Der Scrabble-Buchstabenwert des Wortes "Steuer" ist nicht besonders ertragreich, die Einnahmen für das Stadtsäckel hingegen gehen in die Millionen. Foto: Hase

Gemeinderat: Hebesatz für Gewerbe bleibt ein Streitthema. Freie Wähler scheitern mit Signal-Versuch.

Rottweil - In einer namentlichen Abstimmung gipfelte am Mittwochabend in der Sitzung des Gemeinderats der Streit um die Erhöhung der Gewerbesteuer. 16 der 26 Mitglieder des Gremiums setzten sich dabei für das unbefristete Anheben um zehn Prozentpunkte durch.

Zum 1. Januar steigt als der Hebesatz der Gewerbesteuer auf 370 Punkte. Ebenso werden die Grundsteuern A und B, die Vergnügungssteuer und die Hundesteuer nach oben gesetzt – doch das war schon in der zurückliegenden Sitzung am 22. Juni unstrittig gewesen (wir berichteten).

Neu in der Diskussion gestern Abend: der Antrag der Freien Wähler (FWV), die Erhöhung der Gewerbesteuer zeitlich zu befristen. Fraktionssprecher Martin Hielscher schlug dabei zunächst einen Zeitraum von zwei Jahren vor, also bis Ende 2018. Auf die Hinweise von Fachbereichsleiter Herbert Walter und CDU-Stadtrat Herbert Sauter, die Finanzierungslücke beziehe sich auf die Jahre bis 2019, schwenkte Hielscher auf diesen Vorschlag ein. Damit wäre das Ziel der Klausurtagung erreicht, gleichzeitig jedoch ein Signal an die Steuerzahler gesandt, so die Begründung.

Strukturelle Probleme

Die Zeit bis Ende 2019, argumentierte Hielscher, solle dann genutzt werden, um das strukturelle Defizit des Haushalts anzupacken. Die Aufgaben und Standards der Kommune zu überprüfen, um die Kosten zu senken, sehen auch Hermann Breucha und Jörg Stauss (FWV) als die eigentlich anstehende Aufgabe.

Jedoch: Was schon in der Haushalts-Klausur nicht gelungen ist, blieben die Kritiker der Steuererhöhung gegenüber Oberbürgermeister Ralf Broß auch gestern Abend schuldig: Einen Vorschlag, wie die jährlichen Mehreinnahmen von 433 000 Euro auf anderem Weg finanziert werden können, um für die fraglichen Jahre einen genehmigungsfähigen Haushaltsplan hinzubekommen.

Die Befürworter des Verwaltungsvorschlags sprachen zudem die Gerechtigkeit an. Wenn also die Elternbeiträge für Kindergarten und Kindertagesstätte sowie Grund-, Vergnügungs- und Hundesteuer steigen, sollen auch die Gewerbesteuerzahler ihren Beitrag leisten. Für eine solche Ausgeglichenheit brach gestern etwa Heide Friederichs (FFR) eine Lanze. Und auch Jürgen Mehl (SPD) fände es sonst schwer vermittelbar, wenn die Belastungen nicht auf möglichst viele Schultern verteilt wären.

Ein schiefes Bild

Broß und Walter rückten auch das ihrer Meinung nach schiefe Bild gerade, in der Haushalts-Klausur wäre die strukturelle Seite zu kurz gekommen. 70 Prozent der Einsparungen gehen laut OB auf Strukturverbesserungen zurück, nur 30 Prozent auf das Schieben oder Strecken von geplanten Maßnahmen.

Für Arved Sassnick (SPD), der die Diskussion während einer kurzen Sitzungsunterbrechung als "Kindergarten" bezeichnete, gibt es keinen Zeitpunkt, zu dem Steuererhöhungen willkommen wären. Die jetzt verabschiedeten Schritte seien aber durchaus maßvoll ausgefallen. Ähnlich sieht das Michael Gerlich (FDP), der selbst nach der intensiven Diskussion in der Klausurtagung keine Alternative zum Dreh an der Steuerschraube sieht. Im Vorschlag, die Erhöhung auf drei Jahre zu befristen, erkennt er "Fensterreden" und lediglich "ein Signal nach außen, um die raunenden Leute zu beschwichtigen".

So kam es auf Antrag von Ralf Armleder (SPD) schließlich zur namentlichen Abstimmung. Während dabei die SPD-, Grünen- und FDP-Stadträte geschlossen für die unbefristete Steuererhöhung votierten, blieb das Ergebnis bei CDU- und FFR-Kollegen fast ausgeglichen. Aus den Reihen der Freien Wähler unterstützte nur einer den Vorschlag der Verwaltung.