Die Oberamteigasse 10. Das Gebäude steht unter Denkmalschutz und in direkter Nähe zur Jugendherberge. Foto: Schulz Foto: Schwarzwälder-Bote

Stadt kriegt Gebäude seit zwei Jahren nicht los / Jugendherberge als möglicher Nutzer hat spezielle Vorstellungen

Von Armin Schulz

Rottweil. Gute Lage, schlechter Zustand: das Gebäude in der Oberamteigasse 10. Hinzu kommen Vorstellungen des zukünftigen möglichen Mieters, der benachbarten Jugendherberge, die manchen Interessenten abschrecken. Und auch manche Stadträte sind skeptisch, ob dieser Kurs der richtige ist.

Im Herbst vor zwei Jahren hat die Stadt das denkmalgeschützte Gebäude Oberamteigasse 10 zum Verkauf ausgeschrieben. Der höchst Bietende sollte es erhalten. Oberbürgermeister Ralf Broß meldete, es gebe bereits erste Interessenten. Die Gebote sollten damals zwischen einem Euro und einem höheren fünfstelligen Betrag gelegen haben. Das Nutzungskonzept: Wohnungen und eventuell ein Café im Erdgeschoss.

Das Gebäude wurde 1893 erbaut und beherbergte eine Wein-Wirtschaft und ein "Solbad", berichteten wir damals. Die Entscheidung über den Verkauf des historischen Gebäudes sollte Ende November 2012 gefällt werden.

Doch es hat sich nichts getan in den zwei Jahren, außer dass das Haus weiter verfallen ist. Mit ein Grund dürften die neuen, verschärfte Nutzungsbedingungen sein. Diese wiederum wurden offensichtlich durch den Streit zwischen Stadtverwaltung, Jugendherbergswerk und Bürger Thomas Pahl um die Nutzungszeiten des Bolzplatzes ausgelöst (wir berichteten mehrfach). Nachdem sich nun dort eine Lösung durch eine entsprechende Änderung der Baugenehmigung abzeichnet, könnte sich auch für die Oberamteigasse 10 eine andere Lösung anbieten.

Noch ist es aber nicht so weit. Noch ist es so, dass sich die Stadtverwaltung von der Idee, in dem denkmalgeschützten Gebäude ein Café und Wohnungen unterzubringen, verabschiedet hat. In diesem November hieß es, aufgrund der exponierten Lage und der unmittelbaren Nachbarschaft zur Jugendherberge sei eine Kooperation mit der Jugendherberge naheliegend und für die Stadt auch wünschenswert. Doch das ist ein Problem.

Während der zwei Jahre hat das Gebäude gelitten. Es verfällt mehr und mehr, weshalb die Preisvorstellungen rapide nach unten korrigiert worden sind. Ein Investor könnte das Gebäude zum symbolischen Preis von einem Euro bekommen, so die Stadtverwaltung.

Einer dieser Interessenten war nicht nur Thomas Pahl, der streitbare Bürger, sondern auch Stadtrat Jörg Stauss. Zusammen mit Stephan Merz – er hat eine Marketingfirma in der Schramberger Straße und ist, so Stauss, sehr erfahren in der Sanierung alter Häuser – hat er ein Gebot abgegeben.

Doch als die beiden von den Vorstellungen des von der Stadt bevorzugten Mieters gehört haben, zogen sie zurück.

Die Vorstellungen sind sehr detailliert. Der Geschäftsführer des Jugendherbergswerks im Land, Karl Rosner, äußerte gegenüber Pahl bereits im Mai 2014: Die Nutzung sollte drei Wohngeschosse sowie das Untergeschoss (UG) für Jugendherbergszwecke umfassen. Im UG stellte sich Rosner Freizeit- und Kulturräume mit guter Bodenqualität vor, im Erdgeschoss unter anderem Seminarräume, in den beiden Geschossen darüber Gästezimmer und Appartements für insgesamt 28 Gäste.

Der Vermieter sollte neben drei Parkplätzen auch für eine Brandmeldeanlage und die Herstellung von Rettungswegen, freilich in Absprache mit den Denkmalbehörden, aufkommen. Als Miete könne er sich einen Betrag von fünf Euro pro Quadratmeter vorstellen, so Rosner.

Wirtschaftlich sei das nicht darstellbar, begründet Jörg Stauss seinen Rückzieher. Aus demselben Grund hatte auch Pahl sein Interesse zurückgezogen. Stauss versteht nicht, warum das Gebäude durch derart detaillierte Nutzungsvorschriften versehen und eingeschränkt werde. Stauss, Inhaber von "Auge und Ohr" in der Hauptstraße, hatte etwas anderes mit dem Gebäude vorgehabt: eine Passage, einen Geschenkladen, Café, Ferienwohnungen. Der Geschäftsmann sagt über sich selbst, sein Herz hänge an der Innenstadt, weshalb er hier wohne und arbeite.

Auch andere Stadträte, mit denen wir im Gespräch waren, die ihren Namen in der Zeitung jedoch nicht lesen wollen, äußern Unverständnis über das Vorgehen der Stadtverwaltung. Sie glauben nicht, dass sich ein Investor derart unterjochen lasse und sich unter diesen Voraussetzungen überhaupt ein Interessent melden werde.