Die Entscheidung in der Standortfrage für einen Gefängnisneubau ist noch völlig offen. Foto: Archiv Quelle: Unbekannt

  Rottweil - OB Ralf Broß sagt einerseits, der Meinungsbildungsprozess sei noch nicht abgeschlossen, die Stadträte aber sprechen sich für den Neubau eines Gefängnisses in Rottweil aus: Broß sieht darin keinen Widerspruch

Rottweil - Die Beteuerungen von OB Ralf Broß einerseits, der Meinungsbildungsprozess sei noch nicht abgeschlossen, die Äußerungen von Stadträten andererseits, die sich für den Neubau eines Gefängnisses in Rottweil aussprechen: Broß sieht darin keinen Widerspruch.

"Eine Entscheidung ist noch nicht gefallen", bekräftigt Oberbürgermeister Broß auf Anfrage, dass die Standortfrage für den Neubau einer Justizvollzugsanstalt (JVA) noch völlig offen ist. Ob Rottweil dem Land überhaupt einen Vorschlag machen kann, ob ein Gebiet angeboten wird oder gleich mehrere – "der Prozess ist noch nicht abgeschlossen."

Dass aber mittlerweile nicht nur aus Reihen des Forums für Rottweil (FFR) Stellungnahmen die Runde machen, in denen sich Mitglieder des Gemeinderats klar positionieren, ist da für Broß kein Widerspruch – auch wenn dies bei Gegnern eines Gefängnisneubaus so aufgefasst wird.

Broß sieht keinen Widerspruch

Er verweist auf die Sondersitzung des Gemeinderats, in der "es klare Statements aller Fraktionen" gegeben habe. "Wir wollen eine JVA und wir wollen einen Standort anbieten", fasst Broß sie zusammen. Und: Die Fraktionen hätten auch deutlich gemacht, dass sie die Proteste und Ängste nicht auf die leichte Schulter nehmen.

"Die Stadträte haben in der Gemeinderatssitzung deutlich ihre Bereitschaft bekundet, über die eventuelle Errichtung einer JVA in Rottweil ergebnisoffen, ohne Zeitdruck, mit den zur Zeit betroffenen Anwohnern der neuen Standorte zu sprechen", erinnert etwa Arved Sassnick (SPD) an die Sondersitzung.

"Auch wenn es uns ernst ist mit den Standorten ›Bitzwäldle‹ und ›Mittelberg‹", stellt Broß aber klar, dass damit noch keine Entscheidung für einen der Standorte gefallen sei. Gegner der Idee, die JVA bei Neukirch oder Zepfenhan an die Kreisgrenze zu bauen, finden sich auch außerhalb des Landkreises.

Kommentar: Wer’s glaubt

In Weilen unter den Rinnen, in Schömberg und in Zimmern unter der Burg werden kommende Woche entsprechende Resolutionen diskutiert werden. Zuvor setzen sich die drei Bürgermeister der Schlichemtal-Gemeinden, Karl-Josef Sprenger, Richard Ege und Elmar Koch, am Dienstag mit Broß zusammen.

"Wir wollen über den aktuellen Stand informieren", kündigt der Rottweiler Oberbürgermeister dazu an. Telefonate mit den Bürgermeistern habe es im Vorfeld bereits gegeben. Ob ihn die Resolutionen aus der Nachbarschaft beeindrucken? "Nun, das zeigt auf jeden Fall, dass Widerstand auch jenseits der Kreisgrenze da ist", ist sich Broß sicher, dass das auf dem Weg zu einer Entscheidung im Gemeinderat "sicher nicht außen vor bleibt". Von Patrick Nädele

Kommentar: Wer’s glaubt

"Die Botschaft hör’ ich wohl, allein mir fehlt der Glaube" – man muss sich nicht erst an Goethes Faust erinnern, um die Bedenken der Gefängnisgegner nachvollziehen zu können. Klar, dass sie sich vor vollendete Tatsachen gestellt glauben, wenn sie die Äußerungen der Stadträte für einen JVA-Standort Rottweil hören.

Natürlich wird dabei übersehen, dass sich die Mehrzahl der Stadträte schon seit vielen Monaten und Jahren mit dem Thema beschäftigt. Natürlich ist ein grundsätzliches Ja zum Gefängnisneubau noch keine Aussage über einen Standort.

Und dennoch: Wenn nimmermüde beteuert wird, der Meinungsbildungsprozess sei noch nicht abgeschlossen, muss die Wirkung der Stellungnahmen der Gemeinderäte auf die Öffentlichkeit zumindest als unglücklich bezeichnet werden.

Denn auch das ist Faust: "Das Wunder ist des Glaubens liebstes Kind."

Von Patrick Nädele