Am Dienstag wurde die Arbeitsplattform am Test-Turm abmontiert. Foto: (nil)

Für Aktion sind drei große Kräne notwendig. Günter Eberhardt kauft Konstruktion und will sie für Nachwelt erhalten. Mit Kommentar

Rottweil - Am Test-Turm neigen sich die Arbeiten langsam dem Ende entgegen. Am Dienstag wurde die Arbeitsplattform abgebaut. Gegen Ende der Woche sollen die zwei letzten Membranhüllen der Außenfassade angebracht werden. Der Käufer ist kein Unbekannter, er will damit seine Verbundenheit zum Turm ausdrücken.

Über mehrere Wochen hinweg hat sich die Plattform langsam von oben nach unten bewegt. Auf ihr bewegten sich Spezialarbeiter. Sie haben die Membran montiert, die nun den Turm in ein schönes Kleid hüllt. Die Arbeiten an der Membran sind fast abgeschlossen. Nur noch zwei Elemente fehlen. Dafür wird die Plattform nicht mehr benötigt. Sie wird demontiert.

Sie ist ein Meisterstück an Ingenieurskunst, eine Einzel- und Spezialanfertigung für den Testturm. Die Montageplattform war der Schlüssel zum Erfolg für die Membranspezialisten, die Firma Taiyo Europe, nachdem der erste Versuch, auf einer an Seilen hängenden Bühne die Fassade am Testturm zu befestigen, gescheitert war. Doch die neue Lösung hat viel Zeit und noch mehr Geld gekostet. Für die Membranspezialisten, die auch schon das Fußballstadion von Atlético Madrid mit der hochwertigen Membran überzogen haben, war dieses Projekt wirtschaftlich gesehen eher alles andere als ein gutes Geschäft.

Und dennoch. Wehmut schwingt mit, als am Dienstag die Plattform auseinandergebaut wird. Dass sie nicht verschrottet oder in Versteigerungsportalen im Internet feil geboten wird, dafür hat Günter Eberhardt gesorgt. Er hat sie gekauft. Seine Firma war für die Bewehrungsarbeiten am Turm zuständig. Er sagt im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten, er hätte es schade gefunden, wenn die Plattform irgendwohin verschwunden wäre. Er möchte damit nicht nur seine Verbundenheit zum Turm, sondern auch die Wertschätzung gegenüber den Konstrukteuren zum Ausdruck bringen.

"Die Plattform ist eine Meisterleistung", so Eberhardt. "Das darf nicht verloren gehen, sondern muss für die Nachwelt erhalten bleiben." Er hat auch schon Ideen, was er mit der Montagbühne anfangen könnte. Wichtig ist ihm dabei, dass die Konstruktion als Zeuge der Ingenieurskunst für die Öffentlichkeit zugänglich ist. Vielleicht denkt Eberhardt, der in Rottweil eine Hängebrücke bauen will, auch daran, diesen Zeugen des Turmbaus, zumindest in Teilen, im Umfeld der Hängebrücke aufzustellen. Aber das ist Zukunftsmusik.

Am Dienstag geht es zunächst um den Abbau. Schon von Weitem sind die großen Kräne zu sehen. Überall werkeln Arbeiter, es wird gehämmert. "Die Plattform wird nun in drei Teile zerschnitten. Jedes einzelne Teil wird dann vom Turm weg auf den Boden gehievt, verladen und mit Spezialtransportern abtransportiert", erklärt Jurij von Ortenberg von Taiyo Europe. Keine leichte Aufgabe. Jedes einzelne Teil, das an den Kran gehängt wird, wiegt etwa 20 Tonnen.

Das stört die Arbeiter aber wenig. Sie sind schnell. Der Abbau der Plattform dauert etwa einen Tag. Doch damit ist am Turm noch nicht alles beendet. Die Arbeiten an der Außenfassade werden bis zum Ende der Woche andauern. "Es fehlen noch zwei Membranteile, die – sofern das Wetter mitspielt – bis Freitag montiert sein sollen", sagt von Ortenberg.

Wenn dann alles so weit ist, werden die Spuren der Baustelle beseitigt. Um das ganze Gelände aufzuwerten, werden Bäume gepflanzt und Grünflächen hergerichtet und natürlich verschwinden auch die ganzen Baustellenkräne. "Es soll der Eindruck eines fertigen Gebäudes entstehen", so von Ortenberg abschließend.

Doch die Turm-Baustelle schreibt auch ihre persönlichen Geschichten, wie im Fall von Peter Kuschnierz aus Rottweil und Albert Birk aus Dietingen. Die zwei Männer nennen sich selbst Turm-Touristen und sind seit der ersten Stunde mit dabei. Über die ganze Bauphase hat sich bei beiden eine Freundschaft entwickelt, über die sie gerne sprechen. "Wir haben uns per Zufall mal am Turm getroffen und dann haben wir uns immer mal wieder verabredet", erzählen die beiden.

Für Birk ist der Abbau der Arbeitsplattform ein besondere Moment: "Ich komme jetzt von Anfang an hierher, wo man das Loch gegraben hat, die ganze Membran und jetzt will ich noch sehen, wie das Gerüst mit den drei Kränen weg kommt. Das ist jetzt so das letzte am Turm und dann ist alles beendet." Und glaubt man dem Wetterbericht, dann stehen die Chancen nicht schlecht, dass dies Ende der Woche der Fall sein wird.

Kommentar: Ein Bekenntnis

Von Armin Schulz

Mit Verspätung werden die Arbeiten an der Hülle des Testturms zu Ende gebracht. Damit ist dieses Projekt in trockenen Tüchern. Von dem zweiten Projekt, über das in der Stadt debattiert wird, kann man das nicht behaupten. Die Sorge ist nicht nur bei den Stadträten groß, dass aus der geplanten Hängebrücke nichts mehr wird. Zum Teil fassungslos beobachten sie das Krisenmanagement von Oberbürgermeister Ralf Broß.

Anstatt eines klaren Wortes, eines eindeutigen Bekenntnisses zu Brücken-Investor Günter Eberhardt lavierte Broß zunächst tagelang herum. Jetzt will er sich gleich gar nicht mehr äußern. Dabei wäre ein starkes Signal aus dem Rathaus überfällig. Ein solches Signal gibt es von Günter Eberhardt mit dem Kauf der Montageplattform des Testturms. Das ist nicht nur ein beseeltes Bekenntnis zum Turm, sondern auch zur Stadt. Und der OB?