Wie stark beflügeln Marketing-Maßnahmen zum Testturm die Entwicklung Rottweils? Das Thema greifen am Mittwoch einige Stadträte in ihren Haushaltsreden auf. Foto: Nädele

Stadt schultert 50-Millionen-Programm ohne Schulden. "Bürger und Unternehmen sollen sich hier wohl fühlen".

Rottweil - Ohne Gegenstimmen hat der Gemeinderat am Mittwochabend den Haushaltsplan 2017 mit einem Volumen von mehr als 65 Millionen Euro verabschiedet. Über 50 Millionen Euro werden in den nächsten Jahren investiert – ohne neue Schulden.

Der CDU-Fraktionssprecher Günter Posselt sah darin in seiner Haushaltsrede denn auch einen Eckpfeiler für die Handlungsfähigkeit der Stadt Rottweil. Möglich werde das durch die positive Entwicklung auf der Einnahmenseite durch Gewerbe- und Einkommenssteuer. Und beide Posten "hängen davon ab, dass sich Bürger und Unternehmen bei uns wohl fühlen", bezog er sich auf die Wirtschafts- und Wohnbaupolitik. Dazu gehört für die CDU auch die Bedeutung des Schul- und Bildungsstandorts. Nicht von ungefähr werde die DHG-Sanierung die größte Baumaßnahme der kommenden Jahre.

"Aber nicht nur bei den Investitionen", so Posselt, zeige sich, dass "Wert auf ein gutes gesellschaftliches Zusammenleben aller Generationen" gelegt werde. Das Ziel, für Bürger wie für Gäste "eine attraktive und lebenswerte Stadt" zu sein, komme im Planwerk zum Ausdruck.

Ausgeglichene Haushalte bis 2020 als Ergebnis der Klausur verleiten die FWV-Fraktion nicht, sich auf dem Erreichten auszuruhen. "Weitere Gespräche zur Konsolidierung des Haushalts und zu weiteren strukturellen Reformen sind nötig", sagte Martin Hielscher. Ausführlich ging der Fraktionssprecher auf die drei großen Ausgabenblöcke und die Kostenspirale ein – bei Transferleistungen, Personalkosten sowie Sach- und Dienstleistungen. "Sorgen bereiten uns die Schulen und die Kindergärten mit ihren geradezu explodierenden Kosten", prognostiziert Hielscher hier weiteren Bedarf an konsolidierenden Maßnahmen.

Nicht nur genau hinsehen wollen die Freien Wähler bei den Projekten der Stadt in Zusammenhang mit dem Turm. Hielscher kündigte vielmehr einen Gegenvorschlag an zum Vorhaben der Stadt, eine zweite Tourist-Info auf dem Berner Feld einzurichten.

Beachtlich findet die SPD-Fraktion, was Rottweil mit seinem 65-Millionen-Euro-Haushalt schultert. Die Stadt stehe "solide da", sagte am Mittwoch ihr Sprecher Arved Sassnick, nötige und seit langem gewünschte Projekte seien abgedeckt. Wichtig sind den Sozialdemokraten dabei die Bemühungen in Sachen "familienfreundliche Stadt". Fast neun Millionen Euro flössen dafür – "für eine 25. 000-Einwohner-Stadt ist dies ein ordentlicher Brocken, der sich sehen lassen kann", zog Sassnick den Vergleich zu anderen Kommunen.

Begrüßt werden von der SPD die Anstrengungen, Wohnraum zu schaffen – beim sozialen Wohnungsbau durch die Stadtbau oder auch in neuen Baugebieten wie der Spitalhöhe. Gehe man davon aus, dass die "Wirtschaftsförderungsmaßnahmen im Zuge des Thyssenkrupp-Testturms greifen, dann ist mit einem Zuzug von Familien zu rechnen". Die Wirtschaftsförderung ist der SPD dabei "ein wichtiges Element der städtischen Politik", bei dem sie Augenmaß aber nicht vergessen will. Gleichwohl: Im Bereich Tourismus sei das Potenzial Rottweils noch längst nicht ausgereizt.

Ähnlich sieht dies das Forum für Rottweil (FFR). Dass verhältnismäßig viel Geld im Zusammenhang mit dem Testturm und der geplanten Hängebrücke ausgegeben werde, hält Heide Friederichs für notwendig, wenn die Stadt davon profitieren will. Auch sie drängte aber darauf, die Verhältnismäßigkeit zwischen Touristen und Bürgern zu beachten. Dem gemeinsamen Ringen aller Gemeinderäte in der Klausur schreibt FFR die ordentliche Haushaltslage zu. Da dies "manch bittere Zugeständnisse erforderte", so Heide Friederichs, müsse die Belastung der Bürger im Auge behalten werden. Für Jens Jäger (fraktionslos) ist dies mit der Finanzplanung für die nächsten Jahre auch mit Blick auf die nächsten Generationen gelungen.

Hubert Nowack, Sprecher der Grünen-Fraktion, hegt in diesem Sinn die Hoffnung, dass es 2018 gelingen möge, "ohne weitere Belastungen im sozialen Bereich" den Haushalt zu konsolidieren. Das Erhöhen der Kindergartenbeiträge indes sei in diesem Jahr leider überfällig gewesen.

"Der Bau des Thyssen-Testturms ist uns wie ein Glückstaler in den Schoss gefallen", griff auch FDP-Fraktionssprecher Michael Gerlich dieses Projekt in seiner Rede auf. Die Hängebrücke sei ein zweiter solcher Glücksfall, mit dem nicht leichtfertig umgegangen werden dürfe. "Welche Art von Anbindung des Turmes an die Stadt hätten wir denn aus eigener Tasche finanzieren können", appelliert er, Investoren nicht zu vergraulen.

Wichtigste Erkenntnis für den FDP-Stadtrat: "Wir haben einen ausgeglichenen Ergebnishaushalt, eine Kreditaufnahme und das Räubern von Rücklagen ist nicht erforderlich." Gleichwohl sei dafür einiges geschoben worden, machte Gerlich auf Verpflichtungsermächtigungen in Höhe von zehn Millionen Euro allein im kommenden Jahr aufmerksam.