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Johannes Goritzki und John Thwaites bei den Sommersprossen

Dass das Sommersprossenfestival den "Grenzgänger" Max Reger zu dessen 100. Todestag gleich zweimal ins Programm aufgenommen hat, ist eine Verneigung vor dem großen Komponisten auf der Schwelle zur Avantgarde ins 20. Jahrhundert.

Rottweil (hf). Im zweiten Sommersprossen Konzert stand Regers Sonate a-moll op. 116 für Violoncello und Klavier im Kontrast zu den späten Sonaten op. 102 Nr. 1 und 2 für Violoncello und Klavier von Ludwig van Beethoven. Die beiden 1815 entstandenen Cellosonaten von Ludwig van Beethoven bestachen zu Beginn durch kontrastreichen mit äußerster Dichte geführten Dialog zwischen Violoncello (Johannes Goritzki) und Klavier (John Thwaites).

Das Cello eröffnete das Andante der Sonate C-Dur op. 102 Nr. 1, während das Klavier die Melodie aufgriff, um sich gegenseitig zu steigern in Tempi und fast aggressiver Wucht, um im "Andante vivace" ins fast gehauchte Decrescendo übergehend, starke spielerische Kontraste zu erreichen. Das Wechselspiel zwischen den frei gestalteten, kontrastierenden und sich abwechselnden Tempi beherrschten beide Solisten perfekt.

Noch betonter wurde diese von Beethoven geschaffene Neuerung in der Sonate D-Dur op. 102 Nr. 2. Ihr dualer Charakter zwischen Realität und Transzendenz wurde nach einem abrupt kompromisslosen Spielpart im "Allegro con brio" im "Adagio con molto sentimentale d’affetto" zu einem wunderbaren musikalischen Gebilde.

Absolute Souveränität

Das Thema, ein Choral in d-Moll, wurde vom Cello weich angestimmt, das Klavier trat behutsam in Zwiesprache. Diese wurde im Fugenfinale abrupt weggewischt, beide Solisten bemächtigten sich des Beethovischen Fugenthemas durch absolute Souveränität in schnellen Läufen, rasch wechselnden Tempi, rhythmischen Verschiebungen und kontrapunktischem Spiel.

Die Sonate a-moll op. 116 von Max Reger gilt als ein Meisterwerk – entsprechend entfaltete sie sich zum absoluten Höhepunkt des Abends. In voller Wucht präsentierten beide Solisten im "Allegro con brio" Regers "launige" Dynamik, immer wieder einzeln in Dialog tretend. Johannes Goritzki überzeugte in den klaren Tiefen des Cellos, während John Thwaites den Klavierpart leicht in klar perlender Umspielung präsentierte. Im "Presto", eigentlich ein Scherzo, hielten beide Solisten die Zuhörer in Atem durch extreme Tempiwechsel, durch spielerische Leichtigkeit in Pizzicati, um mit pianississimi und decrescendi im Unhörbaren zu enden. Das "Largo" ist in seinem Wechsel zu E-Dur – ähnlich dem Adagio aus der Beethoven-Sonate Nr. 2 als innere Zwiesprache nicht von dieser Welt. In sehr langsamen Tempo wurde das Thema zu einem fast "hymnischen Gesang".

Noch einmal verstärkten die Solisten im "Allegretto con grazia" die Wucht des Werks im Finale. Aus voller Stärke wurde die Sonate ins leise Zarte, fast ins Nichts geführt – ein wunderbarer Schluss. Das begeisterte Publikum belohnte diese Leistung mit jubelndem Beifall.