Urteil: Widerrufsrecht bei Online-Einkäufen kennt laut Bundesgerichtshof kaum Grenzen.

Karlsruhe/Rottweil - Geld zurück, wenn man ein Produkt doch nicht haben will – das kann schwierig werden. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat jetzt erneut darüber entschieden, wie weit das Widerrufsrecht bei Onlinekäufen geht: sehr weit.

Eigentlich war an den Matratzen wohl nichts auszusetzen. Aber das im Internet zu einer "Tiefpreisgarantie" angebotene vermeintliche Schnäppchen gab es anderswo billiger. Der Kunde widerrief den Vertrag, als der Händler die Differenz nicht erstatten wollte. Den Widerruf akzeptierte die Firma nicht. Der Käufer wollte den Kaufpreis zurück und zog vor Gericht (Az.: VIII ZR 146/15).

Worum ging es?

Gestritten wurde darüber, ob der Widerruf eines Matratzenkaufes unwirksam war, weil der Kunde ihn damit begründete, dass der Rottweiler Händler eine "Tiefpreisgarantie" nicht eingehalten hatte. Im vorliegenden Fall hatte ein Mann im Januar 2014 zwei Matratzen über das Internet bei einer Firma bestellt, die mit dieser Garantie für die Ware geworben hatte. Als der Käufer die Matratzen anderswo billiger entdeckte, wollte er das zu viel gezahlte Geld zurück. Die Firma wollte davon nichts wissen; der Kunde widerrief den Vertrag und schickte die Matratzen zurück. Die Firma weigerte sich dann aber, das Geld für die bereits bezahlte Ware zurückzuerstatten.

Was hat der BGH nun entschieden?

Wie auch die beiden Vorinstanzen gab der BGH dem klagenden Kunden Recht. Denn der Widerruf eines Kaufvertrages muss – Tiefpreisgarantie hin oder her – überhaupt nicht begründet werden. Der Käufer bekommt also sein Geld zurück.

Was ist denn das Widerrufsrecht genau?

Das Recht auf Widerruf bei sogenannten Fernabsatzkäufen – also Käufen, die etwa per Telefon oder eben im Internet getätigt werden – soll Kunden die Möglichkeit geben, die Ware zu prüfen. Er sieht sie ja zunächst nicht "in echt". Der Kunde kann die Ware dann ausdrücklich ohne Angabe von Gründen innerhalb von 14 Tagen zurückschicken. Sind Form und Frist des Widerrufs gewahrt, muss das Unternehmen das Geld zurückerstatten.

Und wenn ich die Ware behalten will – wie wehre ich mich gegen falsche Tiefpreisgarantien?

Etwa mithilfe von Verbraucherzentralen oder der Wettbewerbszentrale. Das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg beispielsweise stellte 2011 klar, dass Unternehmen sich im Streitfall nach dem niedrigeren Preis der Konkurrenz richten müssen (Az.: 5 U 160/11). Damals hatte die Wettbewerbszentrale im Namen eines Kunden geklagt, der bei einer Media-Markt-Filiale eine Kaffeemaschine erstanden hatte und diese trotz Tiefpreisgarantie rund 250 Euro billiger bei der Konkurrenz entdeckte.

Was ist generell von den Tiefpreisgarantien zu halten?

Diese Lockrufe haben oft einen Pferdefuß. Viele Unternehmen werben damit, schränken Preisgarantien zugleich aber ein. Sie lassen sie etwa nur für bestimmte Produkte gelten oder beschränken sie auf eine bestimmte Region. Auch wenn der Kunde nachgewiesen hat, dass das Produkt anderswo billiger ist, weigern sie sich nicht selten, die Differenz zu bezahlen. Verbraucherschützer bezweifeln, dass diese Preisgarantien dem Kunden wirklich nützen. "Oft wird mit Tiefpreisen geworben, die gar keine sind", erklärt Dunja Richter von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. "Der Kunde verlässt sich dann blind auf das Niedrigpreisversprechen – anstatt selber zu recherchieren und so das tatsächlich billigste Produkt zu finden."