Manipulierte Zirkus-Werbeplakate mit der fälschlichen Aussage "abgesagt". Foto: Grießhaber/Adolph

Zirkus Charles Knie über Vorwürfe der Tierquälerei: "Tiere sind wie meine Kinder." Haltung hat sich verändert.

Rottweil - Kaum angekommen und schon das erste Ärgernis. Seit Montag gastiert der Zirkus Charles Knie in Rottweil. Während die Zirkusleute mitten im Aufbau der Zelte stecken, beschmieren Unbekannte Werbeplakate des Zirkusses und verursachen damit einen Sachschaden von mehreren tausend Euro. Grund für die Schmierereien ist das derzeit heiß umstrittene Thema Tiere im Zirkus. Was ist dran an den Vorwürfen, die Tierhaltung im Zirkus sei Tierquälerei? Ich war vor Ort und habe mich umgeschaut.

Als ich auf dem Parkplatz vor der Stadthalle ankomme, werde ich vom lauten Gebrüll der Seelöwen begrüßt, deren Schwimmbecken sich direkt vor mir befindet. Überall um das große Zirkuszelt herum sind Zäune und Wohnwagen aufgestellt.

Sichtlich verärgert über die Beschädigung zeigt Pressesprecher Patrick Adolph mir die verunzierten Plakate, die vor dem Zirkus auf der Wiese liegen. Auf einige haben die Täter Zettel geklebt, die den Ausfall der geplanten Vorstellungen ankündigen. "Die Telefone sind heiß gelaufen", erzählt Adolph, "da viele bereits Karten für die Vorstellungen gekauft hatten". Gegen die Täter habe der Zirkus nun Anzeige erstattet.

Um mich herum stecken alle mitten im Aufbau des Zirkuszeltes. Überall liegen Kabel und Seile, man muss aufpassen, wo man hintritt. Vor dem unfertigen Zelt begrüßen mich Emanuel und Vanessa, zwei Artisten, die in ihren Rollschuhen eine kleine Showeinlage hinlegen. Man sieht: Die Geschwister haben Spaß bei dem, was sie da machen. Trotzdem hätten sie neben den täglichen Proben noch genügend Freizeit, meinen die beiden.

Dies bestätigt auch Tom Dieck, Raubtierlehrer, den ich als nächstes kennenlerne. Wenn seine Tiere die Nummern erst mal könnten, seien die täglichen Vorstellungen genügend Training. So haben Dieck und seine Schützlinge gerade einen freien Tag, der "Mensch und Tier auch mal gut tue".

Und das sieht man den Löwen, Tigern und Ligern (eine Mischung aus Löwe und Tiger) auch an. Hinter den Gittern ihrer Käfige, die nebeneinander stehen, dösen die Raubkatzen vor sich hin. Die Gehege sind mit Stroh und Baumstämmen ausgestattet. Durch eine Luke können die Tiere in die angrenzenden Wägen klettern. Diecks Wohnwagen steht direkt hinter dem seiner Raubkatzen.

Nachdem er mit Tigerdame Delhi gekuschelt hat, spricht Dieck aus, was ohnehin bereits offensichtlich ist: "Die Tiere sind wie meine Kinder", meint er. Alles drehe sich nur um sie. Deswegen, meint der Raubtierpapa, sollten sich Kritiker selbst ein Bild machen, bevor sie ein Urteil fällen, und nicht blind auf veraltete Fotos und Gerüchte vertrauen. Denn die Vorwürfe der Tierquälerei seien falsch.

Die Tierhaltung habe sich mittlerweile verändert, fährt er fort. Es gebe keine offenere, kontrolliertere Tierhaltung, als einen Zirkus. In jedem Gastspielort, also 47 mal pro Jahr, werde der Zirkus von Amtsveterinären überprüft, berichtet Dieck. Folglich gebe es in Deutschland keine Missstände in der Haltung von Zirkustieren mehr.

Die Tierrechtsorganisation Peta sieht das anders. In einer Pressemitteilung kritisiert sie die Stadtverwaltung Rottweil dafür, dass sie dem Zirkus eine Gastspielgenehmigung erteilt hat. Der Zirkus Charles Knie sei seit Jahren für tierquälerische Praktiken wie das Festbinden der Beine von Elefanten bekannt. Einer der Elefantenhalter des Zirkusses sei erst vor wenigen Wochen wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz zu einer Geldstrafe verurteilt worden, so Peta. Außerdem würden die Zirkustiere unter den Strapazen der vielen Ortswechsel leiden.

Die vom Zirkus Charles Knie an Elefanten durchgeführten Stresstests würden ein anderes Ergebnis zeigen, meint Adolph hingegen. Der Cortisol-Wert der Tiere habe nachgewiesen, dass diese nicht unter Stress stünden.

Gegen Ende meines Besuches fahren wir zum Gehege besagter Elefanten, das sich ein wenig außerhalb befindet. Die Elefanten stehen auf einem großen, eingezäunten Stück Wiese mit Aufenthaltszelt. Als ich einen der Dickhäuter unter Aufsicht seiner Pfleger, die direkt nebenan wohnen, streicheln darf, steht er gelassen neben mir. Klar, er kann mir nicht sagen, wie es um ihn steht. Dennoch: Augenscheinlich scheint alles in Ordnung zu sein.