöhepunkt', erklärt der 43-jährige Volker Gmeiner, Inhaber der Gmeiner Confiserie. Das Unternehmen betreibt unter anderem in Stuttgart eine Filiale. Neben Cafés und Ständen auf Weihnachtsmärkten läuft in den Wochen vor dem Fest das Firmenkundengeschäft auf Hochtouren. 'Jetzt geht es darum, flexibel auf Kundenwünsche zu reagieren', sagt Gmeiner, der nicht nur Konditormeister ist, sondern auch ein BWL-Studium abgeschlossen hat. 'Da möchte plötzlich eine Firma eine Woche früher als bestellt 2500 Pralinenpackungen erhalten. Ein anderes Unternehmen braucht kurzfristig Trüffel für 9000 Euro.

Alle diese Aufträge fristgerecht zu erledigen ist so, als ob man ein Riesenpuzzle zusammensetzt.' Arbeiten für Gmeiner während des Jahres 170 Angestellte, sind es in den Wochen vor dem Christfest 210. Wenn noch ein neuer Auftrag hereinkommt, muss der Unternehmer auch kurzfristig Personal anheuern, zum Beispiel Studierende, die dann in Handarbeit Trüffel verpacken. In der heißen Phase ist er sechs Tage die Woche 12 bis 14 Stunden am Arbeiten. Doch das macht Gmeiner nichts aus. 'Es macht einfach Freude, wenn das Geschäft brummt.' Der Geschäftsführer des seit 1898 existierenden Familienunternehmens ist fast das ganze Jahr über mit dem Weihnachtsgeschäft beschäftigt: 'Nach Weihnachten ist bei uns immer auch vor Weihnachten. So halten meine Frau, die Bereichsleiter und ich im Januar Rückschau.'

"Alles trägt unsere Handschrift"

Sie analysieren, welche Produkte und Verpackungsgrößen gut ankamen und welche weniger. Ab April entwerfen die Gmeiners und ihr Team dann die neuen Weihnachtspralinées, Kuchen und Schokoladen. Außerdem legt er gemeinsam mit seiner Frau Christine die Größen und das Design der weihnachtlichen Verpackungen fest. 'Alles trägt unsere Handschrift: von der Füllung der Törtchen bis hin zum Layout des Weihnachtskatalogs', erklärt Gmeiner. Während im Juli der Katalog in Druck geht, läuft in der Testbackstube die Feinabstimmung. Und wenn Deutschland Sommerferien macht, verteilt das Unternehmen die Weihnachtskataloge an seine Kunden. Ab Oktober startet das Familienunternehmen dann in die heiße Phase. 'Es ist wunderbar, wenn ein Produkt am Ende genau so aussieht und schmeckt, wie wir es uns vorgestellt haben.'

Auch Sven Recktenwald befasst sich das ganze Jahr über mit Weihnachten. Der 34-jährige Produktmanager ist für die Oster- und Weihnachtssortimente von Villeroy & Boch verantwortlich. 'Bis eine neue Weihnachtskollektion in die Läden kommt, dauert es knapp zwei Jahre', sagt er. Deshalb hat er schon die Kollektion 2016 im Blick. 'Zurzeit sammeln wir Ideen dafür.' In wenigen Wochen trifft er sich dann mit Designern und Produktentwicklern zu einem Weihnachtsworkshop. 'Zwei Tage lang tragen wir alle Ideen zusammen und spinnen neue Geschichten aus, die wir in den Dekors und Weihnachtsaccessoires erzählen wollen.'

In diesem Jahr steht das Märchen von Aschenputtel im Mittelpunkt. Dazu entwickelten die Designer des Traditionsunternehmens kleine Porzellanfiguren wie die Prinzessin, die auf einem Schimmel reitet, oder die Küchenmagd, die am Ofen sitzt und Erbsen aus der Asche aufliest. Auch wenn die aktuelle Kollektion seit August ausgeliefert wird, ist der studierte Betriebswirtschaftler immer noch mit ihr befasst: 'Ich stehe für die Fragen der Händler bereit und analysiere die Verkaufszahlen.' Daraus zieht er Konsequenzen für nächstes Jahr. Nach dem Workshop beginnen die Designer, die verschiedenen Formen und Dekors zu entwickeln. Drei bis fünf Monate dauert es, bis alle 150 Entwürfe fertig sind und die Produktion beginnen kann. In dieser Phase ist der Produktmanager in ständigem Austausch mit den Designern und der Produktion.

Gearbeitet wird das ganze Jahr

Denn manch ein schöner Entwurf sprengt den Kostenrahmen. In so einem Fall sind Recktenwalds kommunikative Kompetenzen gefragt. Für das Weihnachtsfest des kommenden Jahres ist die Produktion so gut wie abgeschlossen. 'Im Februar präsentieren wir die neue Kollektion erstmals auf einer Messe. Auch im nächsten Jahr wird es bei uns wieder um ein Märchen gehen.' Außerdem kümmert er sich aktuell noch um die Kollektion für das Osterfest 2016. 'Meine Weihnachtsfreude schmälert das aber nicht.' Familie Müller aus Adelberg im Kreis Göppingen hat sich ebenfalls ganz dem Christfest verschrieben: Auf der Mittelmühle arbeiten Harald und Sabine Müller das ganze Jahr, um die Region mit frischem Tannengrün und Tannenbäumen zu versorgen. 'In der Woche vor dem ersten Advent ist die Nachfrage nach frischem Tannengrün am größten. Sobald es hell wird, bin ich mit meinen Mitarbeitern draußen', berichtet Harald Müller.

In dieser Zeit schlägt das Team der Mittelmühle bereits Weihnachtsbäu me - meist für Firmenkunden, die schon im Advent ihre Räumlichkeiten festlich schmücken wollen. 'Das eigentliche Weih nachtsbaumgeschäft beginnt erst mit dem 6. Dezember', so Müller. 'Die letzten Bäume verkaufen wir am Heiligabend.' Natürlich versucht die Familie, auch noch den letzten Kunden mit einem Christbaum zu versorgen, bevor sie selbst Weihnachten feiert. Der 46-jährige Harald Müller ist gelernte Elektrotechniker. Er hat gemeinsam mit seiner Frau den Betrieb 2001 von seinen Schwiegereltern übernommen. 'Mir macht die Arbeit in der Natur sehr viel Spaß.

Es ist ein Wunder der Natur, wenn im Frühling die Knospen treiben', schwärmt Müller. 'Ich kann sagen, dass ich manchen Baum wirklich persönlich kenne.' Schließlich gehen zwölf Jahre ins Land, bis eine Nordmanntanne die Größe und Statur hat, um ein Weihnachtsbaum zu werden. Die Müllers ziehen auch die Sprösslinge in ihrer Baumschule groß. Nach vier Jahren sind die Bäumchen groß genug für die Weihnachtsbaumkultur. Ein persönliches Verhältnis haben die beiden aber nicht nur zu den Bäumen, sondern auch zu ihren Kunden. 'Eine Kundin kommt jedes Jahr am dritten Advent kurz nach acht Uhr morgens zur Mittelmühle und freut sich schon auf unseren Glühwein', erklärt Müller.