Ernst Lipp, Wolfgang Schupp, Lena Schlecht und Adelinde Lipp (von links) bauen die Krippenlandschaft in St. Silvester Bühlingen auf. Das bedeutet zwei Tage lang Arbeit, aber die Truppe ist mit viel Freude dabei. Foto: Schickle

In St. Silvester wird schon Aufbau der Krippe zum Erlebnis. Exemplar in Kapellenkirche fast 300 Jahre alt.

Rottweil - Ohne Worte erzählen Krippen die Geschichte von Jesus Geburt, auch in Rottweiler Kirchen. Bei manchen ist nicht nur der Anblick, sondern bereits der Aufbau ein Erlebnis – etwa in St. Silvester Bühlingen.

Bevor es in St. Silvester Weihnachten werden kann, wird zwei Tage lang gearbeitet. Dabei geht es in der Bühlinger Kirche zwar (noch) nicht unbedingt feierlich, aber dafür umso launiger zu. Eine kleine Truppe ist dabei, die Krippe aufzubauen. Wobei, eigentlich sind es mehrere, und bis die Einzelteile erst mal von der Bühne herunter sind, spielt sich schon die "größte Komödie" ab, erzählt Ernst Lipp verschmitzt. Er und seine Frau Adelinde sind das Mesnerpaar in St. Silvester, und in den Aufbau der Krippe haben die beiden ihre halbe Nachbarschaft eingebunden. "Es ist rührend", sagt die resolute Mesnerin. Wolfgang Schupp und Horst Gilles helfen an dem Tag mit, dazu kommt Oberministrantin Lena Schlecht. "Das ist die Wichtigste, denn das ist die nächste Generation", sagt "die Chefin" über die 18-Jährige.

Zwei Tage lang sind die Helfer mit Aufbau und Putzen beschäftigt, aber dass die Truppe Spaß an ihrer Arbeit hat, ist offensichtlich. Das fängt schon beim Moossammeln an, das die Lipps immer mit einem Ausflug verbinden. Jetzt ziert das Grün den Hügel, den sie aus Brettern, Kisten, Ästen und Wurzeln im Kirchenraum geschaffen haben. Dort wird sich die Weihnachtsgeschichte ab heute abspielen.

Gleich zwei Miniaturställe besitzen die Bühlinger. Den einen hatte einst Pfarrer Blochinger, der als Pensionär im Rottenmünster lebte, geschaffen, erzählen die Lipps. Der andere stamme vom früheren Prälat Singer, einem gebürtigen Altstädter. Einen Teil seiner Figuren hat die Kirchengemeinde vor rund 30 Jahren geerbt. Deren Gesichtszüge gleichen Singers Verwandten in Maria Hochheim bei Böhringen. Und dann gibt es da noch die alten Gipsfiguren, die seit Jahrzehnten einfach zu Weihnachten in Bühlingen gehören. Die Lipps können viele Geschichten erzählen über die Krippe, die sie seit über 20 Jahren aufstellen. Auch über die kleinen Holzbrunnen, -brücken oder das Schild, das nach Bethlehem weist: Diese Requisiten hatte vor ein paar Jahren der Opa eines Ministranten gefertigt – im Jahr darauf ist er gestorben.

Jedes Jahr sieht die Krippe in St. Silvester anders aus. "So, wie es sich gerade ergibt", erzählt Ernst Lipp. Da hat es Klaus Wydra, Hausmeister im Rottweiler Konvikt, etwas einfacher. Er stellt seit 13 Jahren die Brettkrippe in der Kapellenkirche auf. Sie wirkt wie eine Theaterkulisse: Auf das hinterste Brett ist Josef aufgemalt, davor stehen Maria, zwei Hirten und das Kind. Diese Krippe dürfte in den 1730er-Jahren entstanden sein und wird dem Jesuitenbruder Joseph Firtmair, von dem die Deckenfresken in der Kapellenkirche stammen, zugeschrieben, wie Ingeborg und Bernhard Rüth in ihrem "Schwäbisch-alemannischen Krippenbuch" erklären. Sie sei die älteste Brettkrippe im schwäbischen Raum und ein Werk barocker Illusionsmalerei.

Wydra hievt zuerst das Holzpodest auf den Xaverius-Altar, dann steckt er die einzelnen Bretter hinein – fertig. Lediglich am 6. Januar muss er umbauen: Einer der Hirten weicht den heiligen drei Königen. Für den Hausmeister gehört der Aufbau der Krippe inzwischen einfach dazu. Schon zu Hause, als er ein Kind war, hätten die Eltern immer eine aufgestellt, erzählt er. "Da waren noch Esel dabei." Die gibt es in der Kapellenkirche nicht, dafür umranken Trauben die Futterkrippe von Jesus und die Säulen im Hintergrund.

Für Klaus Wydra ist der Aufbau der Krippe etwas Schönes, er bedeute Weihnachten – und Urlaub. "Für mich ist das der letzte Akt des Jahres", sagt er.

Für das Mesnerpaar Lipp sieht das freilich anders aus angesichts all der Gottesdienste über die Feiertage. "Wir tun viel für die Kirche, aber wir kriegen auch viel zurück", meint Adelinde Lipp. Und wenn das Paar dort heute das Christuskind in die Krippe stellt, dann kann es in St. Silvester Heiligabend werden. Ein Teil der Freude und des Friedens, die sie angesichts dessen spürt, wünscht sie an Weihnachten allen Menschen, sagt die Mesnerin.