Schwerstarbeit für die Kunst: Mit Stahlelementen verstärken Andreas Hörnle und Winfried Ehrler vom Betriebshof die "Eichentische" vor der Post. Foto: Otto

Monumentale Eichentische vor der Post müssen saniert werden. Werk ist nicht für den Verfall bestimmt. Mit Pro und Kontra.

Rottweil - Sie sehen schon seit einiger Zeit recht ramponiert aus, die "Eichentische" der Künstlerin Magdalena Jetelová in der Königstraße. Ein Pilz hat das monumentale Werk befallen, es drohte einzustürzen. Jetzt muss saniert werden – und Kulturamtsleiter Marco Schaffert versichert: "Das ist es wert."

Kunst kostet Geld, nicht nur in der Anschaffung, sondern oft auch hinterher. Das führte erst in dieser Woche zu einer großen Diskussion im Kreistag (wir berichteten gestern), als es um die Versetzung eines Kunstwerks vor der Berufsschule in Sulgen ging. Kostenpunkt: rund 50.000 Euro.

Auf Nachfrage im Rottweiler Rathaus erklärt Kulturamtsleiter Schaffert, dass man zur Rettung der "Eichentische" vor dem Postamt mit weniger Geld auskommt. "Wir haben uns für die kleinstmögliche Sanierungsvariante entschieden, die rund 10.000 bis 12.000 Euro kosten wird." Eine umfassendere Lösung hätte rund 30.000 Euro gekostet.

Im Frühjahr war bei dem Kunstwerk, das aus großen Eichenholz-Elementen besteht, Pilzbefall festgestellt worden. Dabei ist die Eiche eigentlich durch ihren hohen Gerbsäureanteil recht resistent gegen Pilze, weiß Schaffert. Dennoch habe der schattige und feuchte Standort auf der Wiese vor dem Postamt wohl seinen Tribut gefordert. Eine Statikprüfung habe dann ergeben, dass die Standfestigkeit nicht mehr gewährleistet werden kann – und das an exponierter Lage, direkt an der Bushaltestelle. "Uns war klar, wir wollen das Werk erhalten", macht Schaffert deutlich. Zu diesem Ergebnis sei er mit Jürgen Knubben von Forum Kunst gekommen.

Die Frage drängt sich auf: Ist Holz in freiem Raum nicht unweigerlich irgendwann für den Verfall bestimmt? Und die Kunst damit auch? Schaffert kontert, dass man eigens Kontakt mit Künstlerin Magdalena Jetelová aufgenommen habe, um diese Frage zu klären. Fazit: Bei der Schaffung des Werks spielte der Aspekt des Verfalls keine Rolle. Es solle erhalten werden. Die Sanierung, wie sie jetzt umgesetzt wird, sei mit ihr abgesprochen, erklärt der Kulturamtsleiter.

Die Bildhauerin und Fotografin Magdalena Jetelová stammt aus Tschechien, lebt und arbeitet aber überwiegend in Deutschland. Sie ist Trägerin zahlreicher Kunstpreise. Gerade mit ihren großen Holzskulpturen von Tischen, Stühlen oder Treppen, die sie aus Eichenstämmen schlug, wurde sie bekannt. 1997 waren ihre "Eichentische" an der Rottweiler "Kunstmeile" errichtet worden. Zuvor standen sie im kanadischen Halifax. Das Werk sei "stadtbildprägend" und gehöre laut Schaffert zu den qualitativ hochwertigsten auf der Kunstmeile.

Momentan sieht es danach freilich nicht aus. Viele Holzteile sind marode oder schon abmontiert, der linke "Tisch" wird von einem Gerüst zusammengehalten. Eine geschwärzte Stahlkonstruktion an der Unterseite sowie teilweise im Innern, soll das Werk stabilisieren. Manche Elemente werden ganz ausgetauscht. Der Betriebshof, der die Arbeiten erledigt, habe dafür schon seit Langem Eichenholz eingelagert, so Schaffert. Außerdem werden die Tische gründlich gereinigt.

Im Haushaltsplan wird sich die Rettungsaktion übrigens nicht zusätzlich niederschlagen: Man habe etwas gespart, sagt Schaffert, und könne die Maßnahme aus dem laufenden Etat "Kunst in der Stadt" bestreiten. Das zumindest dürfte auch Nicht-Kunstfans etwas beruhigen.

Aeite 2: Pro und Kontra zur Kunstwerk-Sanierung

Wenn ein Holzkunstwerk unter freiem Himmel steht, hinterlässt das irgendwann Spuren. Dann muss Geld investiert werden, um das Werk zu erhalten. Oder lieber nicht?

Pro: Ein offenes Museum ist eine besondere Zier

Bodo Schnekenburger

Wenn man der ältesten Stadt Baden Württembergs vorwirft, sie sei ein Museum, ist das nicht etwa Grund für Groll, sondern Anlass zur Freude. Ja, seit die Aktion "Kunst in der Stadt" bedeutende Positionen der Gegenwartskunst im öffentlichen Raum präsentiert, ist Rottweil so etwas wie ein Museum. Eins, das keinen Eintritt kostet, und das zeitgenössische Bildhauerei zwanglos erfahrbar macht. Zu den prominenteren Vertretern in der Open-Air-Dauerausstellung gehört zweifellos die zweiteilige Plastik von Magdalena Jetelová, die seit 1997 vor der Post steht. Bedauerlich, dass sie in keinem guten Zustand ist. Zum Glück ändert sich das jetzt. Denn anders als andere künstlerischen Äußerungen ist diese Arbeit nicht um das Thema Vergänglichkeit herum gebaut. Ihr Wesen ist eben nicht der Prozess der Transformation, der von Menschen irgendwann nachvollzogen wird. Man könnte sie in ein Museumsgebäude stellen. Herrichten müsste man sie dann auch. Zum Glück gibt es in Rottweil kein passendes Museumsgbäude. Hier darf die Kunst offen zugänglich sein – und das soll auch Magdalena Jetelovás Plastik bleiben. Gesichert und so, wie sie aussehen sollte, damit kein falsches Bild entsteht.

Zur Person: Bodo Schnekenburger ist Kulturjournalist

Kontra: OP am offenen Herzen vielversprechender

Armin Schulz

Ein Bekenntnis: Ich mag Kunst, besonders die Rottweiler, die sich nicht nur hierzulande sehen lassen kann. Was ich nicht mag: Geld verschwenden. Etwa für etwas, das sowieso verfallen wird. Die Rettungsaktion an der Holzskulptur vor der Post verlängert das Siechtum, vermeidet indes ihr Sterben nicht. Eine Operation am offenen Herzen ist vielversprechender. Was könnte man mit dem Geld, was die Sanierung kosten wird, circa 12 000 Euro, nicht alles anfangen? Man könnte genügend Brennholz kaufen, um eine Wohnung 20 Jahre lang zu beheizen. Oder drei Skulpturen eines bekannten Rottweiler Künstlers erwerben, der zurzeit in Ulm ausstellt. Dessen Lieblingsmaterial: Stahl. Das hält wenigstens länger. Wäre indes kein stichhaltiges Argument. Ein anderer denkwürdiger Fall: In Schramberg soll eine Skulptur versetzt werden. Diese Kosten – 50 000 Euro – würden den Anschaffungspreis übersteigen. Egal. Ich mag Kunst. Ich mag nicht, wenn man meint, alles für alle Zeiten konservieren zu müssen. Denn das ist Kunst nicht, gibt sie nicht her. Kunst, zumal aus Holz, ist eben auch vergänglich. Die Eichentische vollends verfallen zu lassen, das wäre ein ehrlicher Umgang mit diesen Kunstobjekten.

Zur Person: Armin Schulz ist Leiter der Lokalredaktion Rottweil