Auf dem Rottweiler Schulgelände herrscht gähnende Leere. Viele Lehrer und Schüler hat die Krippe erwischt. Fotos: Kalaene/Schickle Foto: Schwarzwälder-Bote

Rottweil bleibt von Streiks der angestellten Lehrer verschont, dafür schlägt die Grippewelle mit aller Macht zu

Von Verena Schickle

Rottweil. Die angestellten Lehrer in der Republik streiken. Von diesem Problem bleiben die Rottweiler Schule jedoch verschont, weil es vor allem verbeamtete Kollegen sind. Statt der Streik- grassiert die Grippewelle.

Der Streik angestellter Lehrer bereitet Willy Schmidt, Rektor der Konrad-Witz-Schule, kaum Kopfzerbrechen. An seiner Einrichtung gibt es keinen solchen Fall, überhaupt halte sich die Zahl der angestellten Lehrer im Haupt-, Werkrealschul- und Realschulbereich in Rottweil in Grenzen. "Ein größeres Problem ist momentan die Grippewelle", rund zehn Prozent des Kollegiums sind erkrankt, erklärt Schmidt. Wenn bei über 50 Pädagogen plötzlich sechs fehlen, bedeutet das Überstunden. Die Vertretungspläne seien knüppeldick. "Bei uns machen zurzeit fast alle Mehrarbeit." Im äußersten Notfall müssten Schüler schon mal eine Stunde früher heimgeschickt werden.

"Die Versorgung der Schulen bei Ausfällen ist ein Riesenthema", erklärt der Rektor. Das Defizit sei groß. Bei langfristig erkrankten Lehrern schicke das Schulamt Ersatz – wenn es jemanden bekomme. Solche Krankheitsvertretungen über längere Zeit übernehmen typischerweise angestellte Lehrer: Springer dieser Art sind auf dem flachen Land aber schwer zu finden, erklärt Willy Schmidt. "Das ist ein strukturelles Problem." Dem Land sei es bekannt, die Deputate seien auch erhöht worden. Allerdings: Wo nichts ist, kann man nichts holen. Die Krankheitsversorgung sollte von vornherein in die Lehrerversorgung mit eingerechnet werden, fordert er. Die übrige Zeit könnten die Extra-Lehrer dann in Förderunterricht oder Einzelbetreuung investieren.

Schmidt hat ein Kontingent von 70 Stunden pro Jahr für sogenannte Handschlagsverträge: Damit holt er pensionierte Lehrer oder Lehrer in Elternzeit zurück, um notfalls einzuspringen. Doch das Kontingent sei relativ klein für eine große Schule.

Auch Paul Bauer hat andere Sorgen als den Pädagogen-Streik. "Die Gymnasien haben so gut wie keine angestellten Lehrer", erklärt der Direktor des Droste-Hülshoff-Gymnasiums. Es gebe lediglich solche, die für ein Jahr angestellt sind, aber bereits wissen, dass sie dann ins Beamtenverhältnis übernommen werden. Vielmehr plagt auch das DHG die Krankheitswelle. Zuerst, erzählt Paul Bauer, "hatten wir nur halbe Klassen". Sprich: Die Schüler waren krank. "Jetzt sind die Lehrer dran." Gut jeder siebte Kollege falle aus, er schätzt. "Ich bin selber auch angeschlagen, mein Stellvertreter auch", erzählt der Oberstudiendirektor.

Er allerdings hat keinen Pool für schnellen Ersatz im Krankheitsfall. Darüber hinaus sei für manche einfach kein Ersatz zu bekommen in der Gegend. Als Beispiel nennt er einen katholischen Religionslehrer. Für diesen ist schlicht keine Aushilfe zu finden.

Axel Rombach, Leiter der Nell-Breuning-Schule (NBS), hatte gestern ebenfalls mit Ausfällen zu kämpfen. "Die Grippewelle hat uns so stark getroffen, wie ich es in den letzten 25 Jahren nicht erlebt habe." In den vergangenen Wochen fehlten bis zu zehn Prozent des 130 Mann starken Kollegiums gleichzeitig. Auch die NBS versucht, das Problem zu schultern, dennoch lassen sich Unterrichtsausfälle nicht immer verhindern. "Das gefällt mir natürlich nicht." Dafür gefällt ihm umso besser, dass er Kollegen hat, die spontan bereit sind einzuspringen. Doch auch er beklagt wie Willy Schmidt: "Wir haben für Ausfälle keine Reserven." Fachlehrer sind eben erst recht nur schwer zu ersetzen. Dafür ist die NBS bisher von Streiks verschont worden. Dabei gibt es gerade an beruflichen Schulen etliche angestellte Lehrer: circa 16 Prozent, sagt Rombach über seine. Das liege zum einen daran, dass Experten dort unterrichten – etwa Ärzte an zwei bis vier Stunden pro Woche. Zum andern gibt es Lehrer, die zuerst in der Wirtschaft gearbeitet haben, und jetzt ihr Wissen weitergeben. Manche sind beim Einstieg schlicht zu alt, um noch verbeamtet zu werden – die Grenze liegt bei 45 Jahren. Und es gibt eben die Krankheitsvertretungs-Fälle, die Verträge für ein Schuljahr erhalten. "Auf die sind wir dringend angewiesen", erklärt Rombach.

Vergleichen lasse sich das Angestellten- mit dem Beamtenverhältnis nicht, befindet der Schulleiter. "Wobei ich nicht sagen kann: Das eine ist besser oder schlechter." Eines allerdings hofft er: Dass die Tarifparteien sich schnell auf dem Verhandlungsweg auf ein faires Ergebnis einigen. Darüber hinaus können Axel Rombach und seine Kollegen wohl vor allem eins gebrauchen: Gesundheit.