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... kann ihm erst mal keiner was / Zahlreiche Fälle im Kreis / Prävention ist angesagt

Da kann einem morgens beim Blick in den Garten glatt die Kaffeetasse aus der Hand fallen: Aus dem Rasengrundstück ist über Nacht ein Acker geworden! Faustgroße Löcher reihen sich aneinander. Der Übeltäter ist schnell ausgemacht: ein Dachs.

Kreis Rottweil. Dass sich Wildtiere zunehmend gerne in bewohnten Gebieten bewegen, ist auch im Kreis Rottweil zu beobachten. Und wer wiederholt ungebetenen Besuch von einem Dachs bekommt, der auf der Suche nach Essbarem einen Rasen wie nach einem Rugby-Spiel zurücklässt, fragt sich: Was tun?

Tiere freuen sich über "gedeckten Tisch"

Kreisjägermeister Otmar Riedmüller hat eine ernüchternde Antwort parat: "Sie werden sich wohl mit dem Dachs arrangieren müssen." Das neue Landesjagdgesetz mache es schwierig, im besiedelten Raum auch bei großen Beeinträchtigungen durch Wildtiere etwas zu unternehmen. Gleichzeitig werde der Lebensraum in Siedlungen für die Wildtiere zunehmend interessant. Gerade der Dachs sei da sehr anpassungsfähig. "Wenn ihn mit Komposthaufen hinterm Haus und Katzenfutter auf der Terrasse ein gedeckter Tisch erwartet, darf sich der Mensch eigentlich nicht wundern."

Wöchentlich erreichen den Kreisjägermeister Anrufe von Bürgern, in denen es um Marder, Fuchs oder Dachs geht. Letzterer sticht mit seiner Nase auf der Suche nach Larven und Egerlingen große Löcher in den Rasen. Und scheint fast zu wissen, dass ihm in einer Wohnsiedlung als gesetzlich festgelegtem "befriedetem Gebiet" nichts passieren kann. Hinzu kommt, so Riedmüller, dass der Dachs außer dem Menschen und Autos keine natürlichen Feinde hat und die Population deshalb zugenommen hat. Auch Carl Jens Haas, Hegeringleiter in Schramberg, spricht von "sehr eingeschränkten Handlungsmöglichkeiten". Es gebe unter gewissen Voraussetzungen die Möglichkeit, Lebendfallen einzusetzen – aber auch hier gibt es zahlreiche Beschränkungen. Und gelingen muss es dann auch noch. Grundsätzlich sei empfehlenswert, die Gemeinde oder den örtlichen Jäger zu informieren, wenn es Probleme gibt.

Nach einem drastischen Fall von Dachsschäden in Aichhalden im vergangenen Jahr hatte auch Steffen Schmieder von der Unteren Jagdbehörde im Landratsamt von einem Thema mit zunehmender Brisanz gesprochen. Man wolle gemeinsam mit der Kreisjägervereinigung über Lösungen und Präventionsmaßnahmen sprechen, hieß es damals. Allerdings ist es dazu noch nicht gekommen. "Wir haben es auf der Agenda", so Schmieder auf unsere Anfrage. Man wolle die Bevölkerung durchaus unterstützen. Allerdings gibt er auch zu bedenken, dass das Problem nicht neu ist. "Das hat es auch früher schon gegeben – nur wurde dem nicht so eine große Bedeutung zugemessen."

Ähnlich sieht es auch Jürgen Wippel, Pressesprecher beim Ministerium für ländlichen Raum in Stuttgart. Mit dem Dachs sei es ein bisschen wie mit den Wespen. "Die will auch keiner auf der Terrasse haben – aber sie sind nun mal da." Wer Probleme mit Wildtieren hat, sollte zunächst selbst überprüfen, was getan werden kann, um Schaden zu vermeiden. Komposthaufen, auf denen Speisereste landen, seien ein großer Faktor. "Und letztendlich hilft ein Zaun schon auch." Der Gesetzgeber müsse auch dem Tierschutz Rechnung tragen.

Für Berthold Reinke, Hegeringleiter in Oberndorf, ist der Dachs ein großes Thema: "Wir haben im Pachtvertrag mit der Stadt Oberndorf, dass wir den Dachs zu bejagen haben – und das hat einen Grund", berichtet er. Schließlich richte der Dachs nicht nur in Gärten, sondern auch in der Landwirtschaft große Schäden an. Speziell im Maisfeld fange er schlau versteckt in Reihe zwei an, die Stengel umzudrücken und die Maiskolben anzufressen. "Er ist nicht sonderlich beliebt", meint Reinke. Bei Schäden in der Landwirtschaft habe der zuständige Jäger zwar für Wildschäden aufzukommen – nicht aber für jene durch den Dachs. Im Garten könne man versuchen, ihm durch Klo-Steine oder Buttersäure den Garaus zu machen.

Beliebte Beute: Dachsfett hilft bei Wundheilung

Reinke betont, dass grundsätzlich kein Tier "einfach so", getötet und etwa weggeworfen werde. Auch ein Dachs nicht. Und er verrät für den Laien Überraschendes: Der Dachs sei derzeit beliebte Beute, denn es gebe eine große Nachfrage nach ausgelassenem Dachsfett. Das enthalte Cortison und habe bei der Wundheilung enorme Wirkung. Heilpraktiker und Privatleute rufen deshalb regelmäßig bei ihm an – und auch Reinke selbst hat immer ein Töpfchen Dachsfett parat. Das Tier könne man außerdem auch essen: Dachsschinken komme langsam wieder in Mode. Das ist Überraschung Nummer zwei – und es wächst die Erkenntnis, dass es der Dachs echt in sich hat.