Das Grundstück des abgebrannten Hauses in Rottweil ist abgesperrt. Ein Brandsachverständiger ermittelt. Foto: Schulz

Immer wieder kommen Menschen zur Brandruine in Rottweil. Viele Jugendliche liegen sich weinend in den Armen. Brandort ist abgesperrt.

Rottweil - Es ist der Tag danach, nach dem Unglück, in das Rottweil in dieser Nacht gestürzt wird. Stunden nach dem verheerenden Feuer in der Schwarzwaldstraße in Rottweil, bei dem zwei 15 Jahre alte Jugendliche sterben, versammeln sich immer wieder Menschen an der Unglücksstelle. Sie kommen, blicken einige Momente stumm und niedergeschlagen auf die Brandruine. Blumen werden niedergelegt, junge Menschen liegen sich weinend in den Armen. Sie haben die beiden Freunde gekannt, die in der Nacht zuvor ums Leben gekommen sind. Derweil ermittelt die Polizei weiterhin nach der Brandursache.

"Es ist heute kein schöner Tag für Rottweil", sagt Alexander Pick, der übergangsweise Polizeipräsident in Tuttlingen ist, am Sonntagmorgen im Rottweiler Feuerwehrhaus in der Pressekonferenz. Diese spiegelt die ganze Tragweite der dramatischen Ereignisse der Nacht wider.

Die Feuerwehr ist um 3.39 Uhr alarmiert worden. Als die ersten Einsatzkräfte vor Ort sind, schlagen bereits Flammen aus dem Ober- und Dachgeschoss, weitere Feuerwehrleute werden sofort angefordert, berichtet Stadtbrandmeister Rainer Müller, der als einer der ersten vor Ort ist. Zum Schluss sind es 124 Einsatzkräfte. Müller schätzt, dass das Feuer schon 15 bis 20 Minuten vor Alarmierung ausgebrochen ist. Im Haus habe man keine Rauchmelder gesehen. Es sei davon auszugehen, dass die Opfer schliefen, als der Brand ausbrach. Vermutlich sind sie an den Rauchgasen erstickt.

Bei dem Wohnungsbrand in der Schwarzwaldstraße stirbt der 15-jährige Sohn der türkischstämmigen Familie. Zwei Freunde wollten bei ihm übernachten. Einer kommt ebenfalls ums Leben, der jüngere, ein 14-Jähriger, kann sich durch einen Sprung durchs Fenster retten. Er wird schwer verletzt. Die Mutter stürzt ebenfalls vom Obergeschoss ins Freie. Beide kommen ins Krankenhaus. Zwei Menschen, die sich im brennenden Haus aufhalten, können sich unverletzt ins Freie retten.

Aufgrund widersprüchlicher Aussagen vor Ort ist zunächst nicht klar, wie viele Personen sich noch im Haus befinden. Es steht nur so viel fest, dass mehrere Angehörige der fünfköpfigen türkischen Familie, die im Haus wohnt, vermisst werden. Darauf konzentriert sich die Feuerwehr als Erstes.

Rainer Müller: "Wir mussten uns Stück um Stück vorkämpfen"

Laut Frank Müller, Leiter der Führungsgruppe der Feuerwehr, kommt erschwerend hinzu, dass die obere Maisonette-Wohnung aufgrund der starken Rauchentwicklung nicht sofort und nur unter Einsatz von Atemschutzgeräten begehbar ist. "Wir mussten uns sich Stück um Stück vorkämpfen", fügt Rainer Müller hinzu. Die Brandbekämpfung erfolgt von innen mit mehreren Atemschutzträgertrupps und mittels massiven Löscheinsatzes über die Drehleiter. In der oberen Wohnung werden die beiden Toten gefunden.

Die verletzten und traumatisierten Familienangehörigen werden noch vor Ort von Notarzt, Rettungskräften und Angehörigen des Notfallseelsorgedienstes betreut. Vor Ort machen sich später unter anderem Pick, Landrat Wolf-Rüdiger Michel und Oberbürgermeister Ralf Broß ein persönliches Bild von dem Ausmaß des Unglücks. Laut Müller hätten sich vier Feuerwehrleute verletzt. Zwei an den Händen wegen herunterfallender Ziegel, zwei hätten Schwächeanfälle erlitten. Bei dem Brand entsteht ein Sachschaden von circa 200 000 Euro.

Pick sagt, es lägen keine Anhaltspunkte für eine vorsätzliche Brandstiftung oder einen fremdenfeindlichen Hintergrund vor. Das Haus sei ordnungsgemäß verschlossen gewesen. "Es ist mir eine Herzensangelegenheit, den Angehörigen unser tief empfundenes Beileid auszusprechen", äußerte der sichtlich bewegte Polizeichef. Er danke den Nachbarn, die sich in einem vorbildlichen Akt der Solidarität um die Angehörigen kümmerten. Das zeuge von einem intakten Klima in der Stadt, so Pick.