Birgit Summerer mit ihrer fünf Monate alten Hündin Hope. Foto: Klossek

Nach Gerichtsverhandlung wegen Tierquälerei meldet sich Hundepsychologin zu Wort. Gewaltfreier Ansatz zur Hundeerziehung.

Rottweil - Nachdem ein Ausbildungswart wegen der mutmaßlichen Nutzung von sogenannten Teletakts vor Gericht stand (wir berichteten), meldet sich nun eine Hundepsychologin zu Wort. Sie klagt: Teletakts seien nur die Spitze des Eisbergs.

Anfang des Jahres stand ein ehemaliger Ausbildungswart eines Rottweiler-Clubs wegen illegaler Trainingsmethoden vor Gericht. Er soll einem Rottweiler mit Hilfe eines sogenannten Teletakts (siehe Infokasten) einen Stromstoß zugefügt haben, um ihm Gehorsam beizubringen. Nachdem der Angeklagte freigesprochen wurde, meldet sich nun eine Hundetrainerin zu Wort. Sie stellt fest, dass die illegalen Teletakts nur die Spitze des Eisberg seien.

Birgit Summerer führt eine Hundetrainerschule in Rottweil. Die gelernte Marketingmanagerin hat sich vor drei Jahren neu orientiert. Nach der praktischen Trainerausbildung und Kursen in Hundepsychologie eröffnete sie eine Hundeschule in Rottweil, die mit einem gewaltfreien Ansatz zur Hundeerziehung wirbt.

Wie wenige Hunde allerdings gewaltfrei erzogen werden, kann Summerer bereits nach knapp zwei Jahren im Geschäft beurteilen. Rund die Hälfte ihrer Kunden kommt mit sogenannten Problemhunden zu ihr. "Bei etwa 50 Prozent dieser Hunde wurden aversive Hilfsmittel genutzt", meint Summerer. Bei den anderen 50 Prozent waren es zumindest aversive Handlungen (siehe Infokasten).

Letzteres liegt beispielsweise schon vor, wenn man dem Hund mit der Hand das Hinterteil herunterdrückt, um ihm das Sitzen beizubringen. Während der ein oder andere Hundehalter dies noch als erträglich einstufen würde, so Summerer, zeige spätestens die Liste der aversiven Hilfsmittel, welche drastischen Möglichkeiten sich in der Hundeerziehung bieten.

Ganz oben auf der Liste stehen beispielsweise die genannten Teletakts. Man stelle sich vor, man müsse als Mensch nach jedem Fehlverhalten an einen elektrischen Weidezaun fassen. Dabei bestimmt allerdings ein anderer, wann das zu geschehen hat. Auch Wasserpistolen oder Sprühbänder haben auf die Tiere eine ähnliche Reaktion. Um das Problem zu verdeutlichen, greift Summerer zu folgendem Experiment: Wer Sprühhalsbänder oder Wasserpistolen als eine gute Erziehungsmethode einstuft, dem sprüht Summerer im Gespräch ohne Vorwarnung Wasser ins Gesicht. "Wenn sie mich dann fragen: Was habe ich falsch gemacht? Dann antworte ich: Ich sprühe noch ein paar Mal, vielleicht finden Sie es ja heraus", erzählt sie von den Reaktionen.

Experimente wie dieses zeigen, wie hoch die Gefahr einer Fehlverknüpfung sein kann. Denn die Situation sei für den Hund oft nicht eindeutig zuzuordnen. "Dann laufen die Hunde Gefahr, die Bestrafung mit etwas anderem wie etwa einem Fahrradfahrer in Verbindung zu bringen", meint die Expertin.

Auch ein Experiment über mehrere Tage führt vor Augen, wie schwer aversive Hilfsmittel dem Tier zusetzen können. Stromstöße oder Wasserspritzer kommen quasi aus dem Nichts und erschrecken den Hund. "Wenn ich einen Freund bitte, mich über Tage hinweg aus dem Nichts heraus zu erschrecken, dann zermürbt mich bald darauf nicht der eigentliche Schreck, sondern das Warten darauf."

Laut Summerer erfüllen diese "Hilfsmittel" daher nicht ihren eigentlichen Zweck, sondern ängstigen das Tier und können damit dessen Verhalten in die gegenteilige Richtung beeinflussen.

Dennoch räumt Summerer ein, dass solche Methoden durchaus funktionieren können. "Sagen wir mal so: Kein Hund braucht es, es kann aber funktionieren." Laut der Hundetrainerin sollte man dennoch nach dem alten Vorsatz "was du nicht willst, was man dir tut, das füge keinem anderen zu" handeln.

Aus diesem Grund empfiehlt die Trainerin den Hundehaltern, sich wieder mehr auf das Bauchgefühl zu verlassen. "Lesen sie ihren Hund" , rät die Expertin. Man solle dem Tier sagen, was man von ihm erwartet, was es tun soll. Und eben nicht, was es nicht tun soll. "Jeder Hund hat seine eigene Persönlichkeit", meint Summerer. Hingebung und Geduld helfen dabei langfristig mehr als illegale Erziehungsmethoden.