Tagesmütter wollen Einrichtung in Zepfenhan wieder beleben / Stadt verfolgt indes andere Interessen

Von Anja Schmidt

Rottweil-Zepfenhan. Seit vier Jahren spielen im Kindergarten Zepfenhan keine Kinder mehr. Doch inzwischen gibt es für die Räume potenzielle Interessenten: Vier Tagesmütter und die Stadt Rottweil.

Der Kindergarten in Zepfenhan ist außergewöhnlich schön. Darin sind sich alle Beteiligten einig. Ortsvorsteher Eugen Mager ebenso wie die Vorsitzende des Tagesmüttervereins Anneliese Bendigkeit und der städtische Fachbereichsleiter Bernd Pfaff.

Die Einrichtung kann Kinderherzen tatsächlich höher schlagen lassen. Auf mehreren Etagen befinden sich große Räume, in den Lagern türmen sich Spielsachen und bunte Bastelartikel, eine große Küche ist vorhanden und der Blick in den Spielgarten lässt einen wehmütig werden. Mit einem Handgriff wäre die Plane über dem Mobiliar entfernt und es könnte losgehen.

Der Kindergarten in Zepfenhan wurde vor 66 Jahren ins Leben gerufen, und war damit einer der ältesten Kindergärten Rottweils. "Die großherzige Spende des Josef Pfeiffer, eines nach Amerika ausgezogenen ehemaligen Zepfenhaner Bürgers, ermöglichte in den schwierigen Nachkriegsjahren den Bau des Kindergartens, der am dritten Adventssonntag 1954 seiner Bestimmung übergeben wurde. Ihm gebührt der Dank der Stadt Rottweil für dieses herausragende soziale Engagement", schrieb der damalige Oberbürgermeister der Stadt Rottweil Michael Arnold zum 40-jährigen Bestehen des Kindergartens.

33 Kinder besuchten zum diesem Zeitpunkt die Einrichtung, und das Gebäude musste im Obergeschoss aufgrund der steigenden Kinderzahlen um einen weiteren Gruppenraum ausgebaut werden. Eigentümer des Gebäudes war Zepfenhan, aber betrieben wurde der Kindergarten von Schönstattschwestern der kirchlichen Gemeinde. 1961 übernahm Zepfenhan selbst die Trägerschaft.

Mit der Eingemeindung 1974 ging die Trägerschaft an die Stadt Rottweil über, die dadurch auch Eigentümerin des Gebäudes wurde. Nach den Hochrechnungen von Ortsvorsteher Eugen Mager besuchten zwischen 1954 und 2011 etwa 500 Kinder die Einrichtung. Genauere Zahlen kann die Stadt derzeit nicht vorlegen. Aber zumindest für das Jahr 1954 ist die Geburtenzahl bekannt. Mit Mager wurden damals 14 Kinder geboren, erinnert er sich und plaudert ein wenig aus dem Kindergartenalltag. "Nachmittags mussten wir manchmal schlafen." Gelang das nicht, wurde ein Tuch über die Augen gelegt. Und holte er sich eine Beule, wurde die Verletzung mit einem fünf Markstück oder Messer "zurückgedrückt". Immer brav sei er nicht gewesen. Einmal sei er "so frech" gewesen, dass er 20 Minuten in den dunklen Keller gesperrt worden sei.

Magers größter Wunsch ist die Wiederbelebung der Einrichtung für Kinder. "Ich und alle Ortschaftsräte möchten, dass Zepfenhan diese Chance bekommt, damit es in seiner Entwicklung nicht stehen bleibt." Und es gibt Interessenten, freut sich Mager. Vier Tagesmütter würden den Kindergarten in Zepfenhan gerne nutzen, und für Kinder zwischen null und 14 Jahren eine Einrichtungen mit flexiblen Öffnungszeiten anbieten.

Die Stadt hingegen denkt darüber nach, im Gebäude eine Flüchtlingsunterkunft einzurichten. Wobei Fachbereichsleiter Bernd Pfaff zurückrudert. Noch sei nichts entschieden. Die Konzeption der Tagesmütter sei ihm nicht bekannt. Der Eigenbetrieb Stadtbau hingegen reagierte bereits auf die Anfrage der Tagesmütter und erhob eine Miete für das Gebäude von 979 Euro pro Monat. Einen Mietspiegel gebe es bei gewerblichen Vermietungen von stätischen Gebäuden nicht, erläuterte der Leiter Peter Hauser. Aber einen einheitlichen Mietpreis von sechs Euro pro Quadratmeter. Bei 163,3 Quadratmeter Wohnfläche seien das genau 979,80 Euro Miete. "Daran halten wir uns aus Gerechtigkeitsgründen", sagt Hauser, auch wenn das Objekt "verdammt weit weg ist, und ich nun der böse Vermieter bin." Jedoch könnten Stadt und Gremien auch eine andere Entscheidung treffen, fügt er hinzu. Er vermute allerdings, dass nur ein geringes Interesse bestehe, den Kindergarten an die Tagesmütter zu vermieten. Rottweil könne viele städtische und kirchliche Betreuungsplätze nicht belegen, begründet Hauser seine Überlegung.

Auch Sabine Flaig vom zuständigen Fachbereich berichtet von einer Unterbelegung. Rottweil biete 223 Krippenplätze, belegt seien aber nur 163. Im Kindergarten stünden 872 Plätze zur Verfügung, ab September würden nur 712 Kinder erwartet.

Für die Vorsitzende des Tagesmüttervereins Anneliese Bendigkeit, die die Interessen der vier Tagesmütter unterstützt, ist der geforderte Mietpreis "ein Unding". "Das ist nicht leistbar", betont sie. Und findet es "jammerschade", das Vorhaben scheitern zu lassen. Innerhalb des Angebots könnte eine Betreuung rund um die Uhr angeboten werden, was insbesondere schichtarbeitenden Eltern entgegenkommen würde. Den Kindergarten in Zepfenhan nannte sie einen Glücksfall, da er aufgrund seiner hervorragenden Einrichtung sofort beziehbar wäre.

In Schramberg-Sulgen bestehe mit der Rappelkiste ein solch privates Projekt, das von der Stadt finanziell unterstützt werde. "Wir fördern die Anlaufphase", bestätigte der zuständige Schramberger Fachbereichsleiter Berthold Kammerer. Die Stadt verfüge über 100 Kinderkrippenplätze unterschiedlichster Art. Eine Konkurrenzsituation könne die Stadt nicht feststellen, im Gegenteil seien die flexiblen Öffnungszeiten, die auch während der Ferienzeit angeboten würden, wünschenswert.

Bernd Pfaff zeigte sich für das Angebot der Tagesmütter offen. Mittlerweile habe er alle Beteiligten an den runden Tisch geladen, um sich die Konzeption vorstellen zu lassen. Die Eltern aus Zepfenhan und Mager fiebern der Entscheidung entgegen. Derzeit besucht ein Zepfenhaner Kind den Kindergarten in Feckenhausen, eine weiteres geht nach Göllsdorf und sechs nach Neukirch. Sechs sollen in diesem Jahr das Licht der Welt erblicken, erzählt Mager, der nun hofft, dass Rottweil seine Mietforderung nach unten korrigiert.