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Baugebiete: Stadt kauft notwendige Punkte / "Das haben wir verschlafen"

Von einer "dramatischen Entwicklung" war am Mittwoch im Gemeinderat die Rede: Weil die Stadt bei der Ausweisung von Baugebieten nicht selbst ökologische Ausgleichsmaßnahmen schaffen kann, müssen jetzt für 500 000 Euro teure Ökopunkte gekauft werden.

Rottweil. W er Fläche verbraucht, muss an anderer Stelle einen ökologischen Ausgleich schaffen – oder Ökopunkte einsetzen, die er sich woanders bei der Aufwertung von Landschaftsflächen verdient hat. Die Stadt steckt in der Klemme, denn ihr Ökopunktekonto ist leer, Flächen für Ausgleichsmaßnahmen sind Mangelware – gebaut werden soll trotzdem. Damit das große Baugebiet Spitalhöhe (wir berichteten) nicht ins Stocken gerät, muss die Stadt Ökopunkte kaufen.

Die Stimmung am Ratstisch war dementsprechend: "Das Geld tut richtig weh", meinte Jochen Baumann von den Grünen, Jürgen Mehl von der SPD bilanzierte, man habe "die Sache verschlafen" und Reiner Hils (FFR) erklärte: "Die Kröte schluck ich nicht." Die Kröte schlucken müssen übrigens letztlich die Häuslebauer, denn die Kosten für den erforderlichen ökologischen Ausgleich werden auf die Bauplatzpreise umgelegt, erklärte Sandra Graf vom Stadtplanungsamt. Für die Spitalhöhe bedeutet das, dass sich der Bauplatzpreis um 4,76 Euro pro Quadratmeter Nettobauland erhöht. Weil man mit dem Gebiet ohnehin in Verzug ist, sollen die Punkte noch in diesem Jahr erworben werden – bei den 500 000 Euro handelt es sich um eine Verschiebung aus 2017.

Für Reiner Hils ist klar, dass es in Rottweil – mit viel städtischem Wald – eigentlich genug Potenzial gebe, um einen ökologischen Ausgleich zu schaffen. Auch die CDU ist laut Monika Hugger "nicht glücklich" mit der Situation. Dennoch müsse man bedenken, dass auch Ausgleichsmaßnahmen, die die Stadt selbst auf die Beine stellt, nicht umsonst seien.

Für Martin Hielscher (FWV) führt kein Weg dran vorbei: "Wir müssen die Ökopunkte haben." Schließlich gehe es hier nicht nur um Pflanzen und Tiere, sondern auch um Menschen, die in Rottweil bauen wollen. "Wenn wir nicht zustimmen, verzögert sich die Spitalhöhe um ein weiteres Jahr."

Günter Posselt (CDU) bezeichnete das Ganze als "dramatische Entwicklung", betonte aber, dass Rottweil für Bewohner attraktiv bleiben und Bauplätze schaffen müsse. Ein Problem sieht er in der relativ kleinen Gemarkung Rottweils. "Wir stoßen überall schnell an Grenzen."

Zwar nicht grenz-, aber zumindest ortsübergreifend wurde eine Lösung für das neue Hausener Mini-Baugebiet "Rotensteiner Straße" (Bild oben) gefunden. Für die vier Bauplätze, die dort entstehen, wird als Ausgleich in Zepfenhan ein Stück Ackerfläche zur Wiese mit Hecken und Obstbäumen. "Dass für die Ausweisung dieser vier Bauplätze so ein Papierberg nötig ist, hätte ich nicht gedacht" meinte Ortsvorsteher Herbert Sauter. Er betonte, dass die Bauplätze an der Stelle "logisch und richtig" seien, da die andere Straßenseite bereits bebaut ist.

Günter Posselt lobte dies als nachahmenswertes Beispiel dafür, wie neuer Baugrund geschaffen werden könne, ohne in Infrastruktur investieren zu müssen. Auf die Kritik von Reiner Hils, warum Hausen nicht auf eigener Gemarkung eine Ausgleichsfläche ausweise, entgegnete Posselt: "Wir haben ein Gesamt-Ökokonto für die Stadt."

Die Satzung zur Rotensteiner Straße wurde einstimmig verabschiedet, ebenso wie der Aufstellungsbeschluss zum Flächennutzungsplan für das Besucherzentrum am Testturm. Auch hier kommt auf das Ökopunktekonto der Stadt noch einiges zu. Ein "Masterplan" für die Ausweisung künftiger Ausgleichsmaßnahmen sei bekanntlich in Arbeit, hieß es von Verwaltungsseite.

Für die Grünen kommt dieses Vorgehen zu spät: Sie stimmten ebenso wie FFR und Ralf Armleder gegen den Kauf der Ökopunkte für die Spitalhöhe, die Mehrheit sprach sich dafür aus. Das bedeutet zwar Hoffnung für die Bauwilligen – aber eben auch, dass es für sie teurer wird.