Mit einem Kran wird der Grundstein für den Aufzugstestturm in die Baugrube abgesenkt – begleitet von einer aufwendigen Lichtshow. Foto: Nädele

Rottweil steht voll im Rampenlicht: ThyssenKrupp inszeniert spektakuläre Grundsteinlegung. 400 Gäste feiern mit. Mit Kommentar.

Rottweil - So sieht es also aus, wenn ein Weltkonzern auf die Pauke haut: ThyssenKrupp Elevator hat gestern bei der Grundsteinlegung für den Aufzugstestturm auf dem Berner Feld alle Register gezogen. Ein weitere Schritt zur Verwirklichung des Mammut-Projekts ist getan.

Nach mehrstündigem Vorprogramm im noblen Festzelt direkt an der Baustelle war es gegen 19 Uhr soweit: Der Grundstein für den Aufzugstestturm schwebte in die Baugrube, begleitet von pompöser Musik und einer einzigartigen Lichtshow, die sonst tatsächlich bei der Fernsehsendung "Deutschland sucht den Superstar" zum Einsatz kommt. Rottweil ist endgültig ins Rampenlicht gerückt.

Die 400 geladenen Gäste zeigten sich begeistert von der Inszenierung – nicht zuletzt, weil sich trotz Baustellen-Schauplatz niemand die Schuhe schmutzig machen musste. Per Shuttle-Bus und über einen roten – Verzeihung, blauen – Teppich, ging es direkt ins riesige Zelt, an dem die Tische bereits fürs Vier-Gänge-Menü gedeckt waren.

Zur Grundsteinlegung fiel dann wie von Zauberhand der Vorhang auf der verglasten Längsseite des Zeltes – und der Blick auf die Baugrube war frei. Am Kranhaken hing nicht nur der Grundstein, sondern in ihm die schriftlich formulierten Erwartungen und Wünsche vieler Bürger, die der Aufforderung nachgekommen waren, den Grundstein als "Zeitkapsel" zu nutzen.

Auch die Gäste hatten gestern die Gelegenheit, sich daran zu beteiligen. Kunden und Partner von ThyssenKrupp Elevator – vor allem natürlich die Baubeteiligten – sowie Vertreter der Stadt Rottweil und von Neuhausen auf den Fildern, wo das Unternehmen seinen Sitz hat, waren beim Festakt dabei. Besonders stark vertreten war ThyssenKrupp selbst. Die Führungsriege samt Finanzvorstand und viele Mitarbeiter – "das zeigt, welchen Stellenwert das Projekt bei uns hat", so Europachef Alexander Keller. Eine positive Nachricht verriet er übrigens im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten: Aus den ursprünglich geplanten fünf festen Arbeitsplätzen vor Ort seien mittlerweile "mindestens 30" geworden.

Keller erinnerte an die Anfänge: Ein fast 250 Meter hoher Turm? In Deutschland? Und das alles während der Debatte um Stuttgart 21? "Viele haben mich damals für etwas zu optimistisch gehalten", meinte er. Doch um fortschrittliche Aufzüge testen zu können, benötigt man Höhe. Und das am besten in der Nähe des Firmensitzes in Neuhausen auf den Fildern.

"Wir können alles – außer höher als 60 Meter bauen", meinte dazu bedauernd Neuhausens Bürgermeister Ingo Hacker. Die Nähe zum Flughafen habe die Realisierung des Projekts am Hauptwerk unmöglich gemacht, dabei habe man wirklich "alles versucht". Dementsprechend neidisch blicke er nun auf Rottweil, sei aber natürlich auch glücklich darüber, dass durch die hier getätigte Forschung der Produktionsstandort Neuhausen gesichert wird – und damit auch seine Gewerbesteuereinnahmen, wie er schmunzelnd ergänzte.

Laut Alexander Keller habe man im Rottweiler Rathaus von den ersten Gesprächen an die Vision geteilt. Er dankte besonders Oberbürgermeister Ralf Broß und Bürgermeister Werner Guhl, ihren Mitarbeitern, aber auch vielen anderen Organisationen und Vereinen vor Ort, vom GHV bis zur Freiwilligen Feuerwehr. Sein Dank galt außerdem den Architekten Werner Sobek und Helmut Jahn, deren Architektur Menschen in der ganzen Welt begeistere. Und jetzt eben auch in Rottweil.

Dass nicht alle Bürger hellauf begeistert sind, verhehlte Keller nicht. "Sie haben mitdiskutiert, sie haben angeregt, sie haben motiviert, sie haben gebremst, sie haben geschimpft und gejubelt." Letztlich aber hätten die Rottweiler es zu ihrem Projekt gemacht. "Sie wollen den Turm." Ohne den Zuspruch der Bürger wäre das Bauwerk niemals möglich gewesen. Und, davon ist Keller überzeugt: "Der Turm passt zu Rottweil."

Das sieht auch Oberbürgermeister Ralf Broß so. "In Rottweil haben die Menschen zu jeder Zeit Neues gewagt", erklärte er. Mit dem Aufzugstestturm positioniere sich Rottweil als eine dem Neuen aufgeschlossene Stadt, und schließlich stehe eine große Mehrheit der Bürger hinter dem Projekt. "Die Begeisterung der Bürger ist der eigentliche Grundstein", so Broß. Mit dem Turm entstehe nun eine Inspirationsquelle für die ganze Region. "Herr Keller, Sie sind hier am richtigen Ort", bekräftigte IHK-Präsident Dieter Teufel. Die Region Schwarzwald-Baar-Heuberg sei zwischen den Metropolen das wirtschaftliche Herzstück.

Wie die künftigen Entwicklungen im Aufzugstestturm weltweit ausstrahlen werden, verdeutlichte der Vorstandsvorsitzende von ThyssenKrupp Elevator, Andreas Schierenbeck. Mit dem Forschungsprojekt "Multi", das in Rottweil bis zur Marktreife gebracht werden soll, habe man sich im Wettbewerb einen deutlichen Vorsprung erarbeitet. Und die Video-Präsentation des Multi habe weltweit überaus große Resonanz erfahren. "Wenn nur ein Bruchteil dieser Menschen nach Rottweil kommt, um sich den Turm anzusehen, haben Sie ihr Ziel schon erreicht."

Ende 2016 soll es soweit sein. Dann ist die Fertigstellung des Testturms geplant – und mit ihm die der 232 Meter hohen Besucherplattform. Bei der Baustellenbesichtigung für die Presse – hier gab es dann doch schmutzige Schuhe – ging es allerdings erstmal in die Tiefe. Bis auf 20 Meter hat sich der Bagger bereits nach unten gegraben, zwölf mehr müssen es noch werden. Im Januar soll dann mit dem Gleitschalungsbau nach oben begonnen werden.

Mit einem Impulsvortrag der Architekten Jahn und Sobek ging das Event gestern Abend zu Ende. Der Weltkonzern hat in Zusammenarbeit mit der Rottweiler Trendfactory wahrlich aufgetrumpft. Zwei kleine Stromausfälle im Festzelt nahm da keiner der Gäste wirklich übel. A propos: Ob der Turm beleuchtet wird, steht auch noch nicht endgültig fest.

Info: Zahlen zum Bau

30.000 Kubikmeter Aushubmasse fallen an.

10.000 Quadratmeter groß ist das Baugrundstück.

Vier Monate sind für den Gleitschalungsbau bis in 246 Meter Höhe veranschlagt.

bis -5 Grad Celcius Außentemperatur kann in den Wintermonaten gearbeitet werden.

260 Meter hoch ist der Kran, der mit dem Rohbau mitwachsen wird.

15 bis 25 Arbeiter sind ständig vor Ort.

Zwölf Aufzugsschächte entstehen im Innern.

Mit 30 festen Arbeitsplätzen vor Ort rechnet Thyssen Krupp nach Fertigstellung.

Kommentar: So eine Party

Armin Schulz

Klotzen, nicht kleckern – nach diesem Motto fand gestern die Grundsteinlegung des Testturms von ThyssenKrupp Elevator auf dem Berner Feld in Rottweil statt. Was für eine Show: Für ein paar Stunden durfte sich das ansonsten eher beschauliche Rottweil überaus wichtig und als Teil im Konzert der Metropolen dieser Welt fühlen. Kein schlechter Gemütszustand. Daran könnte man sich echt gewöhnen.

Der Bahnhof für die Grundsteinlegung jedenfalls war groß. Hier demonstrierte der Weltkonzern, wozu er in der Lage ist, welchen Glanz er versprühen vermag. Das war gestern. Die Party ist nun vorbei. Erst in zwei Jahren, wenn der Turm vollends fertig ist, steht die nächste Sause auf dem Programm. Und dann dürfte man sicher absehen, was Rottweil von diesem hoch gepriesenen Projekt haben wird – sowohl in optischer als auch wirtschaftlicher Hinsicht.