Ortscheck: Oberrotenstein hat bewegte Geschichte / Heute Arbeitsstätte und Wohnhaus von Tobias Kammerer

Von Stefanie Siegmeier

Rottweil-Hausen. Als renommierter Kirchenkünstler ist Tobias Kammerer häufig unterwegs. Viele Gotteshäuser im In- und Ausland sowie öffentliche Gebäude hat er gestaltet, beispielsweise die St.-Katharinen-Kirche in Kiew oder die St.-Pauls-Kirche in Odessa.

Ist er nicht unterwegs, dann ist er auf dem Oberrotenstein bei Hausen zu finden. Hier in dem Gebäude aus dem 1920er-Jahren, das eine bewegte Geschichte hinter sich hat, kommt er zur Ruhe, kann abschalten. Hier lebt er mit seiner Familie, hier arbeitet er auch. Wohnräume und Arbeitsräume liegen direkt nebeneinander. "Ideal", findet Kammerer.

Gebaut wurde das schmucke Schindelhaus von der Unternehmerfamilie Adt. Auch der benachbarte Hof wurde von der Familie bewirtschaftet. "Doch sie waren evangelisch. Und das war hier im katholischen Hausen schwierig", erzählt Kammerer, der etwas in der Geschichte des Hauses gekramt hat. Nachdem die Familie Adt den Oberrotenstein verlassen hatte, wurde das Gebäude zum Seniorenhaus. So werden es viele Hausener noch in Erinnerung haben.

1980 wurde es schließlich ans evangelische Dekanat verpachtet, und fortan fanden hier kirchliche Kinder- und Jugendfreizeiten statt. 1999 erwarb Kammerer das Gebäude, das oberhalb des Eschachtals und den Überresten der alten Burg Oberrotenstein thront. Zwei Burgen habe es im Mittelalter in Hausen gegeben. Den Wildenstein und den Oberrotenstein. Der Wildenstein wurde früh zerstört, die Burg Oberrotenstein gab es bis 1918. "Dass sie abgetragen wurde, ist schon sehr traurig", bedauert Kammerer. Die Burg könnte ihren Namen eventuell wegen der Verwendung des roten Sandsteins bekommen haben, vermutet er. Die verbliebenen Epitaphsteine der Burg hat er vor seinem Wohnhaus aufgestellt.

Als Kammerer den Oberrotenstein erwarb, sei das Gebäude völlig eingewachsen gewesen. Tannen und eine hohe Hecke versperrten die Sicht. Doch der Sturm Lothar sorgte schließlich für freien Blick. "Das war gar nicht so schlecht, denn so konnte ich nebenan mein Atelier bauen, da es dann dort plötzlich eine freie Fläche gab", erzählt er schmunzelnd.

Die Malereiin die Wiege gelegt

Das Atelier, für das Kammerer einen Architekturpreis erhielt, nutzt er für seine Malerei. Im Wohnhaus hat er weitere Zimmer belegt, in denen er konstruiert, Modelle baut und dergleichen. Kammerer, in fünfter Generation einer Rottweiler Malerfamilie aufgewachsen, wurde quasi zwischen Farbtöpfen groß.

"Ich habe als Kind schon Farben gemischt. Und mein Vater hat in vielen Kirchen gemalt. Da war ich immer dabei", erzählt er. Mit 14 Jahren habe er seine Malerlehre in Wien begonnen. "Es gab gar keine Alternative. Ich war stark vorgeprägt, bin aber zum Glück in dieser Arbeit aufgegangen." Mit 17 Jahren besuchte er dann die Akademie der Bildenden Künste in Wien und studierte bei Arik Brauer und Josef Mikl freie Malerei. Nach dem Abschluss folgten das Studium der Bildhauerei bei Bruno Gironcoli und ein Architekturstudium.

Gemalt hat Kammerer bereits seit seiner Kinderheit. Früh habe er sich auch auf großflächige Malerei festgelegt. Zur Glaskunst sei er mehr oder weniger zufällig gekommen. Es sei nach dem Kirchenbrand in Neukirch gewesen. Da habe es einen Künstlerwettbewerb gegeben. Sein Vater habe ihn aufgefordert, sich zu beteiligen. "Ich habe darauf meine Entwürfe für Glaskunstfenster abgegeben und den Zuschlag bekommen. So durfte ich 14 Fenster gestalten". Danach habe es sich schnell herumgesprochen mit der Glaskunst, die heute ein großer Bestandteil seiner Arbeit ist. Mittlerweile tragen unzählige Kirchen die Handschrift des Rottweiler Künstlers.

Was fasziniert an der Arbeit in Kirchen? "Dass ich Kunstgenre übergreifend tätig sein kann. Einen ganzen Raum in den Griff zu nehmen und zu gestalten, das ist ein Novum. Und die Kirche ist ein solider Auftraggeber", so Kammerer. Man könne auf hohem Niveau tätig sein. Und das fasziniere und animiere ihn gleichermaßen. Erst kürzlich hat er die Kapelle des Oberndorfer Seniorenheims gestaltet, auch die Rottweiler Friedhofskapelle trägt seine Handschrift. Und demnächst ziert eine Stele von ihm den Hausener Friedhof.

Die beiden weiteren Stelen gestalten Angela M. Flaig und Josef Bücheler. Während hier auf dem Friedhof die Stelen installiert werden, ist Kammerer schon wieder unterwegs: Ein großer Auftrag im Bistum Augsburg steht an.