Ganz so banal stellt sich der Arbeitskreis Klimaschutz der Lokalen Agenda das Windrad auf dem Testturm nicht vor. Foto: ThyssenKrupp, Montage: Rörsch

Mit etwas Willen wäre Weltrekord machbar. Visionen eines Ministers. Kein Renditeobjekt.

Rottweil - Eine Windkraftanlage auf dem Testturm von ThyssenKrupp Elevator (TKE)? Die Frage von Landes-Umweltminister Franz Untersteller bei der Besichtigung der Baustelle auf dem Berner Feld (wir berichteten) kam nicht einfach so aus dem hohlen Bauch. Die Idee für eine Kleinwindrad-Anlage in 246 Metern Höhe treibt den Arbeitskreis Klimaschutz der Lokalen Agenda 21 in Rottweil schon einige Monate um. TKE-Europachef Alexander Keller hatte aber auch an den Minister keine andere Antwort, wie zuvor bereits den Agenda-Akteuren: Durch ein Windrad könnte die Schwingung des Bauwerks überhand nehmen, die reelen Testbedingungen für die Aufzüge wären dahin.

Der Minister nahm’s zur Kenntnis und freute sich, dass der Turm mit seiner Besucherplattform aber wenigstens einen guten Blick auf die Windkraftanlagen der Region bieten wird. Nicht ganz so schnell zufrieden wie Franz Untersteller geben sich Walter Klank und Johannes Haug vom Agenda-Arbeitskreis Klimaschutz. "Ich bin Diplom-Ingenieur. Ich glaube das nicht, ich will es wissen", erzählt Haug, dass er bei Keller nachgefragt habe, und darauf ein Gespräch mit Projektleiter Hardy Stimmer vermittelt bekommen habe. Der habe sich auch ausgiebig Zeit genommen. Nur: Die Zweifel Haugs und Klanks an den Argumenten von ThyssenKrupp Elevator gegen ein Windrad hat auch dieses Telefonat nicht wirklich ausgeräumt. So eine Anlage mache nicht einmal vier Promille der Oberfläche des Turms aus, zieht Johannes Haug in Zweifel, dass "das wirklich den Ausschlag geben kann". Klank, Sprecher des Arbeitskreises Klimaschutz, und Haug meinen deshalb, dass die Windkraft-Anlage ja kurzfristig stillgelegt werden könnte, wenn im Innern gerade die Messungen liefen.

"Wenn man den Willen hätte, wäre es machbar", sind sie sich sicher. Bei allem Respekt, den sie den Anstrengungen des Bauherrn und der Architekten zollen, das Thema Nachhaltigkeit und Energie schon beim Bau zu berücksichtigen – den Willen, das Bauvorhaben auch zu einem Leuchtturmprojekt für die Nutzung erneuerbarer Energien zu machen, können Haug und Klank nicht ausmachen. Dabei hatte genau das Oberbürgermeister Ralf Broß dem Arbeitskreis in einem Schreiben vom August 2013 in Aussicht gestellt. Und damit den Nährboden bereitet für die Hoffnungen der Agenda. "Der Brief des Oberbürgermeisters hat uns damals sehr gefreut", blickt Klank zurück. "Deshalb haben wir da so viel Zeit und Engagement investiert", blickt Haug zurück.

Der hat die vergangenen Monate ausgiebig genutzt, Kontakt mit Spezialisten für Kleinwindräder aufgenommen und sich etwa der Unterstützung der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin versichert. Klank und Haug, für deren Arbeitskreis Windenergie seit Jahren eines der Schwerpunktthemen ist, sind sich darüber im Klaren, dass eine Anlage auf dem Testturm nicht als Renditeobjekt taugen würde.

Auch wenn durch die Höhe des Bauwerks mit einem Ertrag wie an der Küste zu rechnen sei. Sie setzen auf die Signalwirkung, die ein solches Windrad hätte, und sie werfen als Argument für ihre Idee einen weiteren Rekordwert zur höchsten Besucherplattform in die Waagschale. "Bei 260 bis 265 Metern dürfte es der Weltrekord bei der Nabenhöhe sein", rechnet Haug vor. Indes, berichtet Klank: Beim städtischen Wirtschaftsförderer habe man mit diesem Argument kein Interesse wecken können.

Auch wenn die beiden Mitglieder des Arbeitskreises Klimaschutz die letzte Hoffnung noch nicht aufgegeben haben – es bleibt die Aussicht, von der Besucherplattform zumindest den Blick über die Windkrafträder der Region schweifen zu lassen. Vielleicht lassen sich von so weit oben ja auch potenzielle Standorte für neue Photovoltaikanlagen ausmachen. Vielleicht ist der Umweltminister ja doch visionärer als gedacht.