Gesprächsrunde mit Stefan Kühlein, Alexandra Aicher, Werner Mezger, Erika Faust und Jon Carricas Fotos: Ziechaus Foto: Schwarzwälder-Bote

Rollenverhalten: Wirtschaftstag befasst sich mit Werteverständnis und gesellschaftlichen Veränderungen

Die Veränderungen traditionellen Rollenverhaltens von Frauen und Männern war das Thema beim Wirtschaftstag der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Schwarzwald-Baar-Heuberg in der Kastellhalle in Schramberg-Waldmössingen.

Kreis Rottweil. In seiner Begrüßung der Vertreter aus Unternehmen und Verwaltungen verwies der Aufsichtsratvorsitzende Jürgen Guse auf den Wertewandel, durch den Geschlechterrollen hinterfragt würden. Das führe zu vielen Veränderungen "in hohem Maße für Frauen, aber eigentlich noch mehr für Männer", sagt Geschäftsführer Heinz-Rudi Link bei der Ankündigung des Impulsvortrags "Gender Shift – Gesellschaft und Wirtschaft neu denken" von Susanne Eckes.

Die Betriebswirtin vom Zukunftsinstitut Matthias Horx in Frankfurt verwies anhand vieler Beispiele auf weitreichende Veränderungen im Verhalten beider Geschlechter in Gesellschaft und Wirtschaft.

Ausgehend von der Feminismus-Bewegung habe sich seit den 60er-Jahren ein Megatrend zur Selbstbestimmung und zum Ausleben einer Vielfalt von Rollen global entwickelt. Megatrends bewegten sich nur langsam in eine Richtung, erfassten aber alle Bereiche. Die Identität der Geschlechter sei vielschichtig und nicht nur vom biologischen Geschlecht bestimmt, sondern auch vom Selbstbild, das "nicht weiblich, nicht männlich, sondern ein fröhliches Dazwischen" favorisieren könne. Selbst dem Zuckerpüppchen Barbie werde heute in den Mund gelegt, Mädchen könnten alles sein, was sie wollten.

Biografien änderten sich in verschiedenen Lebensphasen, fallen dazu Stichworte wie Karriere- und Elternzeiten sowie späterer Wiedereinstieg in den Beruf. Die Front bei der Verschiebung des Rollenverhaltens verlaufe nicht im Büro, sondern zu Hause. Für die Unternehmen bedeute diese Entwicklung, Vielfalt zu ermöglichen und zu leben.

Die Teilnehmer an der Gesprächsrunde verwiesen insbesondere auf praktische Lösungen, die für die Bindung von Mitarbeitern wichtig seien. Kinderbetreuung, Ganztagesschule, flexible Arbeitszeiten und die Pflege von Angehörigen forderten von den Betrieben den Mut, neue Wege zu gehen. In Kooperation mit anderen Unternehmen und der Gemeinde könne Ferienbetreuung organisiert werden, sagte die junge Unternehmerin Alexandra Aicher aus Königsheim erwartungsvoll. Ingenieur Jon Carricas war mit seiner Familie nach Deutschland gezogen, weil seiner Frau eine gute Stelle geboten wurde. Inzwischen arbeite seine Frau in Teilzeit und er wieder in Vollzeit.

Erika Faust, Leiterin der Arbeitsagentur Rottweil-Villingen-Schwenningen hätte gerne "ein normales Frauenbild" gelebt und bedauert heute, dass sie ihre Karriere einem Familienleben vorgezogen hat. Für Werner Mezger von der Uni Freiburg ist "Familiengründung mit einer Karriere schwer vereinbar", besonders in wissenschaftlichen Berufen. Bei allem Rollenverständnis betont Mezger augenzwinkernd aber auch: Conchita Wurst sei kein Vorbild für Veränderungen.