Polizeireform: Zerschlagung von Anfang an politisch gewollt

Kreis Rottweil. Niedergeschlagen – so könnte umschrieben werden, wie sich ein Teil der Polizeibasis im Präsidiumsbereich (PP) Tuttlingen nach der politischen Entscheidung in Stuttgart fühlt. Eine Entscheidung, die die Zerschlagung ihres Präsidiums zur Folge haben wird. Jetzt beginne die Unsicherheit wieder von vorne. Viele Kollegen wüssten nicht, wo sie im Zuge der Umsetzung der Reform landeten.

Jürgen Vogler, Bezirksvorsitzender der deutschen Polizeigewerkschaft in Tuttlingen, sagt im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten, es sei bereits seit Längerem klar gewesen, dass Tuttlingen aufgelöst werde. Das Präsidium, das aus fünf ehemaligen Polizeidirektionen (Balingen, Freudenstadt, Rottweil, Villingen-Schwenningen und Tuttlingen) aus drei verschiedenen Regierungsbezirken gebildet worden war, sei nie zusammengewachsen. Schuld daran sei auch die damalige Führungsspitze gewesen. Dieser wirft Vogler Versagen vor.

Er sagt, er gehe davon aus, dass Gerhard Regele, seit Dezember vergangenen Jahres neuer Chef im PP Tuttlingen und Nachfolger von Ulrich Schwarz, von Anfang an die Aufgabe gehabt habe, das Präsidium abzuwickeln.

Ein weiterer Gesprächspartner, der namentlich nicht genannt werden will, mit nach eigenen Angaben guten Einblicken in die Struktur der Landespolizei sagt, er vermute, dass Tuttlingen bereits frühzeitig auf dem Abstellgleis gelandet sei und die politische Diskussion der vergangenen Monate daran hätte nichts mehr ändern können. Auch Vogler sagt: "Das Aus von Tuttlingen war von Anfang an politisch gewollt."

Ob das auch damit zusammenhängt, dass in einem Akt der Verzweiflung ein gutes Dutzend Polizisten sich vor einem Jahr der Presse, dem Schwarzwälder Boten in Rottweil, anvertraute, die Missstände im Präsidium offen legte und die durch Grün-Rot im Jahr 2014 implementierte Strukturreform heftig kritisierte? Könnte das Aus von Tuttlingen also auch als Strafaktion gegen aus Sicht der Polizeiführung aufsässige Mitarbeiter aufgefasst werden? Diese Fragen werden wohl unbeantwortet bleiben.

Nicht bestätigen könne er, Vogler, die Information, Landespolizeipräsident Klotter habe vor Führungskräften den Beschluss der Regierungsfraktionen kritisiert und angedeutet, das nicht akzeptieren zu wollen. Polizeigewerkschaftler Vogler sieht die Lösung, die ab dem Jahr 2020 zum Tragen kommen soll, ebenfalls äußerst kritisch. Konstanz passe nicht zur Region. Es wäre besser gewesen, man hätte hier ein weiteres Präsidium gebildet. Vogler kommt auf eine Idee des früheren Innenministers Frieder Birzele (SPD) aus den 90er- Jahren zurück. Demnach sollten die Kreise Tuttlingen, Rottweil und Schwarzwald-Baar eine Polizeizentrale bilden.

Um so schmerzlicher wird es von Vogler und dem Tuttlinger Oberbürgermeister Michael Beck empfunden, dass die Region Schwarzwald-Baar-Heuberg sich nicht untereinander abgestimmt und es der Politik damit einfach gemacht habe, Tuttlingen auszubooten. Beck sagt, "es wäre schön gewesen, wenn die Region hier mit einer Stimme gesprochen hätte." Er spielt damit auf das Vorpreschen seiner OB-Kollegen in Rottweil, Ralf Broß, und Villingen-Schwenningen, Rupert Kubon, an, die gegenüber der Landesregierung ihre Stadt als neue Polizeizentrale ins Spiel gebracht hatten. Als Ersatz für Tuttlingen.