Tauwetter hat auch beim Zweckverband Wasserversorgung Oberer Neckar eingesetzt. Nach vielen Scharmützeln wegen der in Frage gestellten Verbandszukunft wird mittlerweile friedliches Einvernehmen demonstriert mit der Zielsetzung, die Neckarburgquellen noch für lange Zeit für zahlreiche Verbraucher verfügbar zu machen. Foto: Scheidel

Scholz übergibt Führung an Albrecht. Aus Dietingen Seitenhiebe für bisherigen Vorsitzenden. Mit Kommentar

Kreis Rottweil - Der Zweckverband Wasserversorgung Oberer Neckar will die Kurve kriegen: Die Quellen aus dem Gebiet bei der Neckarburg sollen noch lange als hochwertiges Lebensmittel zur Verfügung stehen. Entscheidende Weichenstellungen dafür gab es am Dienstagabend.

Dass beim Verband strukturell und konzeptionell vieles im Argen liegt, ist seit Jahren bekannt. Als der bisherige Verbandsvorsitzende Frank Scholz vor zwei Jahren angesichts der schwierigen Situation die Verbandsauflösung in den Raum stellte, wirkte dies wie ein Schlag ins Wespennest. Nicht zuletzt aus seiner Heimatgemeinde hagelte es Kritik für den Dietinger Bürgermeister für dessen Ansinnen, dieses Frischwasserreservoir möglicherweise abschenken zu wollen. Dass sich Scholz mit diesem Vorstoß dem Druck insbesondere aus Wellendingen und Deißlingen beugen wollte, die mit Bodenseewasser und Keckquellen auf kostengünstigere Optionen für die Versorgung der Gesamtgemeinden bauen könnten, unterstellen ihm Kritiker bis heute. Bei einer Informationsveranstaltung im Frühjahr 2016 in der Dietinger Graf-Gerold-Halle war dann aber schnell klargestellt: Eine Verbandsauflösung kommt nicht in Frage. Allein schon die wasserrechtlichen Bestimmungen lassen so etwas nicht zu. Grundsätzlich gewann dann auch schnell die Erkenntnis Raum, dass die Möglichkeit, ein solch wertvolles Lebenselexier vor der Haustür als Lebensmittel verfügbar zu machen, nicht billig abgeschenkt werden sollte.

Die Aufbruchstimmung zur Sicherung der langfristigen Versorgung in den sechs beteiligten Kommunen Deißlingen, Dietingen, Frittlingen, Rottweil, Wellendingen und Zimmern u. d. B. ist auch eng mit der neuen Verbandsspitze verbunden. Jeweils einstimmig wurden der Wellendinger Thomas Albrecht als Vorsitzender, der Deißlinger Ralf Ulbrich als Stellvertreter und Elmar Koch, Zimmen u.d.B., als zweiter Stellvertreter gewählt. Transparent und mit weitreichender Öffentlichkeitsarbeit wolle man den Bürgern die Modernisierung des Verbands vermitteln, betonten die Bürgermeister Albrecht und Ulbrich wohl auch im Namen ihres Amtskollegen Koch unisono.

Dass zur künftigen Strategie sowohl in technischer wie auch in betriebswirtschaftlicher Hinsicht eine Betriebsführung gehört, die von ausgewiesenen Spezialisten eingekauft werden soll, scheint außer Frage zu stehen. Hausgemachtes Bemühen reiche angesichts der großen Herausforderungen nicht mehr. Da müsse man sich von absoluten Profis an die Hand nehmen lassen, um Entscheidungen zukunftsträchtig in die Wege leiten zu können, wird von der neuen Führungsriege betont.

Die Versammlung am Dienstagabend war auch stark vom Bemühen gekennzeichnet, einen möglichst harmonischen Übergang von alter zu neuer Verbandsführung darzustellen. Mit kritischen Zwischentönen gaben allerdings Albert Scheible und dessen Dietinger Mitbürger Ferdinand Graf von Bissingen, der im Verband als Vertreter des dortigen Gemeinderats fungiert, Störfeuer. Während Scheible lautstark anprangerte, dass Scholz nicht in der Lage gewesen sei, 2016 eine Verbandsversammlung anzuberaumen, auch um der zum 31. Dezember 2016 auslaufenden Amtszeit des Vorsitzenden fristgerecht Rechnung zu tragen, versuchte von Bissingen Scholz subtiler in die Parade zu fahren. Und zwar mit dem Vorschlag, statt diesem den Böhringer Ortsvorsteher Detlef Langrock im Verwaltungsrat zu etablieren.

Scholz reagierte mit stoischer Ruhe und bei den Anwürfen Scheibles auch mit einigen beschwichtigenden Erklärungen. In der anschließenden Abstimmung wurde er neben dem Rottweiler ENRW-Geschäftsführer Christoph Ranzinger und dem Frittlinger Gemeinderat Raimund Bader, der dort für den seit Langem erkrankten Bürgermeister Martin Leo Maier die Geschäfte leitet, von der Verbandsversammlung in das Amt gewählt. Von Bissingen stimmte dagegen.

Info: Wasserpreis steigt

(wis). Der Zweckverband Wasserversorgung am oberen Neckar (ZV Oberer Neckar) versorgt etwa 13 000 Einwohner mit einem Mischwasser aus 50 Prozent Eigenwasser und 50 Prozent Zusatzwasser vom Zweckverband Bodensee-Wasserversorgung. Die Jahresabgabemenge liegt laut der Fritz Planung GmbH bei etwa 550 000 Kubikmetern. Der 1928 gegründete Zweckverband besteht aus den Mitgliedsgemeinden Deißlingen, Dietingen, Rottweil, Wellendingen, Frittlingen und Zimmern u.d.B.. Der Verband unterhält neben einem Wasserwerk im Neckartal elf Hochbehälter mit einem Gesamtspeichervolumen von 5650 Kubikmetern und ein Transportnetz von etwa 55 Kilometern Leitungslänge und 133 Schächten. 85 Prozent der Transportleitungen sind laut dem Fritz-Büro älter als 85 Jahre, 75 Prozent der Schächte weisen einen Handlungsbedarf auf. So kommen auf den Verband in den nächsten 20 Jahren erhebliche Aufwendungen für die Erneuerung und Modernisierung von Anlagen zu. Der Bau einer Ringleitung soll dabei mehrere Hochbehälter überflüssig machen. In einem Ausbaustufenplan wird der Aufwand bis 2034 auf 12,495 Millionen Euro beziffert, wobei 6,16 Millionen Euro als förderfähig angesehen werden.

Dass sich dieser Modernisierungsaufwand im Bereitstellungspreis für die beteiligten Kommunen niederschlägt, ist keine Frage. Seit 2016 liegt der Bezugspreis bei 1,50 Euro je Kubikmeter (1000 Liter). Ab 2018 dürfte er sich kontinuierlich nach oben bewegen. Die Zwei-Euro-Marke wird im Rahmen des Investitionsoboluses dabei nicht unbedingt die Obergrenze sein. Dabei ist aber auch zu vergegenwärtigen, dass im Land ein durchschnittlicher Wasserbezugspreis von etwa 2,20 Euro gilt, das teilweise überaus günstige Anzapfen von Schwarzwald-Quellen ist mithin kein allgemeingültiger Maßstab.

Bei seiner Verabschiedung vom Vorsitzendenamt dankte Frank Scholz Verbandspfleger Hans Mauch, der die Verbandskasse führenden Annette Hermann und Wasserwärter Michael Merz für ihr engagiertes Schaffen während seiner siebenjährigen Amtszeit.

Kommentar: Neue Ära

Von Winfried Scheidel

Frische Besen kehren besser: Dass diese Weisheit auch auf die gerade eingeläutete neue Ära beim Wasserzweckverband Oberer Neckar zutrifft, liegt nach den ernüchternden Bestandsaufnahmen der vergangenen Jahre zu maroden Strukturen und hilflosen Strategien auf der Hand. Die Zukunftsfähigkeit der vor fast 90 Jahren gebildeten Zweckgemeinschaft stand auf der Kippe. Jetzt haben sich die Kommunen wieder zusammengerauft. Die Aufbruchstimmung ist auch eng mit dem neuen Vorsitzenden Thomas Albrecht und dessen Vize Ralf Ulbrich verbunden. Die beiden Bürgermeister aus Wellendingen und Deißlingen verlangen nach professionellem Know-how für eine Ertüchtigung auf hohem Niveau. Ebenfalls sehr wichtig: Auch mit reichlich Bürgerinformationen soll zum langfristigen Erhalt des Neckarburgwassers als Lebensmittel Rückenwind gegeben werden.