Ihnen gebührt beim Richtfest der Dank: Das Team von Eberhardt & Bitschnau und alle anderen beteiligten Firmen haben den Bau reibungslos und in Rekordzeit auf 232 Meter Höhe gebracht. Foto: Nädele

Bauwerk mittlerweile 232 Meter hoch. ThyssenKrupp feiert auf dem Berner Feld mit 200 geladenen Gästen.

Rottweil - Richtfest am Mittwoch beim Thyssen-Krupp-Turm auf dem Berner Feld: Die Gäste schauen beeindruckt 232 Meter in die Höhe – und manch einer denkt sich: Der Spatenstich, war der nicht erst? Tatsächlich ist der Turm in Rekordzeit in die Höhe gewachsen. Und deshalb stehen jene an diesem Tag im Mittelpunkt, die das möglich gemacht haben: die Bauarbeiter.

Als am späten Nachmittag die Richtfest-Besucher auf der Mega-Baustelle eintrudeln, stehen die Arbeiter quasi Spalier und schauen, wer da so alles kommt, um ihr Werk zu sehen. Ja, sie sind schon ganz schön stolz, sagen sie. "Sieben Jahre bin ich bei der Firma, aber sowas ist schon einmalig", meint ein Mitarbeiter vom Team Eberhardt-Bitschnau. Die Gleitschalungs- und Bewehrungsbau-Spezialisten haben in den vergangenen Monaten erstaunliche Arbeit geleistet. Um 4,50 Metern an Spitzentagen wuchs der Aufzugstestturm in die Höhe. Kein Wunder also, dass das Richtfest, zu dem ThyssenKrupp Elevator und das beauftragte Generalunternehmen Züblin eingeladen haben, auch ein bisschen größer geraten ist, als zunächst geplant: Blasmusik, Barbecue, Zelte, internationale Gäste und Fernsehkameras.

Der Investor ist ebenso wie die vielen Baustellenbesucher beeindruckt vom rasanten Bauverlauf: Alexander Keller, Europachef von Thyssen-Krupp Elevator, lässt zum Auftakt Zahlen sprechen: zunächst 32 Meter in die Tiefe, dann 232 Meter in die Höhe, 200 Fachkräfte, 24 Stunden Arbeit, sieben Tage die Woche – und das Richtfest nun schon 225 Tage nach der Grundsteinlegung. "Liebe Fachkräfte, heute geht es um Sie!", betont er. In nur 7200 Arbeitsstunden sei das Projekt soweit vorangebracht worden. Den Gleitschalungsbau in der Art und Weise, wie er nun in Rottweil ausgeführt wurde, bezeichnet Keller als "einzigartig in der Welt". Auf der Baustelle sei wie in einer Großfamilie gelebt und gearbeitet worden. Und der Turm sei jetzt schon ein Magnet. "Die Menschen kommen, staunen, fachsimpeln und diskutieren. Und der Funke der Begeisterung springt über, wenn über den Turm gesprochen wird", freut sich Keller.

Diese Begeisterung teilte auch ein "Mann der ersten Stunde", an den Keller in tiefer Dankbarkeit erinnerte: den verstorbenen Bürgermeister Werner Guhl, der die Belange seiner Stadt nie aus den Augen verloren habe.

 Die Stadt, nicht nur sie wird vom Turm profitieren, sondern die ganze Region, ist sich Oberbürgermeister Ralf Broß sicher. "Der Aufzugstestturm ist Impulsgeber für das Bauen von morgen", so Broß. Dass in Rottweil die Begeisterung für den Turmbau "nicht ganz neu" sei, zeige ein Blick auf die Stadtsilhouette. 800 Jahre Turmbaukunst seien nun in Rottweil vereint. "Es erfordert Mut, damals wie heute, neue Wege zu gehen", erklärt der Oberbürgermeister. Man verdanke es Thyssen-Krupp Elevator, dass der Aufzugstestturm mit der Besucherplattform ("Danke Herr Keller, dass Sie sich auf dieses Experiment eingelassen haben") auch ein touristischer Magnet werden kann. Nun sei es die Aufgabe, diese Chance zu nutzen.

Die Ingenieurskunst, die in Rottweil vollbracht wird, lässt auch einen weit gereisten Mann wie Andreas Schierenbeck, CEO der Thyssen-Krupp Elevator AG, staunen. "Diese Geschwindigkeit, das ist absolut erstaunlich", sagt er. Und die Tatsache, dass das Projekt trotz seiner Dimension voll im Zeit- und Kostenplan liege, sei Beweis dafür, dass man mit dem Generalunternehmen Züblin und den beteiligten Firmen aus der Region auf die richtigen Partner gesetzt habe. "Sie haben sich den Erfolg verdient!"

Eine Technologiespielwiese ist das Projekt für Generalunternehmer Züblin, der in Planung und Realisation alle Register zieht, wie Vorstand Ulrich Weinmann in seiner Ansprache verrät. "Wir haben ein digitales Modell erstellt, Erdbeben, starke Winde und vieles mehr getestet." Nicht nur die Zusammenarbeit mit den beteiligten Firmen, auch aus der Region, laufe bestens ("Die meisten hier schwätzen Schwäbisch"), sondern auch die mit der Stadt. "Sonst gehen oft Jahre ins Land, bis wir mit einem großen Projekt endlich starten können. Hier in Rottweil ist das eine ganz andere Nummer." u  Dass das Schönste erst noch kommt, daran erinnert Star-Architekt Helmut Jahn aus Chicago mit herrlich amerikanischem Slang. Der Turm sei ein sehr spezielles Bauwerk und man sei sich der Verantwortung gegenüber der Stadt mit ihrer reichen Geschichte durchaus bewusst. Umso wichtiger sei eben das Design des Turms. "Sie sehen noch nicht, wie er sein wird, noch sehen sie eine Betonhülle." Die Membran, die den Turm umhüllen wird, sei in dieser Größe noch nie realisiert worden. Durch sie werden laut Jahn Licht, Sonne und Schatten, Tag und Nacht ein sich wechselndes Bild ergeben. "Wenn er fertig ist, wird der Turm wie ein Wunder ausschauen."

Mit dem Richtspruch gibt es aber zunächst noch ganz Handfestes: Die Festgesellschaft zieht zu den Blasmusikklängen der Böffinger Bauernkapelle feierlich von der Wendeplatte direkt zum Turm, Oberpolier Steffen Kuder bekommt von seiner Ehefrau anlässlich des großen Ereignisses nochmal das Halstuch zurechtgerückt, dann nimmt er seine Position auf dem Arbeiteraufzug an der Außenwand des Turms ein. In seinem humorvolle Richtspruch lässt er nochmal die Entstehungsgeschichte des Turms Revue passieren, dann wird mit zwei Kollegen von der Baustelle angestoßen. Wegen der vielen "Hochs" und der Segenswünsche muss zur Freude der Gäste mehrfach nachgeschenkt werden, dann fliegen die Gläser nach unten auf die Betonplatte.

Und ganz zum Schluss spricht auch Kuder den beteiligten Arbeitern ganz persönlich seine Hochachtung aus. "Bei Hitze, Wind und Wetter – das war schon eine echte Schufterei. Was hier am Aufzugstestturm geleistet wurde, ist wirklich aller Ehren wert", zieht er seinen Hut.

So berichtete der SWR über das Richtfest: