Wissenschaft: SPD-Fraktion besucht Standort der Hochschule Furtwangen im Neckartal

Statt wie gewohnt im neuen Rathaus haben sich die Rottweiler SPD-Gemeinderäte zur Fraktionssitzung in der "University" getroffen: im Studienzentrum der Hochschule Furtwangen University (HFU) im Neckartal 141.

Rottweil. Volker Bucher, Rottweiler Urgestein und seit 2011 Professor für Physik und Spezialist für Oberflächentechnologien in der Medizintechnik, hatte die Fraktion laut Mitteilung eingeladen. Er forscht und lehrt über Beschichtungen von Medizinprodukten und betreut als Studiendekan den Masterstudiengang Mikromedizin.

Bucher und seine akademischen Mitarbeiter arbeiten seit März in den Gebäuden der ehemaligen L. P. Bader, später Münzing Chemie. Weil für die damals gefertigten Holzwachse Teststrecken gebraucht wurden, schritten die Räte Arved Sassnick, Ralf-Thomas Armleder und Jürgen Mehl über edle Parkettböden in die neu bezogenen Räume.

Hier hatte das Forschungsteam demnach ideale Bedingungen vorgefunden: Leitungen, Druckluft, Labortische und -schränke waren bereits vorhanden, selbst die Büromöbel standen bereit. Neu dazugekommen sind Geräte, um Beschichtungen und Oberflächen unter definierten Bedingungen abzuscheiden und zu testen: Plasma-Beschichtungsanlagen, Klimawechselschränke (von minus 70 bis plus 180 Grad), Salzsprühnebeltest, Lackierkammern, Autoklaven, Verschleiß- und Kratztester.

Hocherfreut sei Bucher über die aktuelle Erweiterung des Studienzentrums. Eine angrenzende große Halle wird vom Vermieter derzeit isoliert, Dach und Fenster werden in Abstimmung mit dem Landesdenkmalamt saniert, einen Strömungsteststand für Laborpraktika spendete ein Hersteller aus der Region.

In der Halle sind weitere Studien zur digitalen Kommunikation zwischen Mensch, Maschine und Produkt (Industrie 4.0) vorgesehen, zwei Industrieroboter werden Studenten und, bei der geplanten engen Kooperation mit den hiesigen Bildungsstätten, auch Schülern der Rottweiler Gymnasien zur Verfügung stehen.

Im Juni startet im Forschungslabor für 40 Studenten und Doktoranden ein EU-gefördertes Projekt zur neuartigen Beschichtung von Laborgeräten. Den SPD-Räten wurde die Oberflächenbearbeitung mittels Plasma, dem vierten Aggregatszustand, demonstriert. Durch eine besondere Gas-Spültechnik können Schichten in genau definierter Molekülstärke aufgetragen werden. Anwendungsmöglichkeiten ergeben sich in der Medizintechnik, der Zahnmedizin, der Onkologie und Dermatologie.

Aus dem Bereich der Mikromedizin bestaunte die Fraktion ein winziges Netzhaut-Implantat. Patienten, die durch Retinitis pigmentosa erblindet sind, können mithilfe der 1600 Elektroden dieses Chips wieder lesen. Intelligente Mikroimplantate werden auch für Gehörlose und Parkinsonpatienten eingesetzt.

Was die Zukunft des Hochschulstandorts Rottweil angeht, ist Volker Bucher optimistisch. Weitere Hochschullehrer und Studenten der HFU werden ihm ins Neckartal folgen. Für die Verkehrsanbindung und ÖPNV-Erreichbarkeit wünschte er sich von den SPD-Gemeinderäten, über eine Ringzughaltestelle nachzudenken.