Nach Abschluss des fast zweistündigen, sehr aufschlussreichen Vortrags zum Thema "Rente und Altersarmut - ein Faktencheck" bedankten sich der Vorsitzende des Kreisseniorenrats Rottweil, Winfried Halusa (rechts), sein Stellvertreter Egon Kalbacher (links) und die Leiterin der Geschäftsstelle, Regina Steimer, beim Referenten Andreas Schwarz. Foto: Wolf Foto: Schwarzwälder-Bote

Kreisseniorenrat: Experte erläutert die Spielregeln / Künftige Generationen brauchen wohl verstärkt zusätzliche Sozialhilfen

"Rente und Altersarmut": Ein Thema, das bereits heute sehr bewegt, aber wohl erst bei späteren Rentnergenerationen als ganz heißes Eisen ankommt.

Kreis Rottweil. Die Fakten, die Andreas Schwarz, der Vorsitzende der Geschäftsführung der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg, auf Einladung des Kreisseniorenrats Rottweil in seinem fast zweistündigen, außerordentlich aufschlussreichen und mit einer Präsentation unterlegten Vortrag zum brandaktuellen Thema "Rente und Altersarmut" darlegte, stimmten nachdenklich. Dabei wurde deutlich: Die Botschaften, die Schwarz mit seinen Ausführungen vermittelte, richten sich weniger an die Adresse der heutigen Senioren und Rentner als vielmehr an die jüngeren Generationen. Sie sind gehalten, die Schlüsse aus der zu erwartenden Entwicklung der Rentenversicherung zu ziehen, um später einen Absturz in die Altersarmut zu verhindern.

Winfried Halusa, Vorsitzender des Kreisseniorenrats, unterstrich, dass dieses Thema die Bevölkerung in allen Altersstufen immens bewege. Schwarz erinnerte an die Einführung der Rentenversicherung in ihrer heutigen Form (Umlage gestützt und dynamisch) 1957. "Damals lag der Beitragssatz bei 14 Prozent und die Geburtenrate bei 2,5 Kindern pro Frau. Heute beträgt der Beitragssatz 18,7 Prozent, die Geburtenrate ist auf 1,5 abgesunken." Die Lebenserwartung sei in diesem Zeitraum bei Männern um 13 Jahre, bei Frauen um 14 Jahre gestiegen. Von 1980 bis 2015 sei die Rentenbezugsdauer von elf Jahren (Männer) beziehungsweise 13,8 Jahren (Frauen) auf 17,7 Jahre beziehungsweise 21,1 Jahre angewachsen. Der Rentenexperte erläuterte das "magische Dreieck" der Rentenversicherung "Beitragssatz – Leistungshöhe – Bezugsdauer" sowie die entsprechende Formel zur Berechnung der Leistungshöhe. In dieser Berechnungsformel spiele neben der Lohnkomponente der Nachhaltigkeitsfaktor sowie der 2002 mit der "Riester-Rente" eingeführte "Riesterfaktor" hinein. Wie Schwarz bekräftigte, führe der Riesterfaktor dazu, dass die Renten seither hinter der allgemeinen Lohnentwicklung zurückblieben. "Die Renten steigen nicht so stark wie die Löhne." Damit werde das Rentenniveau (Verhältnis der Standardrente nach 45 Jahren Beitragzahlung zur Einkommensentwicklung) weiterhin kontinuierlich absinken, von aktuell 48 Prozent auf 41,7 Prozent im Jahr 2045. Schwarz stellte klar, dass sich dieser Trend aufgrund der demografischen Entwicklung nicht aufhalten oder gar umkehren lasse. Weniger Beitragszahler müssten die Renten für eine stetig steigende Zahl von Rentenbeziehern bei dazu zunehmender Bezugsdauer finanzieren. "Wir werden sicher einmal über die Rente mit 70 reden müssen."

Breiten Raum nahm in Schwarz’ Vortrag der Bereich Grundsicherung ein: Personen, welche die Altersgrenze erreicht haben oder wegen Erwerbsminderung auf Dauer aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sind und ihren Lebensunterhalt nicht selbst bestreiten können, erhalten mit der Grundsicherung eine Unterstützung, mit der das "soziokulturelle Existenzminimum" abgedeckt werden soll. So zeigte der Referent auf, dass die Arbeitnehmer, die unter dem Durchschnittsentgelt der Rentenversicherung, derzeit knapp 45 000 Euro im Jahr bei Vollzeit, verdienen, zukünftig Gefahr laufen, mit ihrer Rente selbst nach 45 Beitragsjahren unter die Grundsicherungsgrenze zu rutschen. Das würde für sie bedeuten, dass sie zur Sozialbehörde gehen müssten, um ihre Rente zumindest auf die Höhe der gerade geltenden Grundsicherung aufstocken zu lassen. Schwarz stellte dar, dass bislang die Grundsicherung eine relativ geringe Rolle spiele, obwohl beispielsweise allein 700 000 Kleinselbstständige keinen Cent in die Rentenversicherung einzahlten. 2015 hätten 536 000 Personen die Grundsicherung im Alter, darunter knapp 415 000 Rentner, erhalten. Das seien gerade 2,3 Prozent der 16,7 Millionen Frauen und Männer, die insgesamt eine Altersrente bezögen. Allerdings erhielten 7,9 Millionen Rentner eine Rente unter 790 Euro, der Grenze zur Grundsicherung. "Das zeigt, dass nur ein geringer Teil der Rentner auf Grundsicherung angewiesen sind, zumeist, weil sie noch zusätzliche Einkommen haben." Anhand einer Statistik wies Schwarz nach, dass eine gute Ausbildung die beste Voraussetzung für ein Einkommen sei, das auch eine auskömmliche Rente garantiere, zumindest wenn die auf eine Einzahlungsdauer in die Rentenversicherung von 45 Jahren ausgelegte Vollzeit-Erwerbsbiografie stimme. Arbeitslosigkeit und Teilzeit könnten hier Lücken und damit eine niedrigere Rente bedingen. Egon Kalbacher, der stellvertretende Vorsitzende des Kreisseniorenrats, betonte, diese intensive Informationsveranstaltung habe bewiesen, dass "wir uns nicht nur um Belange der Senioren kümmern. Hier geht es um die Rente unserer Kinder und Enkelkinder."