Ute Bott vor dem Eingang zu dem von ihr und ihrem Mann zur Verfügung gestellten Wohnheim. Foto: Scheidel Foto: Schwarzwälder-Bote

Flüchtlinge: Standortwechsel schüren Ängste / Betreiberin eines Übergangswohnheims sieht Rochade in Rottweil mit großer Skepsis

Im Kreisgebiet bewegt sich die Zahl der Flüchtlinge weiterhin zwischen 2300 und 2400: Der Druck, Beherbergungsmöglichkeiten zu finden, wurde von anderen Herausforderungen abgelöst. Das Management für eine Zukunftsgestaltung der oft noch sehr orientierungslosen Menschen erweist sich zusehends als Herkulesaufgabe.

Kreis Rottweil. Die Situationsbeschreibungen zu den Gegebenheiten vor Ort sind vielfältig. Alltagsprobleme gibt es zuhauf, was nicht zuletzt auch der Enge in den Unterbringungen geschuldet ist. Sieben Quadratmeter pro Person klingt beim Blick aufs Vorschriftenblatt noch ganz passabel. Beim Besuch von Unterkünften zeigt sich die Enge des Miteinanders drastisch. Ein Zimmer für drei bis fünf Personen. Im Normalfall. Über lange Zeiträume. Das schlägt aufs Gemüt. Bei einer solchen häuslichen Basis wird Integration nicht gerade einfach.

Dennoch: Das Sozialamt des Landkreises hat bei der Unterbringung von Flüchtlingen Rahmenbedingungen geschaffen, die im Landesvergleich als überdurchschnittlich gelten. Dank des dezentralen Unterbringungskonzepts im gesamten Landkreis konnte selbst in der ganz heißen Zuwanderungsphase auf Hallenbelegungen verzichtet werden.

Die Anmietung von Wohnraum durch den Landkreis beinhaltet auch einen Puffer, eine Platzreserve, sollten doch noch weitere Menschen untergebracht werden müssen. Mit diesen Raumvoraussetzungen gelte es jetzt zu leben, sagt Sozialdezernent Bernd Hamann.

Dazu gehören auch Platz-Rochaden, wie sie jetzt in Rottweil in die Wege geleitet werden. Diese zeigt sich schon im Vorhinein als suboptimal. Ob’s dennoch funktioniert? Hamann hofft, und geht davon aus, dass sich die Menschen auch mit der neuen Situation arrangieren können, obwohl es sich um äußerst schutzbedürftige Flüchtlinge handelt. Weil ein Investor für das Alte Spital in Rottweil große Hotel-Pläne schmiedet, soll die etwa 50-köpfige vor allem aus Frauen und Kindern bestehende Gruppe ins Neckartal in Rottweil. In ein Gebäude der Familie Bott/Nowack. Für die dort bisher beherbergten 40 Menschen sind andere Unterkünfte vorgesehen, größtenteils in Gebäuden in Lauterbach.

Ute Bott wehrt sich gegen dieses Umsiedlungskarussell. Das tue den Menschen, die sich oft nur schwer an ein neues Umfeld gewöhnten,nicht gut. Außerdem sei ihr eigenes Raumprogramm für die Zahl der neuen Bewohner zu beengt, betonte sie auch am Mittwoch in der Sitzung des Rottweiler Gemeinderats und appellierte, wie berichtet, die Stadt solle ihrer Verantwortung gerechter werden.

Doch, wie gesagt: Der Landkreis sieht sich nicht in der Lage, über den von Städten, Gemeinden und Privaten angemieteten Wohnraum-Pool (mit einer Kapazitätsreserve von etwa 200 Plätzen) hinaus, weitere Möglichkeiten zu schaffen. Hamann lässt deshalb auch wissen, dass die avisierten Umzüge bis zu den Sommerferien vonstatten gehen sollen. Die fürs Übergangswohnheim im Neckartal angestrebte Lösung sei alternativlos, da aus dem vorhandenen Pool des Landkreises nur diese Immobilie die Möglichkeit biete, die besondere Betreuungen benötigende Gruppe zusammenzuhalten.

Wenn Ute Bott über ihre Flüchtlingsarbeit redet, dann ist zu spüren, dass da jemand erzählt, der sich emotional immer wieder hin- und hergerissen fühlt beim Mitwirken bei der Flüchtlingsaufgabe. Da gehe es ihr, wie wohl vielen anderen, betont sie. Das humanitäre motiviere sehr, andererseits belaste der alltägliche Umtrieb mit all den menschlichen Schwingungen, die es besonders beim engen Zusammenleben gibt. Mit Schulterklopfen allein komme man nicht durch den Alltag. In einem stillen Moment fragt sie sich manchmal, ob sie nicht ein zu strenges Regiment in dem Haus am Neckar gegenüber ihren Schutzbefohlenen führt.

Ohne griffige Hausordnung würde vieles noch viel mehr aus dem Ruder laufen, ist sie sich aber auch sicher. Dabei fühlt sie sich von vielen Menschen umgeben, die viele gute Qualitäten hätten. Jetzt gehe es darum, dass diese ihre Talente auch in die Waagschale werfen könnten. Da fehle es noch an vielem. Auch von ehrenamtlicher Seite habe der Elan etwas nachgelassen. "Da könnte man viele weitere gut gebrauchen", sagt sie schmunzelnd und blickt dabei auf einen Abfallcontainer. Nicht nur bei Freizeitgestaltungen, Fahrdiensten oder Behördengängen würde zusätzliche Unterstützung gebraucht. Auch das Thema Mülltrennung ist an den meisten Unterbringungsstandorten ein heißes Eisen. Auch diesbezüglich strebe man Verbesserungen an, sagt Hamann mit einem Seufzer. Die Liste der wünschenswerten Erledigungen ist immer noch ziemlich lang. Sein in drei Jahren für diese Aufgabe von fünf auf 29 Kräfte vergrößertes Team rudere nach Kräften.