Mitglieder des Umwelt-, Bau- und Verkehrsausschusses sprechen auf dem Felsvorsprung über dem Steinbruch über den möglichen Verlauf der Hängebrücke zur Innenstadt. Foto: Nädele Foto: Schwarzwälder-Bote

Tourismus: Projekt ins Stocken geraten / Stadt bevorzugt lange Variante – und zieht Alternative aus dem Hut

Besorgt oder interessiert – nicht erst seit der Eröffnung des Testturms kommt immer wieder die Frage auf, wie es um das Projekt Hängebrücke steht. Und auch nach dem Vor-Ort-Termin des Bauausschusses bleiben eher mehr Fragezeichen als Antworten.

Rottweil. Wenn Günter Eberhard inmitten von Stadträten auf dem Felsvorsprung steht, Richtung Innenstadt blickt und von einem "fantastischen Erlebnis" spricht, das künftig der Spaziergang über die Hängebrücke bieten wird, ist ihm die Begeisterung anzumerken. Er will die Verbindung realisieren, steht weiter mit ganzem Herzblut für die Idee. Gleichwohl wird auch deutlich: Eberhards Bemühungen zielen auf die kurze Variante mit 600 Metern Länge vom Bockshof bis auf den Felsvorsprung über dem Steinbruch. Diesen ersten Bauabschnitt will er verwirklichen. Steht indes weiter zu seinem Versprechen, dass der ergänzende 300 Meter lange Brückenschlag bis zum Schafwasen auf dem Berner Feld als zweiter Bauschnitt später folgen könnte. Könnte. Wenn denn in die Verhandlungen mit den privaten Grundstückseigentümern Bewegung käme – spricht sich die Preisvorstellungen annähern.

Investor arbeitet an Idee für alle Sinne

Oberbürgermeister Ralf Broß und Mitglieder des Umwelt-, Bau- und Verkehrsausschusses nutzten am Mittwochabend die Gelegenheit im Dickicht über dem Steinbruch, deutlich zu machen, dass für sie die ganze Verbindung bis aufs Berner Feld unverändert das eigentliche Ziel der Bemühungen darstellt. Sie scheinen zu befürchten, Eberhard könnte sich zu sehr auf die kurze Lösung konzentrieren. Auf dessen Rechenbeispiele zur Länge der Fußwege bis an den Turm wollten sich die Rottweiler Vertreter am liebsten gar nicht einlassen. Für Stadträtin Gabriele Ulrich (CDU) macht es eben einen Unterschied aus, ob 300 Meter auf einem Weg oder auf einer Hängebrücke erlebt werden.

Doch genau da setzen Eberhards Überlegungen an. "Für den Nutzer ist es doch egal, ob er 600 oder 900 Meter auf einer Brücke läuft", geht ihm eine Idee nicht mehr aus dem Kopf: "Wäre es nicht interessanter für die Besucher, wenn der Weg attraktiv gestaltet werden würde? Ich habe eine tolle Idee für alle Sinne." Schließlich geht es ihm darum, die Verweildauer der Touristen in Rottweil zu verlängern, also müsse ihnen was geboten werden.

Regelmäßig treffen sich das Projektteam, bespricht die weiteren Schritte im Verfahren und klärt, welche Fragen noch offen sind. Beim vergleichenden Blick nach Bad Wildbad, wo Eberhard ebenfalls eine Hängebrücke bauen will, legt sich in Rottweil so manche Stirn in Falten.

Kurz nach dem Bürgerentscheid war hier die Nachricht in die Euphorie geplatzt, dass Eberhard auch dort investieren will. Und: In Bad Wildbad geht es schneller voran. Dort könnte es mit dem Bau noch in diesem Jahr los gehen, in Rottweil ist derweil von Ende 2018 die Rede. Ist das Rottweiler Rekordvorhaben etwa auf der Prioritätenliste nach unten gerutscht?

In ihren Darstellungen, woran es denn liegt, dass kein Fortschritt zu vermelden ist, unterscheiden sich die Partner jedenfalls ziemlich. Eberhard will pragmatisch die Weichen für den ersten Bauabschnitt gestellt sehen, die Stadt tut sich hingegen schwer damit, den zweiten Abschnitt lediglich als Option für die Zukunft zu akzeptieren. Hinzu kommen die Verfahrensabläufe bis zu einem rechtskräftigen Bebauungsplan, die ganz eigene Anforderungen an die Beteiligten stellen.

Außenstehende könnten die Verhandlungen in dieser Gemengelage als festgefahren beschreiben: Der Investor, der einerseits erklärt, er würde nun gerne loslegen, die Stadtverwaltung andererseits, die mitunter monatelang auf Pläne wartet. Da scheint ein Gesprächsfaden gründlich verknotet zu sein.

Im Wettbewerb der Kommunen drängt Zeit

Durchaus knifflig ist die Situation für die Verwaltung. Wird der Investor verschreckt, weil zu viel Druck aufgebaut wird, könnte das das Aus für das Projekt bedeuten. Wird zu lange abgewartet, könnten andere Kommunen Rottweil zuvor kommen: nach dem Motto, noch eine weitere Hängebrücke braucht die Region nicht mehr. Bewegung in die Sache bringen könnte nun ein weiterer Investor, der laut Broß bereit wäre, das Verbindungsstück über die Straße Neckartal zum Berner Feld zu übernehmen und dafür die notwendigen Grundstücke zu kaufen.