Bleifuß sorgt für Aufmerksamkeit. In der 20-Kilometer-Zone in Rottweil lassen es einige mit getunten Fahrzeugen vor allem an Wochenenden krachen. Foto: Führer

Für viele großes Ärgernis: Rottweiler Innenstadt wird abends immer mehr zur Spielwiese für Auto-Rambos.

Rottweil - Vor allem in den Abendstunden lassen sie es krachen: Angeturnt vom Sound ihrer getunten Lieblinge traktieren sie mit Bleifuß und durchgedrückter Kupplung ihre Umwelt. Die 20-Kilometer-Zone in der Rottweiler Innenstadt scheint sich immer mehr zur Spielweise für Auto-Rambos zu entwickeln. Das lärmende Macho-Gehabe nervt zusehends Anwohner und Stadtbesucher.

Zwischen Kreisverkehren wird gezeigt, was man unter der Haube hat

So etwa gegen 18 Uhr geht’s verstärkt los. Vor allem an Wochenenden will man zeigen, wie potent man unter der Motorhaube strukturiert ist. Einige der "Krach-Fahrer" scheinen auf dem "Rundkurs" zwischen den beiden Kreisverkehren Landratsamt und Nägelesgraben richtiggehend zu Hause zu sein. Bei dichterem Verkehr wird immer wieder ordentlich Abstand zum Vordermann gesucht, um dann kurzzeitig auf die Tube zu drücken. Das geht dann zuweilen weit über die im Kernstadtbereich zulässigen 20 Stundenkilometer hinaus. Aber auch bei durchgedrückter Kupplung röhrt der Motor prächtig, so scheint der Aufmerksamkeitseffekt immer gewährleistet.

Auffallend oft sind die getunten Renommierkarossen in anderen Kreisgebieten gemeldet. Nicht zuletzt BL- und TUT-Kennzeichen fallen auf.

Dass Tuttlinger Spaßfahrer Rottweil als Eldorado für ihr aufregendes Hobby ansehen, könnte auch daran liegen, dass die einst für solche Zwecke stark missbrauchte Tuttlinger Bahnhofstraße sich heute deutlich beruhigt zeigt. Im Pulk von 20 bis 30 Fahrzeugen sei es damals ohrenbetäubend rundgegangen, erinnert sich Dieter Popp, Pressesprecher beim Polizeipräsidium Tuttlingen.

Massiv habe die Polizei damals Gegenmaßnahmen eingeleitet. Geschwindigkeitsmessungen habe es gegeben. Ebenso Kontrollen zu "unnützem Herumfahren". Für beide Beanstandungen seien Geldbußen ausgesprochen worden. 15 Euro in der Regel. Wer notorisch als jemand in Erscheinung trat, der sich nur aus Jux und Tollerei lautstark mit seinem Wagen in Szene setzte, wurde der Führerscheinstelle gemeldet. Von dort gab es an den Angezeigten flugs den Hinweis, bei weiterer Bekanntmachung seiner Person durch die Polizei könne er schnell ein Kandidat für eine Führerscheinnachschulung werden.

Laut Dieter Popp hat das resolute Radaubrüder-Kontra in Tuttlingen gut gefruchtet. Seit einigen Jahren sei dort das Problem gelöst.

Nicht so in Rottweil, wie es die zunehmende Zahl der sich belästigt Fühlenden zu belegen scheint. So bekommt man von verärgerten Bürgern auch schon mal schnippisch zu hören, dass man bei Geschwindigkeitsmessungen für Tempo 24 in der 20-Stundenkilomter-Zone 15 Euro zu berappen habe, die vornehmlich in den Abendstunden zelebrierten verkehrlichen Ausraster aber offensichtlich keinerlei Konsequenz nach sich zögen. Da sei manch einer in der Tempo-20-Zone auch schon mal kurz mit 60 oder 70 Stundenkilometern unterwegs, echauffiert sich ein Beobachter über das vermeintliche Laissez-faire der Polizei und "das schnöde Abkassieren von ›Normalfahrern‹ bei gelegentlichen Tempomessungen", was angesichts des wilden Treibens in den Abendstunden völlig unangemessen sei.

Die dazu auch in den Raum gestellte Vermutung manch eines Bürgers, dass die Polizei gegen Abend – wie viele andere Zeitgenossen auch – in den Feierabendmodus gleite und deshalb die Streifenaktivität geringer werde, treffe überhaupt nicht zu. Polizeisprecher Popp betont dazu, auch mit dem Verweis auf eine normale Polizeipräsenz an Wochenenden: "Der Beamte, der um 18 Uhr die Schicht antritt, ist hoch motiviert und geht Problem-Sachverhalten gerne nach."

Auf die Frage, wieso dann in der Rottweiler Innenstadt zu den als besonders neuralgisch angesehenen Lärm-Zeiten im Straßenraum (an Wochenenden ab dem späteren Nachmittag in besonders auffälliger Weise) Polizeipräsenz kaum zu erkennen sei, gibt es beim Polizeipräsidium die Auskunft, dass das Ärgernis in Rottweil bisher nicht als besonderes Problemfeld ausgemacht worden sei. Soll heißen: Das nervtötende innerstädtische Motorgekrache ist bei der Polizei bisher nicht als alarmierend hoch eingestuft. Vielleicht auch, weil sich belästigt Fühlende meist nicht bei den Ordnungshütern ausweinen wollen und damit das Problembewusstsein auf der Polizeistelle auch nicht gerade schärfen.

Das Aufgabenfeld für die Beamten sei weit gesteckt, da gelte es immer wieder Prioritäten zu setzen, sagt Dieter Popp.