Grafik: Schaudt Architekten

Mehrheit des Gemeinderats fasst Aufstellungsbeschluss und gibt Investor grünes Licht.

Rottweil - Für das Neckar-Center ist ein weiterer Schritt getan. Der Gemeinderat hat gestern Abend den Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan gefasst – nach heftigen Diskussionen.

Schon in der Sitzung des Umwelt-, Bau- und Verkehrsausschusses vergangene Woche hatte sich abgezeichnet: Die Stadträte sind sich uneinig. Weniger in der Frage, ob der jetzt vorliegende Entwurf für das Wohn- und Geschäftshaus noch etwas mit der ursprünglichen Intention für das "Filetstück" am Nägelesgraben gemein hat oder nicht. Dazu herrscht weitgehend die Meinung vor, dass sich die Pläne des Investors Activ-Group im Lauf der zurückliegenden vier Jahre verändert haben. Streit gab es um die Konsequenzen daraus.

Von der Fraktion der Freien Wähler lag deshalb der Antrag vor, der Activ-Group das Heft wieder zu entziehen. Aus zwei Geschäftsgeschossen und einen Wohngeschoss seien mittlerweile ein Geschäftsgeschoss – für den Müller-Markt – und drei Wohngeschosse geworden, erklärte Martin Hielscher die Beweggründe seiner Fraktion. Dabei suchte er nicht nach einem Schuldigen für die Entwicklung, sondern stellte einfach in Frage, ob nicht ein neuerlicher Anlauf mit einem neuen Investor zielführender wäre. "Wenn ich Fisch bestelle und ein gutes Stück Fleisch bekomme", verglich er die Situation mit einem Restaurantbesuch, dann könne das Fleisch lecker sein – aber es sei eben nicht geordert gewesen. "Ist unser Hunger so groß, dass wir es trotzdem essen?"

Nun, die Mehrheit der Stadträte wollte diesen Schritt zurück auf Start nicht mitgehen. Ralf Armleder (SPD) und Heide Friederichs (FFR) schlossen sich den sieben FWV-Räten an, 15 stimmten gegen den Antrag. Seit mehr als zehn Jahren sei die Stadt an der Entwicklung des früheren Bauhof-Geländes, wollte Günter Posselt auf der Zielgeraden nicht abbrechen und von vorne beginnen. Zudem: "Ein Zwölf-Jahres-Mietvertrag für einen Müller-XXL" war für den CDU-Sprecher ein gewichtiges Argument.

Die vage Aussicht auf etwas besseres

Auch Posselts SPD-Kollege Arved Sassnick oder FFR-Stadtrat Reiner Hils sahen nicht wirklich eine Alternative. Zu vage erschien ihnen die Aussicht, "etwas besseres zu bekommen" (Sassnick). Und überdies warnte der Sozialdemokrat vor der Außenwirkung eines solchen Rückziehers bei künftigen Investorensuchen. "Wir haben keinen anderen an der Hand", machte Michael Gerlich (FDP) deutlich.

Für manchen im Gremium ist die Aussicht auf mehr Wohnungen – 29 sind geplant – gar kein Grund, das Projekt zu kritisieren. Hubert Nowack (Grüne) begrüßte ausdrücklich das zusätzliche Geschoss. Mehr Bewohner in der Innenstadt stärkten hier schließlich auch die Kaufkraft. Das Stichwort "Innenstadtverdichtung" fiel in der Diskussion ebenfalls mehrfach.

18 Ja- und sieben Nein-Stimmen zählte Oberbürgermeister Ralf Broß am Ende – für den Aufstellungsbeschluss. Um den war es in der Sitzung des Gemeinderats gestern schließlich eigentlich gegangen. Die Debatte erinnerte Broß aber in Teilen mehr an die Abwägungsrunde, die ganz am Ende des Bebauungsplanverfahrens ansteht. Trotzdem wich der Oberbürgermeister keiner Frage aus, ließ Fachbereichsleiter Lothar Huber immer wieder zu Anregungen Stellung nehmen, die sich mit dem Anlieferungsverkehr, der Zahl der Stellplätze in der Tiefgarage, der Kubatur des Baus oder auch dem Baumbestand beschäftigten. Huber versuchte dabei, den Blick fürs Ganze im Fokus zu halten. "Merkt das jemand, wenn da ein Lastwagen mehr fährt?", fragte er bewusst provokant und machte klar: Wer diesen Markt in der Innenstadt wolle, müsse diesen Lkw akzeptieren.

Schreiben aus der Nachbarschaft

Die Belange der Nachbarn jedenfalls sieht Nowack berücksichtigt. Die neue Planung bringe für diese mehr Vor- als Nachteile. Indes liegt der Stadt ein Schreiben aus der Nachbarschaft vor, mit der Frage, ob die Stadt nicht gegen Wettbewerbsbeschränkungen verstoße. Doch Bürgermeister Christian Ruf sieht da aus juristischer Sicht keine Probleme auf die Stadt zukommen.