Bedenkliche Mienen: Beim Deißlinger "Baumgipfel" am Dienstag an der B 27 bei Deißlingen-Lauffen war wenig von einem Einvernehmen zur Beseitigung von Pflanzenwuchs aus dem Straßenraum spürbar. Anwohner Winfried Woszidlo (links) will die von ihm und seiner Frau einst nach Genehmigung hinter der Lärmschutzwand auf staatlichem Grund gepflanzte Allee (links) nicht verlieren. Der Deißlinger Ortsbaumeister Rainer Braun, Joachim Hilger, kommissarischer Leiter des Straßenbauamts Rottweil, und Bürgermeister Ralf Ulbrich (von links) betonten die Sichtweise der öffentlichen Hand. Foto: Scheidel

Verkehrssicherheit: Gesetzliche Bestimmungen sind rigoros. Viel Gesprächsstoff in Deißlingen. Wird durch Kahlschlag Lärmschutzwand höher?

Kreis Rottweil - Eine stark emporwuchernde Baumallee hinter einer Lärmschutzwand darf nicht sein, sagt das Straßenbauamt und bringt mit dieser gesetzlich verankerten Feststellung einen Bürger aus Deißlingen-Lauffen maßlos auf die Palme.

Wie berichtet, geht es in dem Fall um die Umsetzung deutlicher Auflagen dafür, den Straßenraum von Gefahren freizuhalten. Das Entfernen zu üppiger Vegetation, um Lichtverhältnisse zu verbessern und dem Herabfallen von Ästen oder gar Umstürzen von Bäumen vorzubeugen, ist dabei eine wichtige Maßnahme. Dabei erfordert nach Meinung des Straßenbauamts auch die zerstörerische Wirkung tief greifenden Wurzelwerks an der Lärmschutzwand die Entfernung starkwachsender Bäume.

Die Lärmschutzwand grenzt die B 27 bei Lauffen auch zum dortigen Bergweg ab. Dort haben neben anderen Anwohnern Winfried Woszidlo und seine Frau ihr Zuhause. Als vor etwa 30 Jahren die neue B 27 gebaut wurde, habe man wegen der zu erwartenden Emissionen (Lärm und Feinstaub) mit dem Straßenbauamt einen Deal gemacht. "Wir bestücken einen größeren Pflanzstreifen zwischen Lärmschutzwand und Bergweg auf eigene Kosten. Die öffentliche Hand übernimmt die Unterhaltung", sagt Woszidlo, der einst auch Sprecher der Anwohner bei der Begleitung des B 27-Neubaus war. Er verweist dazu auf eine Abmachung mit dem damaligen Bauleiter für die neue B 27, die auch protokolliert worden sei.

Gestern nun, bei einem Ortstermin, argumentierte Woszidlo für eine noch lange Daseinsberechtigung des von ihm und seiner Frau bewirkten, inzwischen hoch aufgeschossenen Pflanzwerks. Viel Herzblut für "sein" Grün – rechtlich gehört der Pflanzstreifen dem Eigentümer Bund – schlägt mit, wenn er als Kompromiss ein Herunterstutzen auf eine Höhe von sechs Metern vorschlägt.

Da schütteln die Männer von der Straßenbaubehörde aber verständnislos den Kopf. Joachim Hilser, derzeit kommissarischer Leiter des Straßenbauamts im Landkreis, und Ewald Ulmschneider, Leiter der die Einsatztrupps lenkenden Straßenmeisterei, rücken nicht ab von ihrem Standpunkt. Das nachhaltige Zurückstutzen sei aus den genannten Gründen ein eindeutiges gesetzliches Gebot. Die hoch aufgeschossenen Bäume müssten sogar ganz weg. Bürgermeister Ralf Ulbrich versucht mit dem Hinweis, nach einer solchen Schnittaktion könne mit Buschwerk nachgepflanzt werden, das Straßenbauamt habe da mit Sicherheit nichts dagegen, eine diplomatische Note ins Spiel zu bringen.

Anwohner Woszidlo, dessen Lärmschutzmessgerät gestern bei einigen Messungen hinter der Lärmschutzwand nach dessen eigenem Bekunden 73 Dezibel und manchmal auch etwas mehr anzeigt, wenn auf der anderen Seite sich der Verkehr wieder einmal lautstärker in Szene setzt, tut sich schwer, von seinem Standpunkt abzurücken. Er fordert die Gegenseite auf, sich mit dem damaligen B 27-Bauleiter ins Benehmen zu setzen. Auch die Forderung nach einer Erhöhung der Lärmschutzwand stellt er in Raum, sollte in Sachen Baumwuchs doch Tabula rasa gemacht werden.

Spannende Frage: Geht mit Kahlschlag und "auf den Stock setzen" Erhöhung der Lärmschutzwand einher?

Die Lärmschutzwand wurde einst wegen des damaligen Gewerbegebietscharakters im Bereich der Bergwegs erheblich niedriger gebaut als auf der Gegenseite. Heute ist die Ansiedlung aber als Wohngebiet deklariert.

Bei diesem Punkt hakt nochmals der Deißlinger Bürgermeister ein. Mit einem Lärm-Aktions-Plan sei die Gemeinde Deißlingen zu etlichen neuralgischen Lärmpunkten schon länger am Ball, betont Ulbrich mit Blick auf dadurch zu erwartende Verbesserungen. Möglicherweise sprechen dazu auch Gutachten bald eine deutliche Sprache. Ob es demnach in absehbarer Zeit am Bergweg in Lauffen statt einer Baumallee eine höhere Lärmschutzwand gibt, bleibt aber zunächst einmal abzuwarten.