Baustellentour in großer Runde: Umweltminister Franz Untersteller (Sechster von rechts) überzeugt sich gemeinsam mit Bürgermeister Werner Guhl (rechts daneben), Thyssen-Krupp-Europachef Alexander Keller (links daneben) sowie Grünen-Mitgliedern aus der Region und Projektbeteiligten vom Baufortschritt des Testturms. Foto: Otto

Landes-Umweltminister Franz Untersteller informiert sich über Großprojekt. Bodenplatte wird derzeit betoniert.

Rottweil - Eins stellt der Minister gleich klar: Es hat einen Grund, warum er noch nie zur Fasnet in Rottweil war. Sagt’s, und zückt ein Handy-Foto: "Der mit dem grünen Lampenschirm auf dem Kopf bin ich." Franz Untersteller ist selber närrisch in seinem Heimatdorf. Jetzt aber hat er Zeit für Rottweil und den Turm.

Meistens ist der Grünen-Minister für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft derzeit in Sachen Windkraft im Land unterwegs. Am selben Tag steht deshalb auch noch ein Besuch in Deißlingen an. Gute Gelegenheit, sich über ein Projekt zu informieren, das noch höher hinaus will: den Aufzugstestturm von Thyssen-Krupp, der derzeit auf dem Berner Feld entsteht.

Und irgendwie überrascht es angesichts der närrischen Leidenschaft des gebürtigen Saarländers dann auch nicht, dass Untersteller beim 246 Meter hohen Rottweiler Mammut-Projekt eine gewisse Gelassenheit an den Tag legt. "Keine Frage – das Ding sieht man", sagt der Minister beim Vorab-Besuch in unserer Redaktion. Doch Einbettung in die Landschaft hin oder her – insgesamt finde er das Projekt "erst mal gut". Zum einen sei es den Entwürfen zufolge optisch ansprechend gemacht – "es könnte hässlicher sein" –, zum anderen liege es auf der Hand, dass man entsprechende Voraussetzungen schaffen muss, wenn man neue Technologien fördern wolle.

Den Standort Rottweil mit den vielen Hochschulen im Umland hält der Umweltminister für schlüssig – auch wenn er im Detail zum Standort Berner Feld freilich nichts sagen könne. Und die im Vorfeld laut gewordenen Bedenken der Bürger? Stadtbild? Naturschutz? "Man muss nichts schönreden, aber man darf es auch nicht dramatisieren", sagt Untersteller. "So was kann man irgendwann ja auch wieder abbauen. Der Turm steht auf jeden Fall nicht so lange, wie die Stadt steht."

Zu Rottweil – zuletzt war er hier noch zu Oppositionszeiten – fällt dem Umweltminister übrigens neben Fasnet und Turm noch etwas ganz anderes ein: "Die wunderschöne alte freie Reichsstadt war vor 20 Jahren Vorbild in Sachen Energiewende", erinnert Untersteller. Von überall her sei man nach Rottweil gepilgert, um sich in der "freien Energiestadt" ein Beispiel zu nehmen. Manch jüngerer Leser mag sich jetzt verwundert die Augen reiben, denn diese Entwicklung ist längst in Vergessenheit geraten.

Dass man nun aber bald wegen des neuen Turms nach Rottweil pilgern wird, vermittelt dann Thyssen-Krupp-Europachef Alexander Keller höchstpersönlich dem Gast aus Stuttgart bei einer Baustellenführung. Nach kurzem Schuhwechsel und ausgestattet mit Sicherheitshelm marschiert der Minister in Begleitung von Bürgermeister Werner Guhl, etlichen Grünen-Mitgliedern aus der Region sowie Vertretern von Thyssen-Krupp, der Baufirma Züblin und des Architekturbüros Sobek in Richtung "Krater". Rund 30 Meter geht es in die Tiefe, inzwischen wird die Bodenplatte des äußeren Rings, ungefähr auf Erdbodenniveau, betoniert. Unten sind bereits die Abgrenzungen der einzelnen Aufzugsschächte zu erkennen. Der Gleitschalungsbau wird vorbereitet.

Und Alexander Keller beweist einmal mehr, wie sehr er für das Projekt brennt – und nicht nur er. "Die Menschen sind begeistert, der Turm wird eine enorme Zugkraft haben", versichert er dem Minister. Das Projekt sei in seiner Dimension und in Kombination mit dem Nutzen für die Öffentlichkeit völlig einzigartig. Und: Man baue nachhaltig und entwickle nachhaltige Produkte.

Felsuntergrund ist härter als erwartet

Franz Untersteller nutzt da seinerseits die Chance: "Ich brauche noch Standorte für Windkraftanlagen. Kann man da nicht was obendrauf setzen?". Der TKE-Europachef hat stichhaltige Argumente dagegen. Bauwerke mit dieser Höhe haben schon eine gewisse Eigenschwingung, erklärt er. Käme dann noch ein Windrad dazu, bestehe die Gefahr, dass die Schwingung überhand nimmt. "Reelle Testbedingungen für unsere Aufzüge sind dann nicht mehr gegeben", so Keller. Immerhin sei der Turm eine Forschungseinrichtung. Minister Untersteller will dann eben die Besucherplattform nutzen: "Dann schauen wir uns die Windkraftanlagen in der Region eben von dort oben an."

Trotz des Interesses für den Turm-Bau: Das Angebot zu einer Fahrt nach unten zur Bodenplatte in 30 Metern Tiefe schlägt der Umweltminister dann doch aus. "Das muss nicht unbedingt sein." Interessantes gibt es von Hardy Stimmer, Projektleiter von Thyssen-Krupp Real Estate, auch oben zu erfahren. So sei der Felsuntergrund sogar härter als erwartet. "Wir haben am Anfang einige Bohrgeräte kaputt gemacht", so Stimmer. 19 neue Sicherheitsbohrungen hätten zudem bestätigt, dass der kompakte Fels "absolut geeignet" ist. Insgesamt sei man mit dem Bau im Zeitplan. Mitte März, so Bauleiter Klaus Strohmeier, soll es mit dem Gleitschalungsbau dann aus der Tiefe heraus in die Höhe gehen – was von den vielen Baustellenbesuchern schließlich sehnlich erwartet wird.

Mit diesen aktuellen Neuigkeiten und mit dem "Rückenwind" des Ministers ist es für Bürgermeister Werner Guhl und Alexander Keller dann ein Leichtes, am Abend auch den Gemeinderat über den Baufortschritt zu informieren. Der Umweltminister weilt zu dieser Zeit schon in Deißlingen. Dort geht es dann um Windkraft – und am Rande vielleicht auch um die Fasnet und grüne Lampenschirme.