Vor dem Marburger Landgericht ist ein Rottweiler im Todschlagprozess angeklagt. Foto: dpa

Prozess: Mutmaßliche Tatwaffe gehört dem angeklagten Rottweiler. Gutachterin: Es war ein kräftiger Stoß.

Marburg/Rottweil - Am vierten Tag im Totschlagprozess am Marburger Landgericht erläuterte eine Gerichtsmedizinerin das Ergebnis der Obduktion des im Oktober 2014 getöteten 20-jährigen Studenten.

Das Ergebnis der Obduktion durch Gerichtsmediziner vom Uni-Klinikum in Gießen einen Tag nach dem Tod eines 20-jährigen Studenten war eindeutig: Der Tod erfolgte aufgrund eines knapp fünf Zentimeter tiefen Stiches in das Herz, der die rechte Herzkammer verletzte. Dies erläuterte Gabriele Lasczkowski vom Institut für Rechtsmedizin aus Gießen am Montag vor der Schwurgerichtskammer des Marburger Landgerichts, wie der Kollege der Oberhessischen Presse berichtet. Der Vorsitzende Richter Carsten Paul hatte aus der Asservatenkammer des Gerichts auch die mutmaßliche Tatwaffe bringen lassen, sodass die Gutachterin und die übrigen Prozessbeteiligten sie noch einmal in Augenschein nahmen. Das Taschenmesser mit einer zehn Zentimeter langen Klinge war aufgrund der Angaben des Angeklagten am Tag nach der Tat in unmittelbarer Nähe des Tatortes gefunden worden. Laut Rechtsmedizinerin kommt es als Tatwaffe in Frage.

Der Angeklagte – ein 27-jähriger Student aus Rottweil – bestätigte am Montag noch einmal, dass ihm das Messer gehöre. Es sei ein Weihnachtsgeschenk gewesen, dass er von einer Firma bekommen habe, bei der er einmal in den Ferien gearbeitet habe. An der Klinge ist auf einer Seite sein Name eingraviert.

Eine Besonderheit in dem Prozess um den tödlichen Vorfall nach einer Streiterei zwischen zwei Gruppen von jungen Männern ist, dass keiner der Augenzeugen im Zuge der Auseinandersetzung ein Messer gesehen hat. Auch der zum Zeitpunkt der Tat wie die übrigen Streit-Beteiligten stark alkoholisierte Angeklagte gab an, dass er sich nicht an einen aktiven Messerstich seinerseits erinnern könne. Beobachtet worden war von einigen Augenzeugen eine Art Faustschlag, mit dem der Angeklagte das Opfer am Brustbereich getroffen habe, woraufhin dieser umgefallen sei.

Die Sachverständige erklärte auf Nachfrage des Richters jedoch, dass ein einfaches Hineinlaufen oder Hineinfallen des Opfers in das Messer nicht für eine tödliche Verletzung ausgereicht hätte. Stattdessen sei der Wunde zufolge ein aktiver und kräftiger Stoß erfolgt. Dies deute nicht darauf hin, dass die tödliche Wunde bei einer Rangelei entstanden sei. Direkt nach solch einem Messerstich ins Herz müsse nicht immer ein sofortiger Tod eintreten. Ein auf diese Weise verletzter Mensch könne sogar noch seinen Kontrahenten angreifen oder flüchten. Das sei auch in diesem Fall nicht auszuschließen, zumal der 20-Jährige laut Blutuntersuchung unter dem Einfluss von Speed stand, das üblicherweise die Aggressivität und das Durchhaltevermögen steigere. Sie könne nicht einmal ausschließen, dass er auch nach einem solchen Messerstich noch eine mehrere Kilogramm schwere Stange habe halten können. Wie und wann genau das Opfer diese Stange eines mobilen Verkehrsschildes im Kampf mit dem Angeklagten benutzt hat, dazu gab es im bisherigen Prozessverlauf widersprüchliche Angaben.

Eine Mitbewohnerin des Getöteten gab am Montag als Zeugin an, dass dieser eigenen Angaben zufolge Speed-Pulver zu der mehrstündigen Geburtstagsfeier mitgenommen habe, an deren Ende es zum Streit gekommen war. Die junge Frau hatte die Feier schon zwei Stunden vor der Auseinandersetzung verlassen. In der Zeit davor sei ihr aber an dem späteren Opfer nichts Besonderes aufgefallen: Der 20-jährige Student sei "gut drauf" gewesen. Und es sei bis gegen 3 Uhr eine Geburtstagsfeier mit einer angenehmen und netten Stimmung gewesen.