Yeon Hee Kwak, Oboe, Solistin im Konzert für Oboe und Orchester von Isang Yun Fotos: Friederichs Foto: Schwarzwälder-Bote

Sommersprossen: Konzert bei Erich-Hauser-Stiftung vereint zwei Jubiläen / Klassisch, koreanisch und verbunden

Es war ein Jubiläumskonzert mit doppeltem Anlass: 50 Jahre Musikfestival Sommersprossen und das 100. Geburtsjahr des Deutsch-Koreaners Isang Yun.

Rottweil. Ostasiatische und westeuropäische Musiktraditionen verwoben sich in der Werkshalle der Erich-Hauser-Kunststiftung zu einer grandiosen Einheit. Isang Yun habe ihn, so Intendant Ingo Goritzki, ein Leben lang begleitet: durch seine Musik, aber auch als Mensch. Seine Kompositionen basierten auf der koreanischen Musiktradition, die er mit westeuropäischen verband. So übernehme er als Pendant zur koreanischen Oboe in der Auftragskomposition für das Klassikfestival – uraufgeführt 1987 in Rottweil – den Part der Oboe.

Eindrücklich linear, rhythmisch akzentuiert, große Ruhe verbreitend, erklang zu Beginn die schamanistische Improvisation für Daegeum (koreanische Flöte), Ageng (Bassstreichinstrument) und Janggo (Schlaginstrument) des Komponisten Sinawi. Diese traditionelle koreanische Musik, vorgetragen von Solisten des Gugak Ensembles Seoul, wiederholte sich in der "Reife der Frühlungswärme" für Piri (koreanische Oboe) des Komponisten Yeomyangchun. Fast gegensätzlich zum winzigen Instrument stand der voll modulierte langgezogene Klang. Eindrückliche Vibrationen verstärkten den meditativen Charakter.

In Fortführung zur traditionellen koreanischen und zum europäischen klassischen Werk Ludwig van Beethovens standen die beiden großen Kompositionen von Isang Yun. In seinem "Duetto Concertante" für Oboe, Violoncello und Streichorchester begann Ingo Goritzki an der Oboe äußerst getragen, in langen Ganztonschritten. Hinzukam das Violoncello von Johannes Goritzki, bevor das Orchester (Camerata Hanseatica unter dem Dirigat von Robert Kwiatkowski) in harmonisierendem Klang die Solisten auffing, aber sie auch mit abruptem Klangeinschub konfrontierte. Orchesterpassagen voller Kraft wechselten sich mit den Solopartien von Oboe und Violoncello ab und verschmolzen zu "strömenden Klangfeldern".

Grandios musizierten beide Solisten ihren Part in feinsten Pianoabstufungen und capriziösen Wendungen und der warmen Tiefe der Oboe d’Amore im Wechselspiel mit Orchesterpassagen. So entstand ein filigranes Klanggemälde, indem beide Solisten in duftigsten Höhen über dem Orchester lagen, bevor dieses in vollem crescendo, metallisch hart, in die "Harmonie" einbrach.

Diese Widersprüche spiegeln sich im ganzen Werk Isang Yuns wider. In äußerster Zurücknahme begann das zweite Werk Isang Yuns für Oboe ( Yeon Hee Kwak ) und Orchester (Camerata Hanseatica und des Rottweil Festival Winds unter dem Dirigat von Johannes Goritzki) mit der Oboe Solo in lang gehaltener Tonführung, hinzukommend die erste Violine, weitergereicht an das erste Violoncello, ehe Kontrabass und einzelne Bläser das Zwiegespräch aufnahmen und an das Gesamtorchester weitergaben. Auch hier entwickelten die Musiker ein Gemälde, das in filigraner Durchsichtigkeit und Schönheit erstrahlte. Der langsam Part der Oboistin mit der Harfinistin verstärkte diesen Eindruck.

Getragen von langen solistischen Passagen der Oboe – hervorragend musiziert von Yeon Hee Kwak – entluden sich die Orchesterpassagen in disharmonischen Brüchen, in voller Wucht verstärkt durch Bläser und Schlagzeug, als würde das Orchester das feine Soloinstrument erdrücken. Doch das Zerstörerische behält keinen Raum: Im gewaltigen Finale setzte sich in einem variationsreichen Schlußsolo der Oboe "Menschlichkeit" durch. Mit diesem glasklaren, in sich zurückgenommenen Solopart endete dieses aufwühlende Werk.

Die Verbindung zwischen dem zeitgenössischen Komponisten Isang Yun und dem Wiener Klassiker Ludwig van Beethoven stellte die Symphonie Nr. 1 C-Dur von Beethoven dar. Isang Yun hat den ungewöhnlichen Beginn mit dissonantem und betont langsamem Charakter geschätzt, der zur Zeit Beethovens ein absolutes Novum war.

Das große Orchester unter dem Dirigat von Johannes Goritzki setzte diesen Symphonieeingang in Adagio transparent um und entwickelte im folgenden Allegro con brio graziöse Leichtigkeit mit nach vorne stürmenden Tempi. Auch der zweite Satz Andante cantabile con moto geriet spielerisch bewegt. Weich und behutsam lösten sich Bläser mit den Pizzicati der Streicher ab.

Im Menuett setzten die Musiker die von Beethoven beabsichtigten überraschenden Dynamikunterschiede und das extreme Tempo wirkungsvoll um. Wieder erforderte der unübliche langsame Anfang des letzten Satzes konzentrierte Zurücknahme, um in voller Dynamik in das Allegro überzugehen – noch einmal im Wechsel von getragenen choralartigen Bläserpassagen und stringenter Streicherführung – und furios zu enden. Das exakte Zusammenspiel der Streicher und die warme Überlagerung durch die Bläser ließ die selten gespielte Erste Symhponie Beethovens grandios erstehen.