Gericht: 25-Jähriger ordert wiederholt unter falschem Namen / "Habe mich nur vertippt" / Freiheitsstrafe

Von Corinne Otto

Kein Geld – aber viele Wünsche: Weil er eifrig bei Zalando bestellte, obwohl klar war, dass er die Ware wohl nie bezahlen kann, saß ein 25-Jähriger aus einer Kreisgemeinde jetzt auf der Anklagebank. Alle Ausreden halfen nichts. Er kassierte eine Freiheitsstrafe.

Kreis Rottweil. Die Verhandlung vor dem Amtsgericht in Rottweil bot interessante Einblicke: Zum einen in die Gedankengänge eines jungen Mannes, der sich nicht zum ersten Mal durchs Leben mogeln wollte und nun wegen Betrugs in gleich 15 Fällen angeklagt war, zum anderen in die Welt des Onlinehandels: Ein Anwalt des Versandriesen aus Berlin sagte als Zeuge aus und erläuterte die Hintergründe des Bestellprozederes. Das führte dazu, dass die Anklage geändert werden musste, denn: "In den ganzen Bestellprozess ist bei Zalando kein Mensch involviert – es läuft alles vollautomatisch", erläuterte der Anwalt. Aus "Betrug" wurde deshalb "Computerbetrug".

In drei Tagen gleich sechsmal bestellt

Die Sache blieb die selbe: In einem Zeitraum von rund neun Monaten hatte der 25-jährige Angeklagte Waren im Wert von insgesamt 1731 Euro über sein Smartphone bestellt. Allein im Mai 2014 orderte er an drei Tagen sechsmal Schuhe und Kleidung im Wert von rund 500 Euro – bei null Einkommen und 700 Euro Arbeitslosengeld. Einen Beruf hat der Angeklagte nicht erlernt. Im Juni 2014 musste er eine eidesstattliche Versicherung abgeben. "Vortäuschung der Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit" heißt das in der Anklage.

Keine der Rechnungen wurde bezahlt, im Dezember 2014 dafür aber weiter kräftig bestellt – mit neuen Mailadressen und mehrfach verändertem Namen für jeweils ein neues Kundenkonto. "Da habe ich mich nur vertippt", versicherte der 25-Jährige. Das Schmunzeln der Richterin fand er gar nicht witzig: "Was gibt’s denn da zu lachen? Ist Vertippen verboten?" "Nein, aber es ist unglaubwürdig", so die Richterin.

Das galt auch für die Beteuerungen des 25-Jährigen, er habe die Ware bezahlen wollen, aber dann sei immer wieder "was dazwischengekommen". Dann wieder wollte er alles zu Ratenzahlungen zusammenfassen lassen. Nichts davon ist geschehen.

Bei Zalando schlugen die Computerprogramme noch keinen Alarm. "Es gibt Teams, die Auffälligkeiten prüfen – unter anderem wenn Kreditkarten von verschiedene Leuten benutzt werden", so der Anwalt. Namensänderungen seien schwierig herauszufiltern. Inzwischen sei dafür aber ein spezielles Computerprogramm im Einsatz. Grundsätzlich könne ein Kunde nicht weiter auf Rechnung bestellen, wenn nicht bezahlt wird. Das Limit sei aber flexibel. "Dafür haben wir Mathematiker, die das berechnen – das kann um Mitternacht anders sein, als am Morgen."

Versandriese hofft auf abschreckende Wirkung

Auf die Zahlungsunfähigkeit des Angeklagten wurde das Unternehmen erst durch ein Schreiben der Schuldnerberatung hingewiesen. Inzwischen läuft bei dem 25-Jährigen nämlich ein Privatinsolvenzverfahren. "Wir sind sicher, dass hier jemand von vornherein nicht bezahlen wollte", so der Anwalt aus Berlin. Deshalb habe Zalando Strafanzeige gestellt. Zwar sei bei dem Angeklagten nichts zu holen, dennoch hofft der Versandhändler auf abschreckende Wirkung. Und: "Kleinvieh macht auch Mist."

Das Gericht sah den Vorwurf des Computerbetrugs letztlich in allen Fällen als erwiesen an. Bis heute sei nichts bezahlt worden, strafverschärfend wirke sich aus, dass der 25-Jährige einschlägig vorbestraft ist und unter Bewährung steht. "Eine Freiheitsstrafe ist hier unerlässlich", so die Richterin. Der junge Mann wurde zu einer Gesamtstrafe von neun Monaten, ausgesetzt auf drei Jahre zur Bewährung, verurteilt. Zudem muss er 100 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten. In seinem letzten Wort blieb der 25-Jährige dabei: "Ich hab ja niemand umgebracht – ich habe mich halt vertippt."