Bei zwei Überfällen auf Postagenturen in Freiburg und Immendingen erbeutet der Angeklagte über 8000 Euro. Foto: Gerten

Am Ende gesteht Angeklagter auch zweiten Überfall auf Filiale in Freiburg. Mann verbringt sein Leben hinter Gittern.

Rottweil - Sieben weitere Jahre hinter Gittern: Dazu hat die Erste Große Strafkammer des Landgerichts Rottweil am Donnerstag einen Mann verurteilt, der zwei Postagenturen überfallen hatte.

Sein halbes Leben hat der 50-Jährige bereits hinter Gittern verbracht: Nun kommen sieben weitere dazu, außerdem noch ein Jahr aus einem früheren Vergehen, das er derzeit absitzt.

Die Straftaten ziehen sich wie ein roter Faden durch das Leben des Angeklagten. Der Staatsanwalt in seinem Plädoyer und der Vorsitzende Richter Karlheinz Münzer ließen das schwierige Leben des Mannes am Donnerstag noch einmal Revue passieren. Geboren wurde er in der ehemaligen DDR, den Vater lernte er nie kennen, die Mutter wollte ihn nicht wirklich. Schon als Grundschüler fiel er durch ADHS auf. 1983, als junger Mann, floh er in den Westen, und kam dort doch nie richtig an. Mit seinem Leben sei er "völlig überfordert" gewesen, sagte der Richter.

Im Verfahren attestierte ihm ein Gutachter eine kombinierte Persönlichkeitsstörung. Diese behindere den Angeklagten massiv bei seinem Leben und der Integration in die Gesellschaft, erklärte der Richter. "Er kann mit persönlichen Rückschlägen nicht umgehen".

Schon früh begann die kriminelle Karriere. Von 1991 bis 2013 befand er sich mit Unterbrechungen – unter anderem durch vier Ausbrüche aus dem Gefängnis – im Vollzug. Seit gestern ist klar: Dabei wird es vorerst bleiben. Er wurde für zwei Überfälle auf Postagenturen – im August 2013 in Freiburg (Beute: 6400 Euro) und im Mai 2014 in Immendingen (gut 1700 Euro) – verurteilt.

Mit den sieben Jahren für schweren Raub in zwei Fällen, einmal in Verbindung mit Fahren ohne Fahrerlaubnis, blieb das Gericht unter der Forderung des Staatsanwalts von insgesamt acht Jahren und zehn Monaten. Zunächst hatte dieser auch gefordert, Sicherungsverwahrung anzuordnen. Davon allerdings sah er am Ende selbst ab – schwerer Raub reicht nicht aus als Voraussetzung.

Wie der Vorsitzende Richter erläuterte, hatte bei der Urteilsfindung für den Angeklagten gesprochen, dass dieser beide Taten gestanden hatte – wenn auch im Freiburger Fall sehr spät. Als in der Hauptverhandlung zu viele Beweise gegen ihn sprachen, gab er die Tat doch noch zu. Zuvor hatte er sie vehement bestritten, wohl auch aus Angst vor einer Sicherungsverwahrung, gegenüber einem Angestellten der Freiburger Postagentur, der vor Gericht ausgesagt hatte, gar noch erklärt, dass dieser ihn aus einer anderen Filiale als Kunde kennen würde (Münzer: "mit erheblicher schauspielerischer Leistung"). Dennoch: Auch das späte Geständnis verkürzte die Dauer der Verhandlung und wirkte sich deshalb aus Sicht des Angeklagten positiv auf die Höhe der Strafe aus.

Bei beiden Taten war der Mann ähnlich vorgegangen. Mit einer ungeladenen Softairpistole in der Hand war er in die beiden Postagenturen gegangen und hatte die Angestellten dazu gezwungen, die Kassen zu öffnen, woraufhin er sich bediente. Ein ähnliches Vorgehen wie bei früheren Straftaten.

Der heute 50-Jährige ist einschlägig vorbestraft: Unter anderem hatte er 1995 fünf Banküberfalle begangen. Dabei sah es zwischendurch gut für den Mann aus. Im Jahr 2012 verbüßte er das letzte Jahr einer Haftstraße als Freigänger, 2013 folgte die endgültige Entlassung. "Es schien alles perfekt zu laufen", beschrieb Karlheinz Münzer: Der Angeklagte fand tatsächlich eine feste Arbeitsstelle, galt als zuverlässig, hatte eine Freundin und einen gemeinsamen Florida-Urlaub mit ihr deren beiden Kindern geplant.

"Es passte alles, dann kam ein großer Bruch", sagte der Vorsitzende Richter. Der Firma des Angeklagten ging es finanziell schlecht, er wurde schließlich entlassen. Der Urlaub war daraufhin nicht nur aus finanziellen Gründen in Gefahr, sondern auch, weil er kein Visum für die USA erhielt. Darüber hinaus gestaltete sich die Beziehung zu seiner Freundin schwierig.

Das führte zum Absturz – und zum Rückfall in alte Gewohnheiten. Der Angeklagte beging den Überfall in Freiburg, konsumierte wieder Alkohol und Drogen. "Er glitt dann zum Jahresende vollständig ab." Erst mit der Verhaftung am 28. Mai dieses Jahres, am Tag nach der Tat in Immendingen, war Schluss.

Von einer Suchttherapie für den Angeklagten sah das Gericht dennoch ab: Er hat bereits jahrelange Therapien hinter sich. Laut Gutachter ist er austherapiert. Vielmehr soll der Mann, der zuletzt in Freiburg wohnte, nun eine Sozialtherapie beginnen. Denn die Wurzel des Übel ist nicht die Sucht, sondern seine Persönlichkeitsstörung.