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Komplexes Thema Stadtentwicklung: JVA, Test-Turm, Hängebrücke und Parkierungskonzept binden die Kräfte.

Rottweil - Es gibt die sechs Leitbilder, Gutachten zu Verkehr und Einzelhandel. Und es gibt eine große Zahl von anstehenden Projekten – oftmals eng miteinander verzahnt, oft in Zusammenhang mit dem Testturm. Braucht Rottweil einen Masterplan?

Seit die Idee für die Hängebrücke im Gemeinderat vorgestellt wurde, klingt die Frage von SPD-Stadtrat Jürgen Mehl nach: Quo vadis Rottweil? Und auch Oberbürgermeister Ralf Broß treibt die Frage um, wohin es mit der Stadt gehen soll. Natürlich haben er und die restliche Stadtverwaltung eine Vorstellung davon, wie sich Rottweil in den nächsten Jahren entwickeln könnte. Dabei die Bürger und die Stadträte frühzeitig einzubinden und mitzunehmen, ist eine wichtige Aufgabe.

"Grundsätzlich halte ich einen Masterplan oder ein Leitbild Stadtentwicklung für sinnvoll", sagt Broß. Allerdings macht er auch keinen Hehl daraus, "dass wir im Moment gar keine Zeit haben, uns damit auseinanderzusetzen". Vielleicht gebe es in ein bis drei Jahren mal die notwendige Ruhe dafür – nicht aber jetzt. Prioritäten zu setzen, bekommt deshalb mehr Bedeutung denn je, und es sei wichtig, "das im Gemeinderat zu kommunizieren", wie der Oberbürgermeister sagt.

Einen Schritt dazu haben die Verwaltung und der Gemeinderat jüngst getan. In nicht öffentlicher Sitzung bekam das Gremium die anstehenden Projekte vorgestellt (wir berichteten), um vorbereitet zu sein für die kommenden Weichenstellungen. Ein Aspekt dabei: In den Gemeinderat sind zuletzt einige neue Mitglieder aufgerückt und in den Reihen der Verwaltung gibt es mit Bürgermeister Christian Ruf sowie Herbert Walter als Leiter des Fachbereichs Haupt- und Finanzverwaltung ebenfalls neue Gesichter. Zudem hat die Stadtverwaltung eine neue Struktur bekommen. Verbindungen, Zusammenhänge und Hintergründe aufzuzeigen, hat also große Bedeutung.

Im Moment gibt es außerordentlich viel

JVA, Turm, möglicherweise die Hängebrücke oder auch das Parkierungskonzept binde Kräfte, die für einen Masterplan erforderlich wären. Der Blick von außen täuscht laut Broß nicht: Im Moment gebe es außerordentlich viele Maßnahmen. "Unser Tages-, Wochen- und Monatsablauf ist dadurch diktiert."

Wie komplex das Thema Stadtentwicklung ist, zeigt schon die Zahl der Projekte, die dem Gemeinderat präsentiert wurden. Fast 50 Vorhaben – wenn auch nicht alle unter städtischer Regie und nicht alle unmittelbar anstehend – standen auf der Liste. Von der Omira-Nachfolge auf der Saline bis zum Testturm und der Hängebrücke überspannt die Bandbreite bildlich gesprochen einmal die gesamte Stadt. Zu viel für einen Abend, sodass einige Projekte jetzt am Mittwochabend in der Sitzung des Umwelt-, Bau- und Verkehrsausschusses nachgezogen wurden, wie Broß verrät.

Absehbar wird es also keinen Masterplan geben, an dem sich die Stadträte und die Verwaltung orientieren könnten. Der Fahrplan entsteht durch die Eckpunkte, die auch sonst das Handeln beeinflussen: Manches ist von außen vorgegeben, anderes durch die politischen Entscheidungen des Gemeinderats und dann gilt es noch zu beachten, was die Stadtverwaltung angesichts ihrer personellen Ausstattung stemmen kann.

Wesentlich ist für Broß dabei die Frage der Finanzierbarkeit. Im Sommer, kündigt er an, gehe der Gemeinderat deshalb wieder in Klausur, in der das Investitionsprogramm für die kommenden Jahre auf den Prüfstand kommt – für die Gratwanderung zwischen politisch gewünscht und tatsächlich umsetzbar. "Was muss geschoben, was gesplittet und was auf Eis gelegt werden", lauten für Broß dabei die möglichen Alternativen. Und an diesen Zwängen würde auch ein Masterplan nichts ändern.