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Bernd Franz vom Nabu siedelt störende Wespennester an geschützte Orte um.

Rottweil/Deißlingen-Lauffen - Wespen und Hornissen können ganz schön lästig sein, vor allem, wenn sie in der Nähe von Wohngebäuden herumschwirren. In solchen Fällen kann Bernd Franz Abhilfe schaffen: Der Vorsitzende des Naturschutzbundes (Nabu) Rottweil und Göllsdorf siedelt die Insekten um.

Reimar Meyer staunt an diesem Abend nicht schlecht. Dass der Mann, der das Nest der Hornissen beseitigen soll, mit einem Staubsauger vor der Tür steht, hätte er nicht gedacht. Meyer ist einer von bisher mehr als einem Dutzend "Kunden", denen Bernd Franz in diesem Sommer bereits helfen konnte.

In diesem Fall befindet sich der "Tatort" in Lauffen. Hinter Meyers Haus steht ein kleiner Schuppen mit einem überkragenden Dach. Darunter hängt eine Ausziehleiter – und die wollte Reimar Meyer kürzlich benutzen. Doch das ging beim besten Willen nicht. "Ich habe befürchtet, dass die über mich herfallen", schildert Meyer seine Bedenken, die Aluleiter herunterzuholen. Denn direkt an ihr hatte ein Volk der Mittleren Wespe, auch "Kleine Hornisse" genannt, ein etwa handballgroßes Nest gebaut – und es herrschte reger "Flugbetrieb".

Nach Rat und Hilfe suchend, gelangte Meyer über die Untere Naturschutzbehörde beim Landratsamt Rottweil an den Nabu und damit zu Bernd Franz. Der hat für solche Fälle eine teils improvisierte, aber durchaus professionelle Ausrüstung parat. Mit das wichtigste Utensil ist ein Imkeranzug nebst entsprechender Kopfbedeckung. Schließlich möchte Bernd Franz bei seiner Tätigkeit möglichst gar nicht oder nur sehr selten gestochen werden.

Eine Leiter, um an das in knapp zweieinhalb Meter Höhe hängende Nest zu kommen, konnte ihm Reimar Meyer stellen. Und dann ging es schon Sprosse um Sprosse nach oben mit der Fangeinrichtung: einem großen Holzkasten, in dem der Schlauch des Staubsaugers steckt, über dessen Verwendung Reimar Meyer zuvor noch gerätselt hatte.

Bernd Franz hält das eine Ende des Schlauchs direkt an die Einflugöffnung des Nests und saugt die Hornissen an – jene, die sich im Nest aufhalten und die anderen, die das Nest gerade anfliegen. Eine um die andere Hornisse gelangt so über den Schlauch in den Kasten, der mit einem Netz ausgestattet ist, damit die angesaugten Insekten nicht wieder hinaus und damit in den Staubsauger befördert werden.

Das geht gut zehn bis 15 Minuten so, dann nimmt die Zahl der umherfliegenden Hornissen merklich ab. Zeit für Bernd Franz, das Nest langsam und vorsichtig zu öffnen. So kann er auch jene Hornissen absaugen, die sich noch im Innern des Nests befinden. Wenig später ist er soweit, dass er das gesamte Nest mit einem Messer abtrennen und herunterholen kann.

Auf den Gartenboden gelegt, zeigt sich die kunstvolle Konstruktion eindrucksvoll. Das Innere des Nests besteht aus vier übereinander liegenden kreisförmig angelegten Waben mit den Larven der Hornissen wie auch der jungen Königinnen. Drumherum, wenn auch durch den Eingriff des Naturschützers beschädigt, eine aus mindestens zehn Lagen aufgebaute Schicht des grauen Papiers, das die Insekten mit abgeschabtem Holz und ihrem Speichel hergestellt haben. Zwischen diesen Schichten befinden sich mit Luft gefüllte Hohlräume – eine ideale thermische Isolierung.

Für Bernd Franz ist damit der erste Teil der Arbeit getan. Nun folgt der Umzug von Hornissenvolk und -nest. Das Volk, so an die 200 bis 300 Tiere, bewegt sich aufgeregt im Holzkasten herum, wie sich durch ein verglastes Sichtfenster gut beobachten lässt. Franz nimmt das Nest vorsichtig in die Hand und steckt es in eine große Pappschachtel, die er verschließt. Dann geht es mit dem Auto zu einem Obstgarten, keine drei Kilometer entfernt, aber doch weitab von menschlichen Behausungen. Dort stellt der Naturschützer den kleinen Kasten mit den Hornissen in einen größeren Kasten, der auch noch das Nest aufnimmt.

Diesen großen Kasten hängt Bernd Franz auf und betätigt über einen Seilzug eine Klappe, durch die die Hornissen ihr Gefängnis verlassen können. Innerhalb von nur einem Tag siedeln sie wieder in ihr altes Nest, das sich auch in diesem großen, nach vorne geöffneten Kasten befindet, um und reparieren es geschickt. Damit ist das Leben dieses Hornissenvolks gerettet. Und selbst die wenigen Hornissen, die Franz nicht mit umsiedeln konnte, weil sie noch unterwegs waren, haben eine Überlebenschance. "Manchmal schließen sie sich anderen Völkern ihrer Hornissenart an", weiß Bernd Franz.

Weitere Informationen: Wer sich in seinem Wohnumfeld durch Wespen oder Hornissen gestört oder beeinträchtigt fühlt, kann sich an die Untere Naturschutzbehörde beim Landratsamt wenden: Telefon 0741/24 40.