Wenn der Ringzug an der Haltestelle Rottweil-Saline beim Mahle-Werk hält, nutzen nur wenige Berufspendler die Gelegenheit einer günstigen Transportmöglichkeit. Nach den Fehleinschätzungen zu notwendigen Ringzug-Halten Ende der 1990er-Jahre liegt die Messlatte für den Bau neuer Haltestellen im Kreistag höher. So ist ein Ja für den schon lange aus Richtung Deißlingen geäußerten Wunsch für den Neubau einer zusätzlichen Haltestelle in Lauffen noch nicht in Sicht. Foto: Scheidel-Archiv

Fortschreibung des Nahverkehrsplans ein langatmiges Unterfangen. Augenmerk auf Buslinien.

Kreis Rottweil - Die Gestaltung des Öffentlichen Personenverkehrs im ländlichen Raum ist eine heikle Aufgabe. Mit der Fortschreibung des Nahverkehrsplans soll es dennoch bald weitere Verbesserungen geben.Dezernentin Monika Mayr, beim Landkreis für den öffentlichen Nahverkehr zuständig, und Hartmut Jaißle von der Nahverkehrsberatung Südwest tüfteln seit einiger Zeit an einem verbesserten Konzept.

Alle Beteiligten – von den Gemeinden bis zu den Transportunternehmen – sollen mit ins Boot für einen Plan, der für die nächsten zehn bis 15 Jahre Gültigkeit haben soll. Bereits in diesem Jahr sollen erste Maßnahmen greifen, wie im Juli 2011 in Kreistagsgremien bekundet wurde. Doch Papier ist geduldig. So wird es sich wohl noch einige Wochen hinziehen, bis vor allem zum Busverkehr konkrete Maßnahmen verabschiedet sind. Wegen der laufend abnehmenden Schülerfahrgastzahlen soll das Augenmerk dabei auch auf die Gewinnung anderer potenzieller Benutzergruppen gelenkt werden.

Besonders zu schaffen macht den Verkehrsplanern die kundengerechte Bedienung der nicht schienenbestückten Gebiete, was im Kreisgebiet bei weitem die größte Fläche ausmacht. Die Absicht umzusetzen, attraktive, schnelle Verbindungen als interessante Alternative zum motorisierten Individualverkehr zu bieten bei einer guten Auslastung der Busse, ist schwierig. Durch geburtenschwache Jahrgänge und die mögliche Entwicklung neuer Schulstandorte (Schulreform) gibt es durch den Schülerverkehr ohnehin viele Unwägbarkeiten.

So wird zum Beispiel von Herbert Halder (CDU) die bessere Anbindung von Gewerbegebieten als Idee für die Erschließung neuer Kundenkreise gehandelt. Fast im gleichen Atemzug wird mittlerweile von der Kreisverwaltung schnell der Zeigefinger erhoben mit Blick auf zu erwartungsvolle Denkweisen, was neue Nutzerkreise für den ÖPNV betrifft. Da schallen noch die Diskussionen im Kreistag Ende der 1990er-Jahre im Ohr, als von der damaligen Nahverkehrsbehörde im Landratsamt bezüglich der Ringzugnutzung von bis heute nie erreichten Traum-Fahrgastzahlen die Rede war, aufgrund derer nicht zuletzt im Bereich Rottweil teure Haltestellen gebaut wurden.

Selbst dort, wo das öffentliche Transportmittel quasi direkt am Firmentor hält, wie der Ringzug beim Rottweiler Mahle-Werk, setzen sich die meisten Berufspendler nach wie vor in ihr eigenes Auto oder das eines Kollegen.

So soll mit der Fortschreibung des Nahverkehrsplans in erster Linie die schnelle Busfahrt auf den Hauptachsen zwischen den zentralen Orten (Rottweil, Schramberg, Oberndorf, Sulz, Schiltach und Dunningen) sowie zu zentralen Orten der Nachbarlandkreise protegiert werden. Dabei sollen auch eine Erweiterung der Verbundnetze und die Anerkennung der Bahn-Card durch den Verkehrsverbund Rottweil bewirkt werden.

Bei den Nebenstrecken gilt ein kreisweiter Stundentakt als Ziel für eine wünschenswerte Angebotsdichte. Um die Mittel effektiver einzusetzen, müssten bei untergeordneten Strecken mit sehr geringem Fahrgastaufkommen auch Anrufbusse eingesetzt werden, betont Jaißle. Die gute Anbindung an Gäu- und Kinzigtalbahn gilt als selbstverständlich.

Bahnstrecke Rottweil-Freiburg deutlich aufwerten

Unter der Perspektive Zukunft müsse man auch die Elektrifizierung des noch mit Diesel betriebenen Abschnitts Rottweil-Villingen nach dem Vorbild des auf Vordermann gebrachten Abschnitts Neustadt-Donaueschingen im Blick haben, betonte Landrat Wolf Rüdiger Michel im Verwaltungsausschuss des Landkreises zum wiederholten Mal. Durch eine solche Elektrifizierung könnte die Bahnstrecke Rottweil-Freiburg deutlich aufgewertet werden.

Wenn Michel den vorliegenden Entwurf des Nahverkehrsplans als gut durchdachten Wunschzettel bezeichnet, impliziert dies, dass Mittel für eine umfassende Umsetzung der genannten Ziele bei weitem nicht in Sicht sind. So hört man bei Verwaltung und Kreisräten die Worte des Nahverkehrsplaners Jaißle nur zu gerne, der meint, dass durch intelligente Planungsschritte so manche Verbesserung nahezu kostenneutral zu machen sei. Vor allem bei der Optimierung des Busverkehrs.

Kreisrat Gerhard Winkler (FWV) verweist auf einen derzeitigen Abmangel von 1,5 Millionen Euro für ÖPNV und Schülerverkehr im Kreishaushalt. Das liege deutlich unter der genehmigten Marge von zwei Millionen Euro. Insofern gebe es auch noch einen erklecklichen finanziellen Gestaltungsspielraum.

Für einen wie Bernd Richter (ÖDP) ist man mit den im Entwurf des neuen Nahverkehrsplans skizzierten neuen Zielen dennoch noch weit Weg von einem ÖPNV nach seinem Gusto. Da legt er nicht nur in die Waagschale, dass er heutzutage der einzige sei, der sich mit Hilfe des ÖPNV (in seinem Fall aus Schramberg mit dem Bus) zu den Sitzungen in Rottweil bewege.